CDU beschließt Merz‘ Migrationsplan Merz versucht Befreiungsschlag mit klarer Absage an AfD

Nach gescheiterter Abstimmung im Bundestag: CDU startet Sofortprogramm mit Migrationsplan
Lesezeit

Update 3.2., 18 Uhr: Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz versucht drei Wochen vor der Bundestagswahl angesichts breiter Proteste gegen eine Kooperation mit der AfD einen Befreiungsschlag. „Es gibt keine Zusammenarbeit, es gibt keine Duldung, es gibt keine Minderheitsregierung, gar nichts“, versprach der Parteichef auf dem CDU-Wahlparteitag in Berlin. Die CDU wolle „gerade in diesem Wahlkampf alles tun, um diese Partei wieder so klein wie möglich zu machen“. Auch CSU-Chef Markus Söder erteilte jeder Zusammenarbeit mit der AfD eine klare Absage.

Merz rief unter anhaltendem Beifall der knapp 1.000 Delegierten, die von ihren Sitzen aufgestanden waren: „Ich kann den Wählerinnen und Wählern in Deutschland eines sehr klar und sehr deutlich versichern: Wir werden mit der Partei, die sich da Alternative für Deutschland nennt, nicht zusammenarbeiten. Vorher nicht, nachher nicht, niemals.“ Die AfD stehe „gegen alles, was unsere Partei und unser Land in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Deutschland aufgebaut“ habe, sie stehe gegen die Westbindung, den Euro, die Nato.

Merz ging nicht auf die Bundestagsabstimmungen ein, in denen die Union sich vergangene Woche nicht dagegen gesperrt hatte, dass Mehrheiten nur mit AfD-Stimmen möglich waren. Ein Antrag zur Migrationspolitik hatte wegen der Unterstützung durch die AfD eine Mehrheit bekommen, ein Gesetzentwurf scheiterte, weil sich zahlreiche Abgeordnete von Union und FDP nicht an der Abstimmung beteiligten. Seitdem gibt es massive Proteste gegen Merz.

Der Parteivorsitzende rief die Union auf, geschlossen Kurs zu halten. Die große Mehrheit der Bevölkerung sei mit CDU/CSU der Meinung, dass es in der Migrationspolitik so nicht weitergehen könne. Wenn es nicht gelinge, die Herausforderungen zu bestehen, „steht möglicherweise auch Deutschland vor einem Abrutschen in den linken oder rechten Populismus“. Die „kleiner werdende gesellschaftliche und politische rot-grüne Minderheit“ kämpfe verzweifelt um den Rest ihrer Deutungs- und Entscheidungshoheit.

Über mögliche Mehrheiten nach der Wahl sagte Merz: „Unser beständiger Kampf um die Mitte, unser Prinzip der notwendigen Kompromisse, das alles hat unser Land nicht schlechter gemacht.“ Die Frage, wie groß der Vorsprung der Union bei der Wahl sei, werde auch darüber entscheiden, „wieviel wir jenseits der AfD in Zukunft durchsetzen können“.

Einstimmige Entscheidung für „Sofortprogramm“

Update 3.2., 16.20 Uhr: Knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl hat die CDU sich ein „Sofortprogramm“ für den Fall ihrer Regierungsübernahme verordnet. „Es ist Zeit, dass die Politik aufwacht und versteht: Die Herausforderungen sind gewaltig, jeder Tag zählt“, heißt es in der Einleitung mit dem Titel „Unser Sofortprogramm für Wohlstand und Sicherheit“.

Das einstimmig beschlossene Programm umfasst 15 Punkte und enthält wesentliche Teile aus dem CDU-Wahlprogramm. Generalsekretär Carsten Linnemann betonte, das Sofortprogramm solle „auch die Glaubwürdigkeit messbar erhöhen“. Er betonte, man wolle die Punkte zumindest im Kabinett bis zum Sommer angehen.

Offen bleibt, ob die CDU ihre Ankündigungen nach einem Sieg bei der Bundestagswahl durchsetzen kann – und wenn ja, in welchem Maße. Nach den aktuellen Umfragen dürfte die Union bei der Bildung einer Regierung mindestens auf SPD oder Grüne angewiesen sein.

Linnemann attackiert Rot-Grün

Update 3.2., 15.10 Uhr: Mit scharfen Angriffen auf SPD und Grüne startet die CDU die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs. Auf einem Wahlparteitag in Berlin warb die CDU für einen Kurswechsel in der Wirtschafts- und Migrationspolitik. „Die Ampel war die schlechteste Bundesregierung aller Zeiten“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann.

Verhandlungen der CDU mit SPD und Grünen über einen Kompromiss waren am Freitag gescheitert. Linnemann sagte, der SPD sei es nie um die Sache gegangen, sondern um Wahltaktik. Er kritisierte auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der die Union aufgefordert hatte, das „Tor zur Hölle“ zu schließen. „Das ist niederträchtig“, sagte Linnemann.

