Ein Abendspaziergang im Naturschutzgebiet endete für Simone Lerch und ihren Sohn Ben mit einem Schock: Sie stießen im Waldboden auf eine Handgranate und taten dann das einzig Richtige.

von Michael Dörlemann

Bergkamen

, 22.04.2021, 17:48 Uhr / Lesedauer: 2 min

Eigentlich wollte die Oberadenerin Simone Lerch mit ihrem elfjährigen Sohn Ben nur einen entspannten Abendspaziergang durch das Naturschutzgebiet Mühlenbruch machen – einem Waldgebiet am Gut Velmede an der Lünener Straße. Ben hatte seinen Metalldetektor mitgenommen, den er zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Der Elfjährige wollte sich unterwegs auf Schatzsuche machen.

Trotzdem waren Mutter und Sohn überrascht, als der Detektor auf einem kleinen Nebenweg, auf dem sie unterwegs waren, plötzlich anschlug und einen Gegenstand aus Metall im Waldboden anzeigte. Ben nahm zunächst eine Schüppe und grub etwa zehn Zentimeter tief, bis er nicht mehr weiterkam. Mutter und Sohn gruben mit den Händen weiter und erstarrten, als der Gegenstand zum Vorschein kam. „Es waren deutlich die Umrisse einer Handgranate zu sehen“, berichtet Simone Lerch.

Zum Glück war er mit seiner Mutter unterwegs, die gleich richtig reagierte und die Polizei rief.

Zum Glück war er mit seiner Mutter unterwegs, die gleich richtig reagierte und die Polizei rief. © Stefan Milk

Sie handelte sofort. Sie zog ihren Sohn von der Fundstelle weg und rief die Polizei. Sie sei über den Notruf 110 zunächst bei der Polizei Dortmund gelandet, sagt sie. Die Beamten sagten aber sofort zu, ihre Kollegen von der Kreispolizeibehörde Unna zu verständigen. Dort ging der Notruf um 18.20 Uhr ein, bestätigte Polizeisprecherin Vera Howanietz.

Simone Lerch wartet auf die Polizei und weist sie ein

Die Oberadenerin wartete an der Lünener Straße auf die Polizei, um sie einzuweisen und ihr die Fundstelle zu zeigen. Die Beamten nahmen die Stelle in Augenschein und verständigten dann sofort das Bergkamener Ordnungsamt, das für die Gefahrenabwehr zuständig ist und die Bereitschaft des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KBD) bei der Bezirksregierung.

Die Umrisse der Handgranate im Waldboden sind deutlich zu erkennen. Als Mutter und Sohn das sahen, alarmierten sie sofort die Polizei.

Die Umrisse der Handgranate im Waldboden sind deutlich zu erkennen. Als Mutter und Sohn das sahen, alarmierten sie sofort die Polizei. © Lerch

Für ihr Verhalten, bekam Simone Lerch von Heiko Brüggenthies, dem Sachgebietsleiter für Ordnungsangelegenheiten ein dickes Lob. „Sie hat wirklich alles richtig gemacht“, sagte er. Brüggenthies rät dazu, Kampfmittel niemals anzufassen oder zu versuchen, sie selbst zu bergen. „Man weiß nie, in welchem Zustand sie sind und ob sie nicht schon bei einer Berührung explodieren können“, sagte er. Es sei immer richtig, sofort die Polizei zu rufen. „Die leitet dann alles Erforderliche in die Wege.“

Der weitere Einsatz verlief unspektakulär. Der Experte vom KBD sicherte die Handgranate, entschärfte sie und nahm sie mit. Wie sich herausstellte, handelt es sich um eine US-amerikanische Granate aus dem Zweiten Weltkrieg.

Rätsel, wie die Handgranate an diese Stelle gekommen ist

Auch Brüggenthies kann nur vermuten, wie sie in den Mühlenbruch gekommen ist. Größere Kampfhandlungen zwischen deutschen und alliierten Truppen hat es auf dem heutigen Bergkamener Stadtgebiet nicht gegeben. Möglicherweise habe sie ein amerikanischer Soldat beim Vormarsch der Alliierten am Ende des Zweiten Weltkriegs im Mühlenbruch verloren. Sie sei möglicherweise auf den matschigen Waldboden gefallen, eingesunken und nicht mehr wiedergefunden worden.

Der Detektor zeigte einen Gegenstand aus Metall im Waldboden an.

Der Detektor zeigte einen Gegenstand aus Metall im Waldboden an. © Stefan Milk

In Bergkamen werden zwar auch fast 76 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs immer noch Blindgänger gefunden – nicht explodierte Fliegerbomben von den Luftangriffen 1944/45 auf die Chemischen Werke in Bergkamen. Kampfmittelfunde wie jetzt die Handgranate, sind dagegen äußerst selten.

Wenige ähnliche Funde in Bergkamen

Brüggenthies erinnert sich, dass der Landwirt Friedrich Ostendorff vor einigen Jahren beim Pflügen auf einem Feld in Weddinghofen eine Panzergranate gefunden hat, die entschärft werden musste. Sie sei möglicherweise bei den Kämpfen am Ende des Zweiten Weltkriegs aus Richtung Unna auf die alliierten Truppen in Bergkamen geschossen worden.

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Vor einigen Jahren wurde außerdem an der Kreuzung Lünener Straße/Buckenstraße, ganz in der Nähe des Mühlenbruchs, eine Plastiktüte mit vier Handgranaten gefunden. Die waren jedoch modern und nicht aus dem Zweiten Weltkrieg.

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Brüggenthies hat aber vom KBD erfahren, dass es in der Region in den vergangenen Wochen häufiger als sonst zu Kampfmittelfunden gekommen ist. Eine mögliche Ursache: Eine Discounter-Kette hat vor einiger Zeit Metalldetektoren verkauft. Offenbar haben sich damit einige Menschen auf Schatzsuche gemacht und sind dabei auf Hinterlassenschaften aus dem Krieg gestoßen.