Hitzige Debatte um Bargeld-Aus „Das könnt ihr versuchen, wenn die Alten verstorben sind“

Leser kommentieren Abschaffung des Bargeldes: „Ja, unbedingt“ oder „Auf gar keinen Fall“
Lesezeit

Nach dem Kommentar unseres Redakteurs Ulrich Breulmann, der die Abschaffung des Bargeldes gefordert hatte, haben sich zahlreiche Leserinnen und Leser gemeldet und ihre Sicht der Dinge geschildert. Die einen sind empört, die anderen begeistert. Wir dokumentieren an dieser Stelle Leserzuschriften, teilweise in gekürzter Form.

Wir freuen uns über Ihre Meinung

Schreiben Sie uns – jedoch nicht mehr als 1.100 Zeichen inklusive Leerzeichen. Kürzungen behalten wir uns vor. Einsendungen mit Anschrift und Telefonnummer bitte an durchblick@rnw.press.

Matthias Herkt schreibt:

„,Einspruch, Euer Ehren!‘ Das Bargeld muss keineswegs weg. Geldautomaten sind ja erst die Folge massiver Personaleinsparungen. In den ,guten alten‘ Schalterräumen wurde kaum etwas weggesprengt. Man bekam an den Kassen nicht nur Bares, sondern dazu noch soziale Kontakte gratis.

Eine ähnlich schlechte Argumentation wäre, man solle die Deutsche Bahn abschaffen, weil auf unbeaufsichtigten Bahnsteigen oder in verwaisten Bahnhofsgebäuden immer mehr Vandalismusschäden zu beklagen sind. Auch dies eine Folge von Kostenreduktion beim Personal.

Wohin soll die ungehemmte Rationalisierung, Automatisierung und Digitalisierung denn noch führen? Alte Menschen mit eingeschränkter Mobilität wissen doch jetzt schon kaum noch, wo sie in erreichbarer Nähe an Geld kommen sollen. Sie sind aber noch mit Bargeld sozialisiert worden, können und wollen sich nicht mehr an den alltäglichen Umgang mit der Geldkarte gewöhnen, auch nicht mit dem Smartphone bezahlen, dessen Handhabung ihnen oft schwerfällt, und sie sind schon gar nicht mehr in der Lage, online banking durchzuführen.

Ich gehöre zwar zu denen knapp über 60, für die eine Umstellung auf komplett bargeldlosen Zahlungsverkehr intellektuell noch zu leisten wäre, aber ich bin so altmodisch zu glauben, dass ich mit Bargeld in der Tasche besser den Überblick über meine Ausgaben behalte als bei bargeldloser Zahlung.“

„Was ich nicht will, will ich nicht, egal wie sinnvoll es ist.“

Peter Dirkschnieder schreibt:

„Diesem Artikel ist wirklich nichts mehr hinzuzufügen. Leider scheitern wir in Deutschland nicht nur bei diesem Thema an unserem – mentalitätsbedingten? – Beharrungsvermögen. Was ich nicht will, will ich nicht, egal wie sinnvoll es ist.“

Ronald Schepull schreibt:

„Ich bin nicht ihrer Meinung, und das nicht weil ich ein Schwurbler oder Fanatiker bin. Ist ja immer leicht, in eine Schublade gesteckt zu werden, wenn man nicht derselben Meinung ist.

Ich stelle mir eher die Frage: Was passiert im Katastrophen- oder Kriegsfall? Was ist denn das Erste, was ausfällt? Strom, Funkmasten digitale Infrastruktur. Glauben Sie, im Ahrtal konnte man noch mit Karte zahlen? Oder in der Ukraine?

Natürlich sind die Banken an der Abschaffung des Bargeldes

interessiert. Es fallen Kosten weg! Für den Kunden hat es keine Vorteile. Zwei Möglichkeiten Geldgeschäfte abzuwickeln sind doch wohl besser als eine.“

Zustimmung kommt von Ex-Dortmunder aus Schweden

Jochen Kwast, ein seit langem in Schweden lebender Ex-Dortmunder, schreibt:

„Habe soeben Ihren Beitrag zum Bargeld gelesen. Zustimmung! Sie erwähnten Norwegen, aber hier in Schweden ist es ja ähnlich.

