Lutz Seiler sammelte 30 Aktenordner für "Kruso"

Lesung

Lutz Seiler erhielt in diesem Jahr den Deutschen Buchpreis für seinen Roman „Kruso“, der Literaturverein Münster hatte ihn aber schon zuuvor entdeckt und eingeladen. Am Montagabend las er im Kleinen Haus des Theaters.

MÜNSTER

von Günter Moseler

, 28.10.2014, 18:32 Uhr / Lesedauer: 2 min
Lutz Seiler las beim Literaturverein in Münster.

Lutz Seiler las beim Literaturverein in Münster.

Die verschiedenen Fassungen des Romans füllten 30 Aktenordner: „Solange man an dem Manuskript arbeitet, ist die Qual groß“, bekannte Seiler. „Das Buch ist eine Baustelle, über Jahre muss der Mischer laufen. Erst als ich das Buch gedruckt in den Händen hielt, konnte ich den Text lesen. Als stiller Leser, nicht als verbessernder Autor.“ Bisher waren es vorrangig Gedichtbände, die Seiler veröffentlicht hat. Prosa brauche mehr Anwesenheit, andere Details, Dialoge, die man der Realität ablausche, so Seiler. Für das historische Kolorit habe er sich kilometerlange Band-Bestände des Deutschlandfunks über den Mauerfall 1989 digitalisieren lassen und abgehört – im Roman bleibt Zeitgeschichte durch den permanent krakeelenden Radioapparat „Violetta“ präsent. Zwei Ausschnitte des Romans, von der lyrischen Diktion Seilers zusätzlich intimisiert, belegten eine direkte, körpernahe Sprache, deren Langsamkeit den schlafwandlerischen Tiraden eines fast esoterischen Männerbündnisses auf der Spur blieb, das sich im Scheitern von falschen Utopien erlöst. Herzlicher Beifall.