Mit dem Wind in die Freiheit gleiten
Surfen auf dem Kemnader See
Hawaii, Kalifornien, Australien – typische Treffpunkte für Windsurfer. Doch auch in Deutschland kann man ausgezeichnet Windsurfen – für Anfänger haben die Seen in der Region viele Vorzüge. Ein Besuch in der Surfschule am Kemnader See.

Für Anfänger ist es nicht nur wichtig, zu wissen, wie man steuert, sondern zum Ausgangspunkt zurückkehren zu können.
Vor sieben Jahren ist der 21-jährige Student zum ersten Mal aufs Brett gestiegen. „Man lernt nie aus, es gibt immer etwas Neues.“ Er denkt an Tricks, zum Beispiel einen, den die Surfer Helikopter nennen: „Man dreht sich, so ähnlich wie bei einer Pirouette.“ In einer Welle fahren, darüber springen – von solchen Kunststücken sind seine Schüler noch ein ganzes Stück entfernt: Anfänger lernen in der Surfschule Westufer des Kemnader Sees zwischen Bochum und Witten in einem Wochenendkurs die Grundlagen. Wie, das Segel aus dem Wasser aufzurichten und zu steuern.
Badehose und ein paar alte Turnschuhe, mehr braucht man am Anfang nicht. Dazu ein Neoprenanzug, den die Schule ausleiht – der schützt und hält warm – aber, sagt Taler: „Reinfallen gehört natürlich trotzdem dazu.“ Und vielleicht ein bisschen Geduld. „Die ersten Momente sind noch ein bisschen wackelig, aber das Gefühl stellt sich schnell ein.“ Am Kemnader See kann man von April bis Oktober surfen.
Am Ende des Kurses kann man den Windsurfing-Grundschein ablegen, der auf einigen Gewässern vorgeschrieben ist. Zur Prüfung gehören ein theoretischer und ein praktischer Teil: Die Schüler zeigen, dass sie sicher im Übungsgebiet surfen und zurück an den Ausgangspunkt gelangen können. Außerdem müssen sie Fragen zu gesetzlichen Vorschriften, Umwelt, Sicherheit und Materialkunde beantworten. Der Ruhrstausee ist beliebt bei Surfern. Das ruhige Wasser hat für Anfänger viele Vorteile: „Man treibt nicht ab und hat schnell Erfolgserlebnisse.“ Den Wind zu spüren, ihn zu nutzen, um sich fortzubewegen: „Das ist einfach so ein Lebensgefühl“, sagt Taler.
Die jüngsten Schüler der Surfschule sind neun Jahre alt. Sobald sie stark genug sind, das Segel gegen den Wind aus dem Wasser zu ziehen, können sie Unterricht nehmen. Die ältesten Schüler sind Senioren. Taler erinnert sich an ein älteres Ehepaar: „Sie hatten vor ungefähr 30 Jahren mit dem Surfen angefangen und wollten es noch mal gerne lernen.“
Für manche ist das Surfen auch eine Möglichkeit, wieder Sport zu treiben. Andere genießen, in der Natur zu sein. Eine gewisse Fitness sollte man mitbringen, sagt Taler. „Man muss nicht viel Sport treiben, aber über ein wenig Kondition verfügen.“ Windsurfen hat sich aus dem Wellenreiten entwickelt, das wahrscheinlich in Polynesien entstanden ist. Von dort hat es sich in der Südsee bis nach Hawaii verbreitet. Auch Mark Twain schrieb schon über die Surfer in seinen Reiseberichten. In den 50er- und 60er-Jahren erlebte das Surfen in den USA einen Boom, in den 80ern wurde es weltweit zur Trendsportart.
Der größte Reiz am Surfen? Vielleicht die Geschwindigkeit, diese Antwort hört man jedenfalls oft. Durchschnittlich 30 bis 50 Stundenkilometer werden die Windsurfer schnell. Beim Speedsurfing noch deutlich mehr: Der französische Windsurfer Antoine Albeau erreichte 2012 im namibischen Lüderitz 52,05 Knoten, das sind knapp 97 Stundenkilometer. „Dieses schnelle Fahren – man hat einfach die totale Kontrolle“, sagt Sportwissenschaftlerin Mareike Mohr, die mit ihrem Kollegen
die Surfschule Westufer betreibt. Das Surfen lernte sie während ihres Studiums. „In Holland. Ich war direkt angefixt und habe angefangen, als Surflehrerin zu arbeiten.“
An diesem Tag wirkt der See verlassen, nur ein paar Spaziergänger sind unterwegs, die Wolken haben sich über dem Wasser zusammengezogen. Rund ums Ufer pendeln die Birkenzweige im schwachen Wind. Für fortgeschrittene Surfer kein attraktives Wetter. Den umgekehrten Fall gibt es auch: „Zu viel Wind? Das kann auch sein, aber es kommt selten vor“, sagt Taler. Zur Ausrüstung gehören in erster Linie das Brett, Gabelbaum und Mast, Rigg genannt, und das Segel. Damit lässt sich das Board steuern. Brett, Segel – beim Material gibt es viele Varianten, die abhängig vom Können und Einsatzgebiet sind.
Auch in Europa haben Windsurfer viele Möglichkeiten: zum Beispiel auf der Insel Fehmarn. Für Anfänger ist die Ostsee gut geeignet, weil die Wellen nicht so stark wie an der Nordsee sind. In Nordrhein-Westfalen kann man auf einem der vielen Seen surfen, zum Beispiel auf dem Möhnesee im Sauerland, dem Auesee bei Wesel oder auf dem Unterbacher See in Düsseldorf.