Wobei: Hier ist selbst die Kartenlösung nicht mehr so innovativ. Neben den bekannten bargeldlosen Zahlungen mit z. B. Apple-Pay oder G-Pay haben die fünf großen Banken im Land mit „Swish“ ein Zahlungssystem etabliert, das keine Lesegeräte oder Anschlussgebühren erfordert.

Das geht recht simpel: Man verbindet sein Konto mit einer Mobil-Nummer und transferiert in Sekundenschnelle Geld von A zu B. PIN-geschützt.

Das hat bisher auch zu keiner Folgewirkung („Gläserner Mensch“) für mich geführt. Im Gegensatz zum Surfen im Netz. Da wird brav nach meinen bisher erkannten Interessen selektiert und es werden Angebote unterbreitet. Das empfinde ich im übrigen sogar als hilfreich. Mir wird nichts mehr angeboten, was mich offenbar nicht interessiert.

Ich habe dann in der Verbrechensstatistik nach ,Sprengung von Bankomaten‘ (so heißen die hier, und es sind nur noch wenige, an Einkaufszentren gebundene, übrig) gefahndet, aber nichts gefunden.“

Peter Rümenapp aus Unna schreibt:

„Ihrer ganz persönliche Sicht auf das Bargeld kann ich nur zustimmen. Ich denke, dass die Banken irgendwann in nicht ganz ferner Zukunft Gebühren auf das Bargeldabheben erheben werden, um hiermit die Kunden dazu zu bringen, zu sparen.

Der nächste Schritt wird dann die Abschaffung der Automaten sein. Hier wird auch die Politik gefordert sein, damit genau diese Geldscheffelei nicht ausufert. Die Banken werden ohnehin erst ,schlau‘, wenn die Schäden durch Automatensprengungen nicht mehr sozialisiert werden können, sondern von jeder Bank individuell zu tragen sein werden, ohne dass diese auf die Bankkunden abgewälzt werden können.“

„Gitter, Stahlplatte und eine schrille Alarmanlage“

Hannelore Gabriel schreibt:

„Ihr Artikel hat mich sehr verärgert! Nein, das Bargeld muss nicht weg. Es gibt sehr viele Gründe, es zu behalten. Allerdings müssten die Banken durchaus Vorsorge betreiben zum Erhalt ihrer Geldautomaten.

Technisch bin ich nicht sonderlich versiert, mein Vorschlag wäre aber dieser: Zugang zu den Geldautomaten bis 23 oder 24 Uhr. Danach müsste sich automatisch ein einbruchsicheres Gitter oder sogar eine Stahlplatte herablassen. Die Täter, (zumeist aus Osteuropa), würden hierdurch unverrichteter Dinge wieder verschwinden. Ganz gewiss würden die sich am Eingang nicht mit Schweißgeräten zu schaffen machen.

Gitter oder Stahlplatte sollten mit einer schrillen Alarmanlage ausgestattet werden, fernerhin, dass ein Direktkontakt zur Polizei gegeben ist.

Ihre Ansichten bzgl. Smartphone etc. sind richtig. Das Eine hat aber mit dem Anderen nichts zu tun. Selber habe ich nur ein sogenanntes ,Seniorenhandy‘ ohne jegliche Finessen. Mein Tablet benötige ich hauptsächlich für E- Mails, das Internet

lediglich für Informationen. Das Bargeld muss uns aber erhalten bleiben!“

Hermann Terglane aus Heek schreibt:

„Danke ihnen Herr Breulmann, man muss schon einmal genau darüber nachdenken und dann kommt man auf die richtige Lösung.

Sicher wollen wir alle nicht gläsern sein, deswegen zögern wir „Deutschen“ auch so lange. Ihr Vorschlag trifft den Kern und genau die ganze Kriminalität. Wofür brauchen wir Bargeld, wenn wir doch nichts zu verbergen haben?

Ich habe auch nichts dagegen, ordentlich viel Steuern zu bezahlen. Dann habe ich auch ordentlich viel verdient.“

„Drei Gründe gegen die Abschaffung des Bargeldes“

Christa Dehne schreibt:

„Heute will ich dem Grundgedanken Ihres Artikels widersprechen. Für mich sprechen zumindest drei Gründe gegen die Abschaffung des Bargeldes.

