Mitarbeiterüberwachung - Wie weit dürfen Arbeitgeber gehen?

Sagen Mitarbeiter die Wahrheit? Und sind sie fleißig? Keine Frage: Arbeitgeber wüssten das gern. Doch der Überwachung von Angestellten sind klare Grenzen gesetzt. Das rief jetzt auch das höchste deutsche Arbeitsgericht auf den Plan.

Erfurt (dpa/tmn)

19.02.2015, 16:19 Uhr / Lesedauer: 1 min

Das Bundesarbeitsgericht meint: Nur wenn der konkrete Verdacht einer schweren Pflichtverletzung besteht, dürfen Arbeitgeber einen Detektiv anheuern. Foto: Sebastian Kahnert

Das Bundesarbeitsgericht meint: Nur wenn der konkrete Verdacht einer schweren Pflichtverletzung besteht, dürfen Arbeitgeber einen Detektiv anheuern. Foto: Sebastian Kahnert

Arbeitgebern ist es grundsätzlich untersagt, ihre Mitarbeiter ständig zu überwachen. Denn das verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht, sagt Hans-Georg Meier, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Wollen sie es ausnahmsweise dennoch tun, ist das nur in engen Grenzen möglich. Außerdem brauchen Arbeitgeber dazu in der Regel die Zustimmung des Betriebsrats. Was erlaubt ist, hängt auch davon ab, ob ein Mensch oder eine technische Einrichtung Mitarbeiter überwacht, und wo dies geschieht.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat am Donnerstag (19. Februar) der Überwachung von Mitarbeitern durch Detektive Grenzen gesetzt. Nur bei dem konkreten Verdacht einer schweren Pflichtverletzung dürfen Arbeitgeber sie zur Kontrolle von Mitarbeitern einsetzen. Abgesehen von diesem Fall: Unzulässig sei die Überwachung durch Detektive auch, wenn sie so weit geht, dass sie an Stalking grenzt, erläutert Meier.

Bei einer Überwachung durch technische Einrichtungen wie Kameras am Arbeitsplatz müssen Mitarbeiter unterscheiden: Weitgehend zulässig ist die Überwachung öffentlich zugänglicher Räume aus Sicherheitsgründen. Das können zum Beispiel Geschäftsräume mit Kundenverkehr sein, erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Köln. Der Arbeitgeber muss dann auf die Überwachung deutlich und sichtbar hinweisen. Außerdem darf das Personal nicht permanent bei der Arbeit gefilmt werden.

Eine verdeckte Überwachung von Arbeitnehmern ist dagegen grundsätzlich verboten. Ausnahmsweise kann der Arbeitgeber heimlich filmen, wenn er eine Straftat aufklären will. Dann darf es neben der Videoüberwachung aber kein anderes Mittel zur Aufklärung geben. Ein Beispiel kann etwa sein, wenn immer wieder Geld in der Kasse fehlt und sich das nicht anders aufklären lässt, sagt Oberthür. Der Einsatz muss jedoch zeitlich begrenzt sein, es braucht einen konkreten Verdacht für die Straftat und alle anderen Möglichkeiten zur Überwachung müssen ausgeschöpft sein. Außerdem gilt es, die Intimsphäre der Mitarbeiter zu schützen. Toiletten oder Umkleideräume dürfen nie gefilmt werden. Verstößt der Arbeitgeber gegen diesen Grundsatz, drohen ihm Bußgelder. Außerdem können Mitarbeiter Schmerzensgelder einklagen.

In dem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht erklärte das Gericht die Beschattung einer Arbeitnehmerin aus Münster für rechtswidrig. Die Sekretärin war nach einer Krankschreibung im Auftrag ihres Chefs mehrere Tage lang von einem Detektiv überwacht worden. Dieser hatte die Frau im Februar 2012 sogar mit einer Videokamera gefilmt. Vor dem Auftrag an den Detektiv habe es jedoch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass sie ihre Krankheit vortäusche, hieß es. Dennoch scheiterte die Klägerin mit ihrer vollständigen Forderung nach einem Schmerzensgeld von 10 500 Euro. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte ihr nur 1000 Euro zugesprochen. Die Bundesrichter hielten diese Summe ebenfalls für angemessen - auch wenn der Betrag «am unteren Rand» gewesen sein mochte, wie der Vorsitzende Richter Friedrich Hauck sagte. Der Anwalt der Klägerin hatte in Erfurt argumentiert, dass nur mit einem deutlich höheren Sanktionsgeld Arbeitgeber von solchen Rechtsverstößen abgehalten werden könnten.