„Macbeth“ von Verdi Neuer Generalmusikdirektor und ein toller Titelheld geben Schwung

„Macbeth“ von Verdi: Neuer Generalmusikdirektor und ein toller Titelheld geben Schwung
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Ein Ausspruch der Lady Macbeth gibt die Deutung des neuen Verdischen „Macbeth“ am Essener Aalto Theater vor: „Dies ist nur die Malerei deiner Angst“, steht da in blassen Lettern auf dem schwarzen Prospektvorhang.

Die Ängste und Skrupel ihres Gatten, des schottischen Feldherrn Macbeth, bei seinem blutigen Aufstieg zur Macht bilden für die erst 23-jährige Regisseurin Emily Hehl denn auch das Zentrum ihrer Inszenierung.

Hexen als Lichtgestalten

„Gemalt“ wird vorwiegend auf nächtlicher Bühne und in dunklen Tönen. Lichtgestalten in weiß sind ausgerechnet und nur die Hexen, welche Macbeth gleich zu Beginn durch ihre Prophezeiungen mit den Machtgelüsten infizieren: Schlangengleich winden sich aus deren Mitte drei Tänzerinnen auf ihn zu und verbeißen sich regelrecht in ihn.

Emily Hehl setzt auf eine subtile, ästhetisierende Darbietung der gewalttätig-blutigen Handlung. Das Drastischste sind da schon die Gemälde von rohem Fleisch und Eingeweiden beim zweiten Auftritt der Hexen im dritten Akt. Aber die singen dazu ja auch vom höllischen ud aus tierischen und menschlichen Körperteilen in ihren Kesseln.

Lady Macbeth (Astrik Khanamiryan, oben) manipuliert nicht nur ihren Gatten.
Lady Macbeth (Astrik Khanamiryan, oben) manipuliert nicht nur ihren Gatten. © Alvise Predieri

Gespielt wird in Essen die von Verdi für Paris geschaffene Zweitfassung der Oper von 1865.

Die dort eingefügte Ballettmusik wird allerdings nicht getanzt, sondern das Publikum wird bei deren Erklingen schriftlich aufgefordert, sich aufgrund der Entwicklung des Dramas eigene Gedanken über Niedergang und Tod zu machen.

Imaginationsräume

Und das ist nicht das einzige Mal, dass die Regisseurin durch szenischen Stillstand bewusst „Leerstellen in der Erzählung“ als „Imaginationsräume“ lässt.

Immerhin kann an diesen Stellen – und nicht nur dort – Verdis Musik punkten. Essens neuer Generalmusikdirektor Andrea Sanguineti ließ die Essener Philharmoniker bei der Premiere mit packender dramatischer Leidenschaft aufspielen, ohne die verinnerlichten, lyrischen Momente zu vernachlässigen.

Eindrucksvoller Chor

Im italienischen Bariton Massimo Cavalletti hatte der Dirigent einen überragenden Gastsolisten für die Titelrolle, der dem zaudernden Schwächling zu stimmlicher Eindringlichkeit und Größe verhalf. Astrik Khanamiryan als seine dämonische Lady hinterließ bei großer Durchschlagskraft aufgrund ihres starken Vibratos einen zwiespältigeren Eindruck.

Aus dem weiteren Ensemble ragten Sebastian Pilgrim als sonorer Banco und Alejandro del Angel mit strahlendem Tenor als Macduff heraus. Der stark besetzte Aalto-Chor, von der Regisseurin vielfach nur statisch oder als Bewegungschor eingesetzt, bewältigte seine vielfältigen Auftritte als Hexen, Höflinge und Krieger mit vokaler Bravour.

Termine: 16./20./29. 9., 21./ 27. 10., 5./12. /16. 11., 14. 12.; Karten: Tel. (0201)

812 2200. Hier geht's zur Aalto-Oper

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