Missbrauchsvorwurf gegen Priester aus dem Kreis Borken

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Missbrauchsvorwurf gegen Priester aus dem Kreis Borken

rnPolizeiermittlungen

Vor rund vier Jahrzehnten soll sich ein Priester einem minderjährigen Jungen unsittlich genähert haben. Jetzt erstattete das mutmaßliche Opfer, das seinerzeit in Gronau lebte, Anzeige.

von Bernd Schäfer

Gronau

, 17.02.2022, 12:52 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Polizei ermittelt gegen einen Priester aus dem Bistum Münster wegen des Verdachts eines versuchten schweren sexuellen Missbrauchs. Das hat die bischöfliche Pressestelle am Mittwoch bekanntgegeben. Das Bistum untersagte dem Priester, der bis zuletzt seelsorgerisch im Münsterland tätig war, unmittelbar die weitere Ausübung aller priesterlichen Dienste.

Die Polizei im Borken ermittelt gegen einen Priester des Bistums Münster wegen versuchten schweren sexuellen Missbrauchs. Wie Polizeisprecher Frank Rentmeister am Mittwoch auf Anfrage sagte, soll es sich um einen rund vier Jahrzehnte zurückliegenden Fall in einer Gemeinde im westlichen Münsterland handeln, bei dem ein damals minderjähriger Junge Opfer geworden sein soll.

Verjährung wird geprüft

Der Priester ist mittlerweile im Ruhestand. Nähere Angaben auf den Wohn- oder möglichen Tatort machte die Polizei nicht. „Wir werden nichts angeben, was die Person näher beschreiben kann“, betonte Rentmeister. Im Übrigen gehe es jetzt in Absprache mit der Staatsanwaltschaft auch darum, ob die Vorwürfe mittlerweile verjährt sind.

Das Bistum untersagte dem Priester, der bis zuletzt seelsorgerisch im Münsterland tätig war, unmittelbar die weitere Ausübung aller priesterlichen Dienste. Bei einem Hausbesuch soll sich der Geistliche dem damals noch minderjährigen Erstatter der Anzeige unsittlich genähert haben. Das mutmaßliche Opfer hat sich selbst an die Westfälischen Nachrichten gewandt, um den Fall an die Öffentlichkeit zu bringen. Den Schritt halte der seinerzeit in Gronau lebende Mann für sehr wichtig, „um potenzielle weitere Opfer zu ermutigen, die Straftaten auch anzuzeigen, sowie zukünftige Opfer zu verhindern“.

Scharfe Kritik an Kirchengemeinde

Auch in seinem Fall habe sich damals das systemische Versagen der katholischen Kirche gezeigt: Nachdem er sich seiner Mutter anvertraute, habe diese den Pfarrer aufgesucht und ihm den Vorfall geschildert. „Er gab ihr zu verstehen, dass er nicht möchte, dass über das Thema gesprochen wird,“ erinnert sich das Opfer. Weil die Kirchengemeinde die Strafverfolgung verhindert habe, habe sie als Institution versagt und trage zumindest moralisch die Mitschuld an allen Taten, die der Beschuldigte danach begangen habe.

„Die Gemeinde muss sich mit der Schuld auseinandersetzen, dass sexueller Kindesmissbrauch billigend in Kauf genommen wurde, um die Institution zu schützen“, sagt der mittlerweile nicht mehr in Gronau lebende Mann. Dass weder er noch seine Eltern damals weitere Schritte einleiteten, begründet er mit der damals herrschenden Obrigkeitshörigkeit: Wer etwas schlechtes über einen Geistlichen sagte, wurde in der Gemeinde schief angesehen, während der Klerus automatisch in Schutz genommen worden sei.

Bischof will mit Betroffenen ins Gespräch kommen

Das Bistum habe von den Anschuldigungen erst am Freitag von der Polizei erfahren, sagt Peter Frings, Interventionsbeauftragter beim Bistum Münster. „Als die Polizei sich gemeldet hat, haben wir sofort reagiert.“ Laut Polizei gäbe und gebe es gegen den Geistlichen noch weitere Ermittlungen. Unterdessen hat Münsters Bischof Felix Genn in der Debatte um Missbrauch in der Kirche dazu geraten, „jede Aussage zu vermeiden, die als das Abschieben von Verantwortung verstanden werden kann“. Vielmehr sei es nötig, „uns zu unserer persönlichen wie institutionellen Verantwortung zu bekennen“, sagte er in einem Interview mit dem Online-Magazin Kirche + Leben.

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Der Bischof betont, dass er unbedingt mit den Betroffenen ins Gespräch kommen möchte: „Entscheidend ist, dass die Betroffenen das möchten. Mir persönlich sind solche Gespräche ein Anliegen. Ich habe auch schon viele solcher Gespräche geführt. Zugleich akzeptiere ich es, wenn es Betroffene gibt, die sagen, dass sie mit mir als Verantwortung tragender Vertreter eines Systems, in dem ihnen schwerstes Leid zugefügt wurde, nicht sprechen möchten.“