Bluttat auf Großhochzeit: 22-Jähriger sticht Partygast nieder
Landgericht Essen
Ein junger Mann aus Gladbeck sticht auf einer Großhochzeit einen Partygast nieder. Vor Gericht sagt er: „Ich war völlig außer mir“. Andere Gäste schreiten in letzter Sekunde ein.
Was für ein Albtraum – auch für das Brautpaar: Ende letzten Jahres hat ein 22-Jähriger aus Gladbeck auf einer Hochzeit mit 300 Gästen einen anderen Mann niedergestochen. Der Auslöser war eine Lappalie. Seit Montag beschäftigt die Bluttat das Essener Landgericht. Der Vorwurf: versuchter Totschlag.
Gar nicht zur Feier eingeladen
Es war der 27. Dezember 2021, als der Angeklagte mit einem protzigen Audi R8 (Neupreis 150.000 Euro) am „Muazzam Palast“ in Bottrop vorfuhr. Er war zwar gar nicht eingeladen, wurde als Begleiter seines Bruders aber trotzdem eingelassen. Wer die Braut war, war ihm völlig unbekannt.
Gegen 22.30 Uhr wurde schließlich auch die Tanzfläche voll. Der Bräutigam war in der Mitte, jeder Gast tanzte ein paar Schritte mit ihm zusammen. So sah es der Brauch laut Anklage vor.
„Es braute sich was zusammen“
Das spätere Opfer soll sich jedoch geweigert haben. Das gab Streit. Vor allem mit dem Bruder des Angeklagten, der dafür offenbar kein Verständnis hatte. Auch der Angeklagte selbst mischte sich ein, wurde aber angeblich schroff zurückgewiesen.
„Es braute sich etwas zusammen“, heißt es in der Erklärung, die sein Verteidiger Rüdiger Deckers zum Prozessauftakt verlesen hat.
Und genau so war es auch. Es dauerte angeblich nicht lange, bis es zu ersten Schubsereien und Schlägen kam. Auch der 22-Jährige schlug nun zu. Doch dabei blieb es nicht.
„Wollte ihn nicht töten“
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er zu einem Messer griff und sechs Mal auf das spätere Opfer eingestochen hat. Die Lunge wurde getroffen, es bestand akute Lebensgefahr.
Laut Anklage musste der 22-Jährige regelrecht weggezerrt werden, um noch Schlimmeres zu vermeiden.
„Ich war völlig außer mir – auch darüber, was ich angerichtet habe“, heißt es in der von Deckers verlesenen Erklärung. Und immer wieder: „Ich wollte ihn nicht töten und nicht schwer verletzten.“
Er sei während der Rangelei umklammert worden und habe sich nur befreien wollen. Deshalb habe er zum Messer gegriffen und zugestochen. „Die Situation hat mich überfordert. Ich bereue sehr, dass ich mich überhaupt eingemischt habe.“
Schmerzensgeld abgelehnt
Eine Summe von 5000 Euro will der Angeklagte dem Opfer bereits angeboten haben, was allerdings erst einmal abgelehnt wurde. Wut, Schmerz und Unverständnis sind offenbar noch zu groß. „Er leidet sehr unter den Folgen der Tat“, sagte der Anwalt des Opfers am Rande des Prozesses. „Er kann überhaupt nicht verstehen, warum es dazu gekommen ist.“
Zumindest von Seiten des Angeklagten stehen die Zeichen allerdings auf Versöhnung: „Ich wünsche ihm von Herzen, dass er die durch mich erlittenen Verletzungen überwinden kann.“
Mit einem Urteil ist voraussichtlich in der zweiten Junihälfte zu rechnen.