1. Gerade bei einfachen Modellen des Girokontos ist das bargeldlose Zahlen ein erheblicher Kostenfaktor, so berechnet z.B. die Sparkasse Bergkamen-Bönen bei diesem Kontomodell für jeden Zahlvorgang mit der Debitkarte 0,41€; 10 Zahlvorgänge summieren sich also bereits auf 4,10€. Gerade Menschen mit wenig Einkommen haben nicht die Möglichkeit, ein günstigeres Girokonto zu wählen.

Leider habe ich mehrfach erlebt, dass Menschen mit geringem Einkommen bei nicht gedecktem Guthaben schnell erhebliche Gebühren zahlen müssen.

2. Dies ist ein Grundproblem: Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, verlieren beim bargeldlosen Zahlen leicht den Überblick über ihre finanzielle Situation, das kann zu einer Überschuldung führen. Für Kinder und Jugendliche ist es viel leichter mit Bargeld den Umgang mit Geld zu erlernen.

3. Leider werden beim bargeldlosen Zahlen zurzeit noch zu viele Daten erfasst, die nicht genügend geschützt sind.

Wir brauchen also Bezahlsysteme, die erstens deutlich geringere Kosten für den Nutzer haben und ihm jederzeit einen Überblick über den Kontostand geben. Ob Giropay oder ein anderes Zahlsystem dies ermöglicht, ist mir nicht bekannt.“

„Haben Sie auch an die älteren Menschen gedacht?“

Friedhelm Berchem schreibt:

„Haben sie auch schon mal an die älteren Menschen gedacht? (...) Ich mit meinen 82 Jahren kann für meinen Gebrauch mit einem Computer umgehen, meine Frau z.B. würde solch ein Gerät niemals anpacken und dann? Das mit dem Geld-Abschaffen könnt ihr mal in 20 bis 30 Jahren versuchen, wenn die Alten verstorben sind.“

Johannes Ebert schreibt:

„Soviel ich weiß, hätten die bisher aufs Bargeld fixierten Verbrecher bestimmt einen Weg gefunden, an unser Geld zu kommen. Zum Beispiel weiß ich aus meinem weiteren Bekanntenkreis, dass sie einen Karteninhaber überfallen, ihn per Folter zur Nennung seiner PIN gezwungen haben, sein Konto leergeräumt haben und den Bekannten im Dortmund-Ems-Kanal ersäuft haben

Der Fall liegt zwar schon Jahrzehnte zurück. Es handelte sich um einen Physiotherapeuten aus der Dortmunder Innenstadt. Die Räuber sind damals glücklicherweise gefasst worden über das Foto, das von einem der beiden beim Abheben von Bargeld an einem Automaten angefertigt worden ist. Eine ehemalige Freundin – ich meine, sie wohnte in Werne – eines der beiden Verbrecher hat ihn identifiziert.

Die Zerstörung des Bargeldes bei einem solchen Explosions-Einbruch wäre mir – allerdings aus Angst und Feigheit vor Verbrechern dieser Art – die bessere Lösung. Das Idiom ,Bargeld lacht‘ hat seine Berechtigung und klingt auch sehr sympathisch und wird von Angsthasen meiner Art gern gebraucht.“

Marion Edelhoff schreibt:

„Ich bin gestern an unserem Bundesbankbunker vorbeigefahren und auch wenn ich Ihre Ansicht, Bargeld komplett abzuschaffen, nicht ganz teile, inspirierte mich das gerade dazu nachzuschauen, was die Kiste eigentlich gekostet hat. Eröffnet 2021, Kosten 300 Mio. – wenn man zugrunde legt, dass diese Filiale 12 Mio. NRWler versorgt, wie die Bundesbank schreibt - also immerhin 25 € pro Nase.

Die müssen sich erst einmal amortisieren, bevor man in Kürze staatlicherseits weitere (hunderte?) Mio. in die Hand nimmt bzw. nehmen muss, um die von Ihnen zu Recht geforderten (Daten-)Schutzmaßnahmen bei virtuellen Zahlungen umzusetzen! Und was machen wir dann mit diesem Hochsicherheitsschloss? Wir könnten schon einmal Ideen sammeln, um vorbereitet zu sein…“

Ferdinand Potthast schreibt:

„Ich habe schon 2021 einen Leserbrief geschrieben: In Holland hat man ein Verkleben der Geldscheine eingesetzt. In Deutschland behaupten die Banken/Sparkassen, es wäre zu teuer.

