
Mehrere hundert Wildschweine leben in Marls Wäldern. Hegering-Vorsitzender Holger Scheer erklärt, wie sie sich verhalten. © Chr. Gateau, dpa / Meike Holz
Radfahrer in Marl gerammt - Wie gefährlich sind Wildschweine?
Jäger erklärt, wie man reagiert
Ein Wildschwein rammte am Rand des Arenbergischen Forsts einen Radfahrer (81) und stieß ihn um. Wie gefährlich sind solche Begegnungen mit Schwarzwild? Jäger Holger Scheer gibt Auskunft.
Wildschweine haben messerscharfe Zähne, die schwer verletzen können. Da klingt es beruhigend, dass sie scheue Fluchttiere sind. Wenn Menschen in der Nähe sind, laufen sie weg, sagt Holger Scheer, Vorsitzender im Hegering Marl organisierten Jäger: „Nie greift Schwarzwild Menschen an. Ausnahmen sind Bachen, die ihre Frischlinge bedroht sehen oder verletzte Sauen. Die nehmen ihren Lebensmut zusammen und gehen einen direkt an.“ Wer also merkt, dass ein Wildschwein in der Nähe ist, sollte sich langsam entfernen, rät der Jäger.
Weshalb laufen scheue Wildschweine überhaupt über die Straßen am Stadtrand? Wenn die Population zunimmt, suchen sie Fraß, erklärt Holger Scheer. „Es gab schon Leute, die Schwarzwild im Gemüsegarten hatten.“
Zurzeit gebe es zwar eine hohe Eichelmast, also viele Baumfrüchte. Schwarzwild braucht aber auch Eiweiß. Deshalb suchen Wildschweine Engerlinge und Würmer, wühlen Wiesen und den Boden an Wegrändern auf. Auch auf Salz sind sie scharf - und wittern es, wenn im Herbst Salz auf den Straßen gestreut wird.
So kommt es also vor, dass Wildschweine am Stadtrand auftauchen und über die Straße laufen. „Sie sind recht zügig unterwegs und halten nicht an. Erst recht nicht, wenn sie auf der Flucht oder aufgeschreckt sind. Da wird alles über den Haufen gerannt“, sagt der Jäger. Schwarzwild sieht nicht gut. So kann es zum Zusammenprall kommen, wenn die Tiere einen Radfahrer nicht wittern.
Dass sie sich Menschen zeigen, sei aber eher ungewöhnlich. Tun sie es doch, sollte man sich auf keinen Fall nähern, warnt Holger Scheer: „Wenn eine Sau beißt, hat das schwerwiegende Folgen. Ihre Zähne sind messerscharf und zermahlen Fleisch. Verletzungen verlaufen schlimm. Jägern, die von einem verwundeten Tier gebissen wurden, mussten Glieder amputiert werden.“
Aufgrund der vielen Baumfrüchte werde die Schwarzwild-Population im nächsten Jahr ansteigen, vermutet der Hegering-Vorsitzende. Um die Vermehrung in Grenzen zu halten, werden Wildschweine auch in Marl gejagt. Im letzten Jahr hätten die Jäger des Hegerings etwa hundert Sauen zur Strecke gebracht. Ohne Jagd, schätzt Scheer, würde die Population um 500 bis 700 Prozent zunehmen.
Mehrere hundert Wildschweine gibt es allein in Marl, sie leben in der Haard und im Arenbergischen Forst. Im Marler Süden wird man keinem Schwarzwild begegnen.
Aber genau wisse man das nie. Holger Scheer: „Unser Schwarzwild ist nicht mal so gut erforscht wie der Mond.“
Heinz-Peter Mohr schreibt seit 1991 als Redakteur der Marler Lokalredaktion Berichte, Analysen und Kommentare über Politik- und Kulturthemen. Sein Politikstudium an der Uni Münster beendete er 1988 mit einer Magisterarbeit über Experimente der Stadt Rotterdam mit Demokratie-Modellen. Als Redakteur in Marl veröffentlichte er die Serien "50 Tage ohne Auto" und "Eine Stadt gegen Gewalt". Nach seinen Recherchen über belastetes Brunnenwasser wurden 46 Brunnenbesitzer vom Bergwerkskonzern RAG entschädigt. Von Anfang an berichtete er über den Grimme-Preis – und schaut auch privat gern gutes Fernsehen und Kino.