Millionen Menschen in NRW armutsgefährdet Ab wann gehöre ich selbst dazu?

Millionen Menschen in NRW armutsgefährdet: Ab wann gehöre ich selbst dazu?
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In Nordrhein-Westfalen sind immer mehr Menschen armutsgefährdet. Laut einer Auswertung von IT.NRW als Statistisches Landesamt ist die Zahl der Menschen, die von relativer Einkommensarmut betroffen sind, im Jahr 2022 auf 3,3 Millionen gestiegen. Das ist ein Anteil von 18,7 Prozent der Landesbevölkerung.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Armutsgefährdungsquote nur leicht gestiegen. Allerdings steigt die Quote in NRW seit Jahren kontinuierlich an. In den zehn Jahren zwischen 2012 und 2022 ist die Zahl von 15,4 auf 18,7 Prozent gestiegen.

Wer gilt in NRW als arm?

Für die Bestimmung der Armutsgefährdung in NRW wird das Haushaltsnettoeinkommen herangezogen - also wie viel Geld nach Abzug der Steuern einem Haushalt mit einer oder mehreren Personen pro Monat zur Verfügung steht.

Daher wird bei der Armutsgefährdung auf das sogenannte Nettoäquivalenzeinkommen geschaut. Dabei wird das Nettoeinkommen nach Zahl und Alter der Haushaltsmitglieder gewichtet. Als armutsgefährdet in NRW gilt, wer weniger als 60 Prozent des Medians der Äquivalenzeinkommen der nordrhein-westfälischen Bevölkerung zur Verfügung hat.

Was bedeutet das in Zahlen? Der Median der Äquivalenzeinkommen für einen Einpersonenhaushalt lag 2022 in NRW bei 1.944 Euro im Monat. Die Armutsgefährdungsschwelle lag somit bei 1.166 Euro. Ein Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern im Alter von unter 14 Jahren galt 2022 als einkommensarm, wenn das Haushaltsnettoeinkommen weniger als 2.449 Euro betrug.

Als „reich“ gilt man in NRW laut dieser Statistik ab 3.887 Euro im Monat (Einpersonenhaushalt) oder ab 8.163 Euro (Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren).

Wer ist in NRW von Armut bedroht?

Betrachtet man die verschiedenen Haushaltstypen in NRW, sind vor allem Alleinerziehende überdurchschnittlich von Armut bedroht: Die Gefährdungsquote liegt hier bei 45,9 Prozent. Über dem Durschnitt liegen auch Familien mit drei oder mehr Kindern (38,5 Prozent) oder Einpersonenhaushalte (28,3 Prozent).

Die geringste Quote weisen Haushalte mit zwei Erwachsen ohne Kind (9,3 Prozent) oder mit nur einem Kind (9,7 Prozent) auf.

Überdurchschnittlich häufig sind auch Kinder und junge Erwachsene von Armut betroffen. Bei den unter 18-Jährigen sind es 25,9 Prozent, bei den 18- bis 25-Jährigen sogar 26,9 Prozent. Über alle Altersgruppen verteilt sind Frauen häufiger (19,5 Prozent) armutsgefährdet als Männer (17,8 Prozent).

Auch Bildung spielt eine wichtige Rolle: Hat die Person mit dem höchsten Einkommen im Haushalt maximal einen Abschluss der Sekundarstufe I (Haupt- oder Realschulabschluss), so lag das Armutsrisiko bei 41,4 Prozent, gegenüber 7 Prozent bei einem hohen Bildungsabschluss (beispielsweise ein Studium).

Wo in NRW die meisten Menschen armutsgefährdet sind

In Nordrhein-Westfalen gibt es auch bei der Armutsgefährdung regionale Unterschiede. Die Region mit der geringsten Gefährdungsquote ist der Raum Arnsberg (14,1 Prozent) mit dem Hochsauerlandkreis und dem Kreis Soest. Die höchste Quote weist die Region Emscher-Lippe vor: 22 Prozent sind es in den Städten Gelsenkirchen, Bottrop sowie dem Kreis Recklinghausen.

Auch andere Städte des Ruhrgebietes schneiden nicht so gut ab. Für die Städte Dortmund und Hamm sowie den Kreis Unna gibt IT.NRW die Armutsgefährdungsquote mit 20,4 Prozent an. Bochum, Hagen und Herne kommen immerhin noch auf 19,4 Prozent. Duisburg, Essen, Oberhausen und Mülheim kommen sogar auf 21,3 Prozent.

Wo liegt NRW im Bundesvergleich?

Beim Blick auf die Bundesländer zeigt sich, dass manche Regionen in Deutschland eher von Armut betroffen sind als andere. Unangefochtener bundesweiter Spitzenreiter ist Bremen - hier zählt das Statistikportal der Länder 28 Prozent der Bürgerinnen und Bürger zum armutsgefährdeten Teil der Bevölkerung.

Weit dahinter folgt der Osten Deutschlands. Berlin (19,6 Prozent armutsgefährdet), Sachsen-Anhalt (19,5 Prozent) und Thüringen (18,9 Prozent) zählen laut Statistik zu den Bundesländern mit den meisten von Armut bedrohten Menschen. Nur Brandenburg sticht mit 14,5 Prozent positiv hervor.

Die Bundesländer im Süden sind gemessen am Bundesmedian (16,6 Prozent) am wenigsten von Armut bedroht. In Baden-Württemberg lag die Armutsgefährdungsquote im vergangenen Jahr bei 13,9 Prozent - in Bayern waren es sogar nur 12,6 Prozent.

Nordrhein-Westfalen liegt über dem Bundesschnitt. Mit 18,7 Prozent liegt NRW im Vergleich der Länder auf dem vierten Platz. Auch beim Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen in 2021 liegt NRW weit vorne: 45,8 Prozent zählt „Statista“. Nur Bremen (47,6 Prozent) liegt auch hier an erster Stelle.

Schaut man sich die reicheren Bürgerinnen und Bürger an, stellt man fest, dass hier der Osten ebenfalls schlecht abschneidet. Nur ein Bruchteil der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kann ein Einkommen von mehr als 200 Prozent des Nettoäquivalenzeinkommens aufweisen. Eine Ausnahme bildet auch hier wieder Brandenburg. NRW liegt mit 8,2 Prozent über dem Bundesschnitt.

Test: Bin ich selbst armutsgefährdet?

Wer selbst schauen möchte, wo man im Vergleich mit dem Rest der Bevölkerung steht, kann das über ein interaktives Tool des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) herausfinden. Hier können das persönliche Haushaltsnettoeinkommen und der Haushaltstyp angeben werden. Außerdem kann man auswählen, mit wem man sich vergleichen möchten.

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