Es werden sämtliche Schäden von Versicherungen bezahlt, und man kann Zweigstellen schneller schließen. Das ist die Absicht der Banken/Sparkassen! Man könnte meinen, dass eventuell Menschenleben nicht mehr geschützt werden.“

„Meine Lieblingsfrage, die mir ein Handwerker stellen darf: Sammelst Du Papier?“

Egbert Lohrmann aus Dortmund schreibt:

„Bargeld muss bleiben, die Banken und Sparkassen verdienen genug um ihre Geldautomaten für Verbrecher uninteressant zu machen. Kleines Beispiel. Ich erhalte den unheimlichen Einlagenzins von 0,001 Prozent, die Sparkasse Dortmund verlangt für einen Überziehungskredit 11,16 Prozent, also das 11.165fache ihres Einstandspreises.

Dieser räuberische Staat plündert mich gläserne Person gerade aus einer Direktversicherung, die aus meinem Nettogehalt erspart wurde, um ca. 12.500 Euro.

Als Hausbesitzer ist meine Lieblingsfrage, die mir ein Handwerker stellen darf: Sammelst Du Papier? Im Ergebnis mindert das meine Kosten um ca. 25 bis 30 Prozent und ist nur mit Bargeld möglich. Die Frage soll feststellen, ob ich eine Rechnung wünsche.

NRW verlangt die höchste Grunderwerbssteuer mit 6,5 Prozent, da hilft nur Bargeld (oder kennen Sie den Trick mit der Geldübergabe im Notartermin nicht?). Zur Erinnerung: Bei der Grunderwerbsteuer wird auch die Tapete an der Wand und das Parkett auf dem Fußboden der Immobilie mit versteuert.

Alle Ihre aufgezählten Möglichkeiten, den Bürger ohne Bargeld weniger gläsern zu machen, sind zum Scheitern verurteilt, wenn Politik das Bargeld beseitigt hat, werden diese Stück für Stück zurückgeführt.

Suchen Sie sich doch mal einen PKW von einem Privatanbieter und besprechen Sie mit diesem an einem Wochenende die sofortige Mitnahme des Autos? Ohne Bargeld unmöglich.“

Dieter Grajetzki schreibt:

„Ich gebe Ihnen völlig Recht und ich denke wie Sie, aber ich sehe in meinem Bekanntenkreis noch viele Leute, die nie mit Karte zahlen und Angst vor dem gläsernen Bürger haben – wir Deutsche sind, wie in vielen anderen technischen Dingen, leider noch von vorgestern und zu ängstlich. Was also tun?

Lassen wir diesen Angsthasen doch die Möglichkeit, sehr kleine Beträge, vielleicht bis 50 Euro, weiterhin bar zu bezahlen. Größere Summen sollten nur noch bargeldlos zahlbar sein, um die Kriminalität zu bekämpfen.

Im Gegenzug muss aber jeder kleine Händler und Gastwirt verpflichtet werden, kontaktloses Zahlen zu ermöglichen, und zwar auch mit Kreditkarte und nicht nur mit Maestro (das ja bald verschwindet). Ich kann in Haltern noch immer nicht überall ohne Bargeld bezahlen und das ärgert mich.“

„Bitte etwas Zurückhaltung mit voreiligen Einschätzungen“

Martin Schreckenschläger schreibt:

„Das Risiko, dass kriminelle Banden, Banken, der Staat selbst oder auf volkswirtschaftlichen Schaden erpichte Dritte beim virtuellen Geld Schaden anrichten, ist ungleich höher.

Ein gewisser Anteil Bargeld sollte schon noch bleiben. Und der Zwang zum Smartphone, dem Einfallstor aller Hacker, ist auch keine Lösung für die allgemeinen Zahlungsmöglichkeiten. Also bitte: etwas Zurückhaltung mit voreiligen Einschätzungen!“

Axel Bruns schreibt:

„Auch mit diesem Artikel haben Sie mir aus dem Herzen gesprochen. Schon zum zweiten Male.“

Gesprengte Geldautomaten und andere Verbrechen: Die einzige Lösung: Das Bargeld muss weg

WDR kassiert pro Jahr 1,2 Milliarden Euro Gebühren : Was macht Tom Buhrow mit unserem Geld?

Rahmede-Talbrücke in Lüdenscheid wird gesprengt: Alle Infos zur Sprengung