„Wir lassen uns von niemandem erzählen, wer auf der richtigen Seite der Geschichte war. Das waren wir“, sagte Linnemann. Unter Verweis auf Attacken auf CDU-Geschäftsstellen sagte er: „Da hört es auf. Gewalt ist kein Instrument der Demokratie.“ Mit Blick auf Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte Linnemann, er würde sich freuen, wenn dieser sich von solchen Aktionen distanzieren würde.

Merz für schnellen Politikwechsel

Update 3.2., 13.10 Uhr: Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz wirbt zum Start in die heiße Wahlkampfphase für einen schnell spürbaren Politikwechsel. „Wir stehen bereit, Deutschland wieder nach vorne zu führen“, sagte der CDU-Chef zum Auftakt eines Parteitags in Berlin. „Eine unionsgeführte Regierung wird sich ohne jeden Zeitverzug an die Arbeit machen und die Probleme an der Wurzel packen, die unser Land seit so langer Zeit so lähmen.“

Merz formulierte es als Ziel, dass Menschen und Unternehmen schon mit neuer Zuversicht in die Sommerpause 2025 gehen könnten. Die CDU habe inhaltlich einen „Plan für Deutschland“. Der Kanzlerkandidat bekam schon zu Beginn minutenlangen Applaus im Stehen, bevor er den Parteitag eröffnen konnte.

700 Einsatzkräfte vor Ort

Update 3.2., 12.25 Uhr: Die Polizei sichert mit rund 700 Einsatzkräften in Berlin den CDU-Parteitag ab, der von mehreren Demonstrationen begleitet wird. Etwa ein Dutzend Kundgebungen sind nach Angaben eines Polizeisprechers rund um die Messehalle CityCube geplant. Diese richten sich überwiegend gegen die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD im Bundestag vergangene Woche.

Zu Beginn einer Demonstration von Fridays for Future versammelten sich nach ersten Schätzungen der Polizei rund 100 Menschen vor der Halle. Sie hielten unter anderem große Buchstaben in die Höhe, die das Wort „Schande“ bildeten.

„Wir lassen diesen Rechtsruck nicht zu“, sagte Klimaaktivistin Carla Reemtsma, Mitorganisatorin der Proteste. Man lasse nicht zu, dass eine Partei, die sich „Mitte-Partei“ nenne, gemeinsame Sache mache mit einer Partei, „die in Teilen rechtsextrem und faschistisch“ sei. Demonstrierende riefen „Shame on you CDU“ („Schäm dich CDU“). CDU und CSU hatten am Mittwoch im Bundestag mit Hilfe der AfD einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik durchgesetzt.

Am Himmel flog eine Propellermaschine über den Veranstaltungsort mit einem Banner mit der Aufschrift „CDU unchristlich“. Gegenüber dem Veranstaltungsort stand auf einer LED-Leinwand „Mitte-statt-Merz.de“. Es handelte sich um eine Aktion der SPD.

Merz will Migrationsplan beschließen

Erstmeldung: CDU-Chef Friedrich Merz hat kategorisch ausgeschlossen, dass er in einer von ihm geführten Regierung auf AfD-Stimmen setzen würde. Er habe „nun wirklich mehrfach sehr klar und sehr deutlich gesagt: Es wird keine Zusammenarbeit von uns mit der AfD geben. Wir kämpfen für politische Mehrheiten in der breiten Mitte unseres demokratischen Spektrums“, sagte der Unionskanzlerkandidat bei der Besichtigung der Halle für den Wahlparteitag in Berlin. Auf die Nachfrage, ob er AfD-Stimmen für eine Mehrheit in Kauf nehmen würde, antwortete er: „Nein.“

Der Parteitag an diesem Montag soll ein „Sofortprogramm“ beschließen, in dem die CDU unter anderem verspricht, den umstrittenen Fünf-Punkte-Plan von Merz zum Stopp der illegalen Migration direkt nach einer Regierungsübernahme umzusetzen. Zudem will die CDU zahlreiche Entscheidungen der gescheiterten Ampel-Koalition von Kanzler Olaf Scholz (SPD) rasch zurückdrehen.

Merz hatte für Empörung gesorgt, weil er am Mittwoch im Bundestag in Kauf nahm, dass sein Fünf-Punkte-Plan nur Dank der AfD-Stimmen eine Mehrheit bekam. Der Vorstoß sieht etwa dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisungen an den Grenzen und einen zeitlich unbefristeten Ausreisearrest für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder vor. Eine bindende Wirkung hat der Beschluss nicht. Ein Gesetzentwurf der Union zur Begrenzung der Migration scheiterte am Freitag im Bundestag trotz der Zustimmung der AfD.

Großdemonstration in Berlin

Am Wochenende gingen bundesweit Zehntausende aus Protest gegen eine Zusammenarbeit der Union mit der AfD auf die Straße. Die größte Demonstration fand am Sonntag in Berlin statt. Unter dem Motto „Aufstand der Anständigen - Wir sind die Brandmauer!“ erstreckte sich ein Protestzug von der Siegessäule bis zur CDU-Parteizentrale. Die Polizei sprach am späten Nachmittag von rund 160.000 Menschen, die Veranstalter von 250.000.

