TV-Duell mit einem Rechtsextremisten: Ist das eine gute Idee? Mario Voigt vs. Björn Höcke

TV-Duell mit einem Rechtsextremisten: Ist das eine gute Idee?: Mario Voigt vs. Björn Höcke
Lesezeit

Bisher haben sie übereinander und nicht miteinander geredet. Das ändert sich am Donnerstagabend, wenn sich CDU-Politiker Mario Voigt und AfD-Mann Björn Höcke zum Streitgespräch treffen. Das bislang beispiellose Duell findet live bei Welt-TV statt und dürfte einen Vorgeschmack auf den Wahlkampf für die Thüringer Landtagswahl im September geben.

An der Fernsehdebatte gibt es nach wie vor heftige Kritik. Der Vorwurf anderer Parteien: Die CDU gebe Höcke eine Bühne. Und das Datum sorgt ebenfalls für Empörung, ist es doch der 79. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald durch die US-Armee 1945.

Perfekte Vorbereitung ist nötig

Voigt muss perfekt vorbereitet in die Debatte mit dem viel medienerfahreneren Rechtsextremen Höcke gehen. Dabei zeigt die Entstehungsgeschichte des Duells, dass der CDU-Kandidat auf diesem Feld Schwächen gezeigt hatte. Voigt stolperte quasi in die Verabredung mit Höcke, da er ihn falsch zitiert hatte. Im Januar erklärte er Höcke in einem Interview zum Hauptgegner. „Jemand, der Europa sterben lassen will, der kann nicht zugleich für wirtschaftlichen Wohlstand sorgen“, sagte Voigt.

Höcke drohte mit einer Unterlassungsklage. Denn der Rechtsextreme hatte nie gesagt, dass Europa sterben solle. Sein Satz vor Fernsehkameras am Rande des AfD-Europaparteitags in Magdeburg im vergangenen Sommer hatte gelautet: „Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann.“ Auf dem sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) schrieb Höcke daraufhin an Voigt: „Korrigieren Sie ihre Falschaussage oder muss ich Ihnen eine Unterlassungserklärung zuschicken?“

Voigt antwortete, er nehme gerne die „wohlstandsgefährdende Antieuropapolitik Ihrer angeblichen Alternative auseinander. Ob im Landtag oder vor Gericht.“ Höcke schlug stattdessen ein Rededuell vor: „Wie wäre es mit einer Diskussion – Format bestimmen Sie – zum Europabegriff?“

Statt um Europa geht es um Thüringen

Um Europa wird es am Donnerstagabend mit Sicherheit nicht vorrangig gehen, dafür umso mehr um Thüringen. „Es geht um die Zukunft meiner Heimat, und da steht viel auf dem Spiel“, sagte Voigt kürzlich der „FAZ“. Wenn die AfD, die derzeit an erster Stelle in den Meinungsumfragen steht, nicht an Zustimmung verliert, drohen erneut schwierige Machtverhältnisse. Höcke wird sich den Raum nehmen, seine rhetorische Bandbreite von staatsmännisch bis aggressiv auszuspielen. Der eher eindimensional agierende Voigt wird es schwerer haben. „Voigt kann nur verlieren“, prophezeit der Historiker Martin Sabrow. „Er will Politik gestalten, Höcke will sie zerstören. Die Aufmerksamkeit liegt automatisch auf dem Zerstörer.“

Das Risiko will die CDU Thüringen in Kauf nehmen, Unterstützung aus der Bundespartei bekommt sie. Die Chefin der Mittelstandsunion, Gitta Connemann, lobt Voigts „Mut“ und betont: „Die AfD lässt sich nicht aussitzen.“ Auch der Landeschef von Sachsen-Anhalt und Wirtschaftsminister, Sven Schulze, mahnt: „Das Land braucht wieder eine Regierung mit eigener Mehrheit. Deswegen ist es richtig, dass Mario Voigt die AfD inhaltlich stellen will.“ Zwar gibt es auch Stimmen in der Partei, die in dem Duell ein Risiko sehen, doch für die Strategie der Thüringer CDU ist die Debatte zentral.

„Wenn einer die AfD schlagen kann, dann ist es Mario Voigt“

Voigt will mit Blick auf die Landtagswahl im September auf einen Zweikampf mit Höcke hinaus. Der Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) soll in den Augen der Wählerinnen und Wähler keine Rolle mehr spielen. Ramelows Zeit als Ministerpräsident sei vorbei, zeigt sich auch der CDU-Politiker Philipp Amthor überzeugt. „Die zersplitterte Linkspartei ist politisch tot. Wenn einer die AfD schlagen kann, dann ist es Mario Voigt“, sagt Amthor. Doch Ramelow wäre nicht der erste Ministerpräsident, der kurz vor der Wahl noch vom Amtsbonus profitiert und die schlechten Umfragewerte in bessere Wahlergebnisse umwandeln kann. Ramelow, Voigt und Höcke werden aller Voraussicht nach im August im MDR miteinander debattieren.

Ob der Umgang Voigts mit der AfD Schule macht, hängt auch davon ab, ob er am Donnerstag erfolgreich ist. Derzeit wollen andere führende CDU-Leute an außerplanmäßigen TV-Duellen dieser Art nicht teilnehmen. „Für andere Länder sehe ich die Notwendigkeit solcher Duelle nicht, da wir stabile Mehrheiten aktuell auch ohne die AfD erreichen können“, sagt Schulze aus Sachsen-Anhalt. Der Brandenburger CDU-Chef Jan Redmann wünscht sich dagegen möglichst viele Auseinandersetzungen in der Sache – in erster Linie in den Wahlkreisen. „Das erwarte ich sowohl von der CDU als auch von den anderen demokratischen Parteien.“

RND