Kunstmuseum Bochum zeigt Bilder von Charlotte Salomon

Ausstellung

Bild an Bild zieht sich ein langer Streifen durch das Kunstmuseum Bochum. 278 Blätter - bemalt und beschrieben von Charlotte Salomon innerhalb von nur zwei Jahren. Jedes Blatt zeigt eine Szene, ein Gefühl, einen Kommentar ihres Lebens. Zusammen ist es viel mehr als eine gemalte Biographie.

BOCHUM

, 26.02.2015, 18:12 Uhr / Lesedauer: 1 min
»Lieben Sie mich eigentlich?« von Charlotte Salomon

»Lieben Sie mich eigentlich?« von Charlotte Salomon

Natürlich hat man die Geschichte der jungen Frau vor Augen, die 1943 mit nur 26 Jahren im KZ Auschwitz ermordet wurde. Doch es ist ihre große künstlerische Kraft, weshalb sowohl das Kunstmuseum als auch das Musiktheater im Revier Gelsenkirchen das insgesamt rund 1300 Blätter umfassende Werk zum Anlass für Ausstellung und Ballett genommen haben.

Glück und Liebe

Fast naiv sind die ersten unbeschwerten Szenen aus der Jugend in Berlin. Doch schnell dringt der Tod ein. Viele Frauen der Familie – Tante, Mutter, Großmutter – brachten sich um. Charlotte Salomon malt das offene Fenster, aus dem sich die Mutter stürzte, die Mutter, wie sie verrenkt am Boden liegt. Indem sie diese Erlebnisse künstlerisch transformiert, kann sie sie verarbeiten. „Leben? Oder Theater?“ betitelt sie selbst ihr Werk.

Später sieht der Betrachter das Glück, das die Stiefmutter ins Haus bringt, die Liebe, erste Verhaftungen. Van Gogh, Matisse, Munch, Michelangelo – unbeschwert bedient sich die Künstlerin, die in Berlin Kunst studiert hatte, vieler Stilrichtungen. Großes Mitgefühl, aber auch Ironie und Sarkasmus sprechen aus den Bildern.

Exil in Südfrankreich

Künstlerbücher sind heute nichts ungewöhnliches mehr. 1940, als Charlotte Salomon mit ihrer Serie im Exil in Südfrankreich begann, war das noch neu. Sie schreibt Texte in ihre Bilder, Kommentare, Zitate, manches erinnert an Regieanweisungen. Zu einigen Blättern gibt sie Musiktitel vor von Bach bis zum Schlager. Auch das macht ihr Werk einzigartig. Bislang wurde es meist in historischen Museen gezeigt.

Museumsdirektor Hans Günter Golinski sieht die Gefahr, dass sie wie andere jüdische Künstler auf die Rolle des Opfers reduziert wird und „einen zweiten, einen künstlerischen Tod stirbt“. Er betont: „Sie soll als Künstlerin gesehen werden, nicht als malende Anne Frank.“

David Foenkinos liest am 17. März gemeinsam mit der Schauspielerin Johanna Freya-Sembritzki aus seinem mit dem Prix Renaudot ausgezeichneten Roman „Charlotte“, der im September auch auf Deutsch erscheint. Eigens dazu reist die Klasse eines Gymnasiums aus Frankreich an.
Das Ensemble des Balletts im Revier Gelsenkirchen tanzt am 21. Mai in der Ausstellung Auszüge aus Bridget Breiners Ballett „Charlotte Salomon: Der Tod und die Malerin“.
Franz Weisz stellt am 15. Mai seinen Film „Charlotte“ vor, der 1980 entstand.
Kunstmuseum Bochum, 28.2. (Eröffnung 17 Uhr) bis 25.5., Di-So 10-17 Uhr, Mi 10-20 Uhr.
Aufführungen des Charlotte-Salomon-Balletts im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen: 7. / 29. März und 23. April.