Der Publizist und Moderator Michel Friedman, der nach dem Bundestagsvotum aus der CDU ausgetreten war, nahm die Partei bei der Demonstration in Schutz. Bei aller berechtigten Kritik dürfe eines nicht vergessen werden: „Die CDU ist eine demokratische Partei“, so Friedman. Mit Blick auf die AfD fügte er hinzu: „Die Partei des Hasses ist die Partei, die nicht auf dem Boden der Demokratie steht.“ Der Fehler der CDU bleibe für ihn jedoch unentschuldbar.

Proteste auch am Rande des Parteitags erwartet

Kritik am Vorgehen von Merz war auch von den Kirchen und Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) gekommen. Während SPD, Grüne und Linke von einem Tabu- und Dammbruch sprachen, konterte Merz dies mit den Worten, eine richtige Entscheidung werde nicht dadurch falsch, dass die Falschen zustimmten.

Auch zum CDU-Parteitag an diesem Montag sind Demonstrationen gegen eine Zusammenarbeit der Union mit der AfD angekündigt. Mit Spannung wird erwartet, ob auch aus den Reihen der 1001 Delegierten auf offener Bühne Kritik an Merz laut wird.

Merz appelliert an Demonstranten

Der CDU-Chef rief die Demonstranten auf, friedlich zu protestieren. Das Demonstrationsrecht umfasse „nicht Gewalttätigkeiten, weder gegen Personen noch gegen Sachen“. Merz fügte hinzu: „Wir setzen uns selbstverständlich auch mit friedlichen Demonstranten auseinander. Wir reden mit dem politischen Gegner. Wir tragen die Diskussionen dort aus, wo sie hingehören, nämlich im Plenum des Deutschen Bundestages.“

„Garantie“ für Änderungen in Asyl- und Wirtschaftspolitik

Die nächste Regierung müsse Entscheidungen in der Wirtschafts- und Migrationspolitik treffen, betonte Merz beim Hallenrundgang. „Dafür stehe ich persönlich ein. Genauso wie sehr klar ist und ohne jeden Zweifel klar bleibt: Wir werden mit der AfD nicht zusammenarbeiten“, ergänzte er. „Wir haben mit der nie zusammengearbeitet, wir werden mit der nicht zusammen arbeiten. Und da braucht sich niemand Sorge zu machen, dass dies stattfindet. Es findet mit uns, mit mir, nicht statt.“ In der „Bild am Sonntag“ gab Merz den Wählerinnen und Wählern eine „Garantie“, dass es in der Wirtschaftspolitik und in der Asylpolitik eine wirkliche Wende geben werde.

Sofortprogramm mit Schwerpunkt Wirtschaft und Sicherheit

Das 15-Punkte-Programm unter dem Titel „Unser Sofortprogramm für Wohlstand und Sicherheit“ enthält komprimiert wesentliche Teile aus dem CDU-Wahlprogramm. Bei jeder Entscheidung werde man genau darauf achten, „dass sie der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, dem Wohlstand und der Sicherheit der Menschen im Land dient“, heißt es in dem Papier.

„Vorrang für Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand“

Stromsteuer und Netzentgelte sollen gesenkt werden, so dass eine Entlastung von mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde entsteht. Für einen Rückbau der Bürokratie will die CDU weniger Betriebsbeauftragte, keine Bonpflicht, eine Abschaffung der deutschen Lieferkettenregulierung und der Belastungen durch das Energieeffizienzgesetz. Das Heizungsgesetz der Ampel soll abgeschafft, die Agrardieselrückvergütung wieder vollständig eingeführt werden.

Anstelle einer täglichen soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt und so flexibleres Arbeiten ermöglicht werden. Überstundenzuschläge sollen steuerfrei gestellt werden. Wer in der Rente freiwillig mehr arbeiten will, soll sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei bekommen. Die CDU will die Umsatzsteuer auf Speisen in Restaurants und Gaststätten auf sieben Prozent reduzieren. Zudem soll die Zahl der Regierungsbeauftragten halbiert werden.

„Sicherheit für die Menschen in Deutschland“

Neben dem Fünf-Punkte-Plan will die CDU auch das am Freitag im Bundestag gescheiterte „Zustrombegrenzungsgesetz“ weiter verfolgen. Eine Begrenzung der Migration wird als klares Gesetzesziel genannt, ebenso das Ende des Familiennachzugs für subsidiär - also eingeschränkt - Schutzberechtigte und mehr Befugnisse für die Bundespolizei.

Offen bleibt, ob die CDU ihre Ankündigungen nach einem Sieg bei der Bundestagswahl durchsetzen kann - und wenn ja, in welchem Maße. Nach den aktuellen Umfragen dürfte die Union bei der Bildung einer Regierung mindestens auf SPD oder Grüne angewiesen sein.

dpa

Demonstrationen gegen CDU-Migrationskurs: „Wir sind die Brandmauer“ - 160.000 allein in Berlin

Bundestag stimmt Migrationsantrag der Union zu: Merz bekommt Mehrheit - auch mit Stimmen von AfD