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Lüpertz wird 80: Das Revier dankt für den Kerl mit Keule
Runder Geburtstag
Der „Herkules“ in Gelsenkirchen ist seit 2010 Wahrzeichen und Landmarke. Sein Schöpfer Markus Lüpertz feiert am Wochenende einen runden Geburtstag.
Die Herkules-Staue, die seit 2010 über den Gelsenkirchener Nordsternpark wacht, hatte beim Aufbau im Kulturhauptstadtjahr nicht jedem gefallen. So beschwerten sich zum Beispiel die Bewohner jener Wohnungen, denen der Kraftprotz auf dem Förderturm den Hintern zeigt.
Aber wie so oft hat die Kunst die größere Standhaftigkeit bewiesen. Heute ist der Kerl mit der Keule ein Wahrzeichen des Ruhrgebietes – und das ist dem Künstler Markus Lüpertz zu verdanken, der an diesem Sonntag 80 Jahre alt wird.
Großer Auftritt ist Prinzip
Lüpertz wird gerne als letzter „Malerfürst“ bezeichnen. Ein Titel, den er selbst einmal „widerlich“ nannte. „Bohemien“ findet er besser. Auf jeden Fall ist der große Auftritt sein Prinzip: Mit wehendem Mantel, Hemden mit Manschetten und einem Gehstock mit Totenkopf-Knauf trifft er zu Pressekonferenzen ein – wie etwa 2016, als ihm das Museum Küppersmühle in Duisburg eine Retrospektive unter dem Titel „Kunst, die im Wege steht“ widmete. Dazu muss man wissen, dass die dortige Privatsammlung Ströher das wohl größte Konvolut überhaupt an Lüpertz-Werken besitzt.

Der Künstler Markus Lüpertz wird am 25. April 80 Jahre alt. © picture alliance / dpa
„Kunst, die im Wege steht“, das betrifft tatsächlich oft die Bildhauerarbeiten des Meisters. Sein „Mozart“ wurde in Salzburg geteert und gefedert – aus dem Missverständnis heraus, öffentliche Kunst habe schön zu sein oder wenigstens niemanden zu stören.
Doch Lüpertz Kunst ist purer Ausdruck, die Oberflächen grob, die Farben krass. Alles strahlt Kraft aus. Das gilt auch für die Statuen des „Poseidon“ in Duisburg und des „Uranus“ in Essen. „Neo-expressiv“ wird diese Kunst genannt, die auf der Grenze zur Abstraktion balanciert. Sie hat Lüpertz unter die „Big Five“ der zeitgenössischen Kunst gebracht – neben Gerhard Richter, Sigmar Polke, Georg Baselitz und Anselm Kiefer.
Kunst muss nicht gefallen
„Kunst muss nicht gefallen, mit Kunst muss man sich auseinandersetzen“, sagt der Künstler selbst. Manchmal tun dies Gerichte, wie beim Rechtsstreit um ein von Altkanzler Gerhard Schröder gespendetes Buntglasfenster von Lüpertz für die Marktkirche in Hannover.
Künstler wurde er auf Umwegen. Als Kind mit seiner Familie 1948 von Böhmen nach Rheydt geflüchtet, scheiterte Lüpertz mit ersten Ambitionen. Aus der Lehre zum Maler für Weinflaschen-Etiketten flog er wegen „mangelnden Talents“. Er war an der Werkkunstschule Krefeld und bei der Fremdenlegion, er malochte unter Tage und wurde als Student an der Düsseldorfer Kunstakademie wegen einer Schlägerei exmatrikuliert. 1988 kehrte er an die Kunsthochschule zurück – als Rektor bis 2009.
Dass er seinen 80. Geburtstag nicht groß feiern kann, bedauert er. Doch seine Familie ist ihm ohnehin das Wichtigste. Dann trinkt er eben zu Hause mit seiner Frau Dunja und den Kindern ein Glas Wein. „Mein größter Wunsch? Nochmal 80 Jahre. Es ist schön, zu leben.“
Kultur ist eine Reise ins Abenteuer, und ich verstehe mich als Ihr Reiseführer. Welche Ausstellung in der Region ist super? Vor welchem Theaterstück muss ich warnen? Da nützt ein Magisterabschluss in Germanistik und Kunstgeschichte von der Ruhr-Uni Bochum nur bedingt. Mir hilft mehr, dass ich seit 1990 Journalistin und ein 1963 in Essen geborener Ruhrgebiets-Fan bin. Mein Ziel: Dass Sie mit unseren Tipps ihre Freizeit gut gestalten.
