„Liebes Kind“ Die psychopathische Welt eines Entführers

Von Kai-Uwe Brinkmann
„Liebeskind“: Die psychopathische Welt eines Entführers
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Wenn deutsche Serien bei Netflix Spitzenreiter sind, kann es ein Strohfeuer kurzfristigen Interesses vor heimischem Publikum sein. Der Sechsteiler „Liebes Kind“ dürfte sich in den Top Ten halten, weil hier Qualität zum Tragen kommt.

Isabel Kleefeld und Julian Pörksen (Drehbuch, Regie) haben den Krimi-Bestseller von Romy Hausmann verfilmt, als Psychothriller, der clever an der Spannungsschraube dreht und den Kitzel wirksam hochhält.

Beklemmende Eindrücke

Eine beklemmende Reise in die Welt eines Entführers, der sich in einem verrammelten Haus eine Familie hält. Die Kinder sind zwölf und zehn, kennen kein Tageslicht, nur Räume, wo sie mit einer Frau leben, die sie Mutter nennen.

Es ist ein Sujet wie im Kinodrama „Raum“, das 2015 die Klaustrophobie des Eingesperrtseins auslotete.

Zwang wird Normalität

Man könnte das Thema als Filmfantasie abtun, gäbe es nicht die Fälle Kampusch und Fritzl, wo das Böse ganz real Gestalt annahm.

Die Perversion des Täters überträgt sich in „Liebes Kind“ auf die Vorstellung zweier Geschwister, die ihr Zwangsdasein für normal halten.

Die Regeln des Gebieters

Kinder und Frau (Kim Riedle) wurden von ihrem Herrn und Gebieter abgerichtet. Er vergewaltigt die Frau, bedankt sich und geht wieder. Regelverstöße werden bestraft, Wohlverhalten mit Geschenken belohnt.

All das sehen wir in Rückblenden, die nie das Gesicht des Täters zeigen. Dessen Identität und Entlarvung sind nicht der einzige Quell der Spannung.

Trügende Freiheit

Frau und Tochter (Naila Schuberth) können fliehen, scheinen ihrem Peiniger aber weiter verpflichtet. Warum nur?

Hans Löw und Hailey Louise Jones spielen Polizisten, die ermitteln. Eine Serie mit atmenden Charakteren, lebendigen Dialogen, verblüffenden Wendungen, beunruhigend und fesselnd gut.

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