Mobilfunk-Ausbau: 5G soll bald Hälfte der Bevölkerung zur Verfügung stehen

Digitalisierung

Ursprünglich war es das Ziel, schnelleres Internet durch die neue Mobilfunktechnik 5G bis 2025 flächendeckend bereitzustellen. Nun könnte das schneller gehen als gedacht.

Berlin

27.07.2020, 21:00 Uhr / Lesedauer: 3 min
Bereits Ende des Jahres könnte die Hälfte der Bevölkerung von schnellerem Mobilfunk profitieren.

Bereits Ende des Jahres könnte die Hälfte der Bevölkerung von schnellerem Mobilfunk profitieren. © picture alliance/dpa

Die neue Mobilfunktechnik 5G kommt schneller als ursprünglich prognostiziert. Vodafone startet gerade den Ausbau in größeren Städten. Die Deutsche Telekom will die Technik bis zum Jahresende für mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung zugänglich machen. Zugleich aber hapert es noch immer mit dem Ausbau auf dem Land. Wir erläutern, was die Pläne der Unternehmen für die Nutzer bedeuten.

Warum kommt 5G schneller als geplant?

Der schwedische Ericsson-Konzern hat kürzlich seine Prognosen nach oben korrigiert. Das Management des Spezialisten für 5G-Sendetechnik betont, dass aufgrund der Corona-Pandemie verstärkt über Datennetze kommuniziert werde. Das erhöhe auch die Nachfrage nach dem schnellen mobilen Internet. Die Schweden gehen davon aus, dass 2025 weltweit bei rund 2,8 Milliarden Mobilfunkverträgen (zuvor 2,6 Milliarden) mit 5G gefunkt wird. Auch schon für dieses Jahr hat das Unternehmen seine Geschäfts-Prognosen nach oben gesetzt – allerdings ohne Details zu nennen.

Wie wirkt sich das auf die Lage in Deutschland aus?

Bislang sind Marktforscher davon ausgegangen, dass es erst 2025 ein flächendeckendes 5G-Netz geben wird. „Das wird schneller kommen“, heißt es nun in Branchenkreisen. Vodafone hat am Montag den Startschuss für den Ausbau in den großen Städten gegeben: In Frankfurt wurde für 150 Antennen die neue Technik freigeschaltet. Nach Unternehmensangaben gibt es damit 5G „an den meisten Orten der Stadt“. Bundesweit sollen Ende des Jahres 8000 Antennen mit hoher Geschwindigkeit funken. Für zehn Millionen Menschen soll dann 5G im Vodafone-Netz zur Verfügung stehen.

Die Deutsche Telekom will noch in diesem Jahr 5G für „mehr als die Hälfte der Bevölkerung“ zugänglich machen. 2025 sollen es 99 Prozent der Einwohner und 90 Prozent der Fläche sein. Telefónica/O2 strebt an, zumindest die fünf größten Städte (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt) noch in diesem Jahr zu erschließen, 2022 sollen es dann 30 Städte mit 16 Millionen Einwohnern sein.

Was treibt die Unternehmen an?

Die Smartphone-Hersteller setzen massiv auf 5G. So gehen Beobachter davon aus, dass Apple im September eine neue iPhone-Generation präsentiert, die mit Sendemodulen für den neuen Standard ausgestattet ist. Von allen anderen namhaften Herstellern wird erwartet, dass sie ebenfalls - zumindest bei den hochpreisigen Geräten - auf 5G setzen. Die Konzerne hoffen, so eine zusätzliche Nachfrage zu erzeugen, nachdem der Absatz in den vergangenen Wochen eingebrochen war. Der richtige Schub soll nach den Vorhersagen mehrerer Marktforschungsfirmen im nächsten Jahr kommen. 5G wird damit zu einem Werkzeug im Kampf um Marktanteile.

Was bringt das für die Nutzer?

Neue Anwendungen, die hohe Übertragungsgeschwindigkeiten erfordern, sollen demnächst kommen. Etwa die sogenannte Augmented Reality (erweiterte Wirklichkeit): Der Nutzer fixiert mit der Kamera des Smartphones beispielsweise eine Kirche und bekommt auf dem Bildschirm zahlreiche Zusatzinformationen eingeblendet. Eine weitere wichtige Applikation sollen Online-Spiele fürs Smartphone sein, die in Echtzeit gespielt werden können. Auch die Vernetzung mit Fahrzeugen soll verstärkt werden. Als wichtige Zukunftstechnik gilt zudem der Einsatz in der Industrie mit vernetzten Produktionsverfahren und in Wissenschaft und Forschung, etwa wenn Experten gleichzeitig an Projekten arbeiten.

Profitieren nur Nutzer, die sich ein neues Smartphone kaufen?

Nein, die Netze werden so konfiguriert, dass auch Nutzer mit älteren Geräten, die mit LTE-Technik (4G) werkeln, etwas davon haben. Denn die erneuerten Basisstationen arbeiten mit „Dynamic Spectrum Sharing“ – sie können also 4G und 5G. Die Kapazitäten können flexibel verteilt werden. Je nachdem, ob sie gerade von nagelneuen Handys oder von älteren Geräten angefunkt werden.

Wird es das schnellere Internet dann bald überall geben?

Nein. Die Funkfrequenzen mit sehr hoher Kapazität, die voriges Jahr versteigert wurden und Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 1000 Megabit pro Sekunde schaffen, werden vor allem an ausgewählten Standorten eingesetzt. Sie sind für Bahnhöfe oder Fußballstadien gedacht, wo sehr viele Nutzer auf kleinem Raum zusammenkommen. In solchen Fällen sind die hohen Bandbreiten bei den Sendeanlagen nötig, denn die Smartphones müssen sich die Kapazität untereinander aufteilen. Zudem haben diese Frequenzen den Nachteil, dass ihre Reichweite sehr gering ist.

Ferner kann nur schwer in Gebäude hinein gefunkt werden kann. Deshalb setzen die Netzbetreiber für die Versorgung von Städten auch auf das, was Vodafone „Midband“ nennt. Mit Sendeanlagen, die mit niedrigeren Frequenzen arbeiten, maximal nur noch 500 Megabit bringen, dafür aber bis zu drei Kilometer um sie herum abdecken und 5G auch gut in Gebäude bringen können.

Und was passiert auf dem Land?

Dort wird das sogenannte „Lowband“ eingesetzt – mit maximal 200 Megabit und acht Kilometern Reichweite. Ein Antennen-Standort kann eine ganze Kommune abdecken. Die Vorteil für die Netzbetreiber: Sie müssen in dünn besiedelten Gebieten nur relativ wenig Infrastruktur errichten, was die Profitabilität der Netze erhöht.

Werden damit Flecken mit schlechter Mobilfunkversorgung verschwinden?

Das ist zumindest das Ziel. Allerdings haben die drei Netzbetreiber (Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica) den Ausbau in der Vergangenheit erheblich verschleppt. So gab es kürzlich heftige Rüffel von der Aufsichtsbehörde (Bundesnetzagentur – BnetzA), weil das Trio Vorgaben für LTE beim Ausbau auf dem Land und entlang der Schienenwege und Autobahnen nicht erfüllt hat. Die BnetzA hat Telefónica sogar mit einer Strafe von 600.000 Euro gedroht, falls Ende Juli nicht zumindest 40 Prozent von noch 7600 fehlenden Funkstationen nachgewiesen werden. Ein Telefónica-Sprecher teilte am Montag aber mit, dass dieses Zwischenziel Ende voriger Woche erreicht worden sei und damit die Grundlage für das Zwangsgeld entfalle.

RND