Weltweit häufen sich ungewöhnliche Hepatitis-Fälle bei Kindern.

Weltweit häufen sich ungewöhnliche Hepatitis-Fälle bei Kindern. © picture alliance/dpa

Mehr als 300 Hepatitis-Fälle bei Kindern: Zusammenhang mit Corona- und Adenovirus?

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Weltweit häufen sich ungewöhnliche Hepatitis-Fälle bei Kindern, auch in Deutschland gibt es einen Fall. Als Ursache der Leberentzündung prüft die WHO den Zusammenhang mit dem Coronavirus.

von Saskia Heinze

12.05.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Mitte April haben erste Gesundheitsbehörden unübliche und teils schwere Hepatitis-Erkrankungen bei Kindern gemeldet. Inzwischen, einen Monat später, zählt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits 348 wahrscheinliche Erkrankungsfälle aus mindestens 20 Ländern.

Die meisten wurden aus Großbritannien gemeldet - mehr als 160. Aber auch die USA, Israel, Irland, Spanien, Dänemark und die Niederlande haben vereinzelt Fälle mit ähnlichem Krankheitsbild gemeldet. In Deutschland ist dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge bislang ein Fall bekannt.

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Weitere 70 Fälle mit womöglich ähnlichem Krankheitsbild aus 13 Ländern würden momentan noch untersucht, berichtete Dr. Philippa Easterbrook, Hepatitis-Beauftragte bei der WHO, in einem Pressegespräch am Dienstag (11. Mai). Noch ist unklar, was der Auslöser für den Krankheitsverlauf bei den Kindern ist. Die WHO geht in Zusammenarbeit mit den nationalen Gesundheitsbehörden verschiedenen Thesen nach. In der vergangenen Woche habe es „einige wichtige Fortschritte“ bei weiteren Untersuchungen gegeben.

Hepatitis bei Kindern: Auf der Suche nach Ursachen

Eine Hepatitis, also eine Entzündung der Leber, kann unterschiedliche Symptome hervorrufen. Bei vielen Kindern wurden stark erhöhte Leberenzyme gemessen, viele hatten Gelbsucht. Einige mussten in spezialisierte Kinderleberzentren verlegt werden, einige wenige Kinder bekamen eine Lebertransplantation. Auch von Magen-Darm-Beschwerden war die Rede: mit Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen. Fieber sei meist nicht aufgetreten.

Die Ursache für die gehäuften Fälle bei Kindern ist noch unklar. Die fünf bekannten Hepatitisviren A, B, C, D und E wurden durch Laboruntersuchungen bereits ausgeschlossen. Aber andere Viren könnten im Zusammenhang mit der Leberentzündung stehen. Die WHO bezieht sich dabei momentan nach eigenen Angaben insbesondere auf Analysen der britischen Gesundheitsbehörden.

Diese halten es derzeit für am wahrscheinlichsten, dass die Hepatitis mit Adenovirus-Infektionen im Zusammenhang steht. „Adenoviren verursachen zwar in der Regel keine Hepatitis, doch handelt es sich um eine bekannte seltene Komplikation, die meist bei immungeschwächten Personen auftritt“, heißt es auch in einer vorläufigen Einschätzung des Robert-Koch Instituts (RKI). Bei den Fällen in Großbritannien könne beispielsweise eine neue Adenovirus-Variante zirkulieren, die bei Kindern eine schwerere Hepatitis als bislang bekannt verursacht.

Coronavirus als Co-Faktor bei Hepatitis?

Eine weitere These, der die Gesundheitsbehörden wie auch die WHO nachgehen: Es könnte Co-Faktoren geben, die dazu führen, dass ein normales Adenovirus bei kleinen Kindern einen schwereren Verlauf hervorruft als sonst. Dazu könnte beispielsweise eine frühere Infektion mit dem Coronavirus zählen. „Gegenwärtig bleiben die führenden Hypothesen diejenigen, die das Adenovirus betreffen“, sagte WHO-Expertin Easterbrook. „Aber ich denke, dass auch noch wichtige Überlegungen zur Rolle von Covid angestellt werden - entweder als Co-Infektion oder als frühere Infektion.“

70 Prozent der getesteten Fälle zeigten der WHO zufolge einen positiven Befund auf das Adenovirus. Allerdings zeigten Gewebeproben nicht die typischen Merkmale einer Leberentzündung im Zusammenhang mit dem Erreger auf. Die Tests haben auch gezeigt, dass etwa 18 Prozent der Fälle positiv auf Covid-19 getestet wurden. Einen Zusammenhang mit einer Corona-Impfung schließen die Gesundheitsbehörden aber aus.

In weiteren Untersuchungen in der kommenden Woche lege man den Fokus verstärkt auf mögliche Zusammenhänge mit dem Coronavirus, kündigte die WHO an. Eine Kontrollstudie aus Großbritannien zu Zusammenhängen mit dem Adenovirus sei auch zu erwarten. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten - konkrete Empfehlungen für Kinder und Eltern gibt es bislang nicht.

RND

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