Kulturszene protestiert - AfD zieht sich aus Ruhrfestspielhaus zurück

© Siegersbusch/Grischa Windus

Kulturszene protestiert - AfD zieht sich aus Ruhrfestspielhaus zurück

rnStreit ums Ruhrfestspielhaus Recklinghausen

Riesiger Erfolg für Kulturszene und Gewerkschaften: Ein umstrittener Parteitag findet am Sonntag (24.1.) nicht im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen statt. Die Proteste haben wohl gewirkt.

von Thomas Bartel, Bettina Jäger

Recklinghausen

, 22.01.2021, 20:14 Uhr / Lesedauer: 2 min

Nachdem Olaf Kröck als Intendant der Ruhrfestspiele und Johan Simons als Intendant des Schauspielhauses Bochum sowie viele andere gesellschaftliche Gruppen protestiert hatten, hat die Alternative für Deutschland (AfD) ihren Wahlparteitag an diesem Sonntag (24.1.) im Ruhrfestspielhaus abgesagt.

Die Stadt Recklinghausen hatte den Mietvertrag für den Saal Kassiopeia am Freitagmorgen gekündigt, aber die AfD kündigte Rechtsmittel an. Zunächst stand eine Klage der Partei vor dem Verwaltungsgericht im Raum. Am Abend teilte die Stadt Recklinghausen dann mit, dass die Partei nach intensiven Gesprächen mit der Stadtspitze die Kündigung akzeptiert und die Versammlung im Ruhrfestspielhaus abgesagt habe.

Stadt verspricht Räume für den 14. Februar

Weiter hieß es: „Stattdessen wird die Stadt für den 14. Februar eine geeignete andere Veranstaltungsstätte an die AfD vermieten.“ Bürgermeister Christoph Tesche betonte: „Ich bin froh, dass es uns gelungen, die AfD davon zu überzeugen, nicht im Ruhrfestspielhaus zu tagen. Wir werden aber damit leben müssen, dass eine Partei die demokratisch auf allen Ebenen in die Parlamente gewählt worden ist, auch in unserer Stadt Versammlungen abhalten darf.“

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Olaf Kröck hatte zuvor kein Blatt vor den Mund genommen. „Ein Wahlparteitag der AfD, einer Partei, die rechtsextreme Positionen und Strukturen aufweist, und die in ihrem Programm für die Abschaffung der Vielfalt in Kunst und Kultur eintritt, im Ruhrfestspielhaus ist für uns nicht tragbar“, schrieb er in seiner Stellungnahme.

Zuerst war Gleichbehandlung ein wichtiges Argument

Die Stadt Recklinghausen hatte zuerst argumentiert, ihre Tochter-Firma Vestisches Cultur- und Congresszentrum (VCC) habe die Anfrage der rechtspopulistischen Partei nicht ablehnen können. Paragraf 13.2 der Corona-Schutzverordnung lasse solche Vorbereitungsveranstaltungen zur Bundestagswahl am 26. September ausdrücklich zu, so Stadtsprecher Hermann Böckmann. Schließlich sei das Ruhrfestspielhaus in der Vergangenheit schon häufig Ort von Parteitreffen gewesen – und „da gilt das Gebot der Gleichbehandlung“.

Tatsächlich hatte sich die AfD 2017 erfolgreich in die Oberhausener Stadthalle eingeklagt, 2017 in Münster die Nutzung einer Schul-Aula vor Gericht erstritten und war 2019 auch erfolgreich gegen die Stadt Bochum vor das Verwaltungsgericht gezogen, weil diese die Jahrhunderthalle nicht zur Verfügung stellen wollte.

AfD gab keine Auskunft über die Wahl

Vom AfD-Kreisverband gab es übrigens auf Anfrage keine Auskunft darüber, über welche Kandidaten bei dem Wahlparteitag abgestimmt werden sollte. Auch die Frage, ob Spitzenpersonal in Recklinghausen auftreten werde, blieb unbeantwortet.

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Johan Simons, Intendant des Schauspielhauses Bochum, hatte ebenfalls Stellung bezogen. „Das Schauspielhaus Bochum sieht mit großer Besorgnis auf die Vorgänge im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen.“

„Wir distanzieren uns von dieser Entscheidung der Stadt Recklinghausen“, hieß es auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Emscher-Lippe. Der DGB ist eng mit dem Festival verbunden und trägt einen Teil der Kosten.

Festspielhaus soll „Burg freiheitlichen Seins“ sein

Was die Protestierenden allesamt besonders geärgert hatte, war der Zusammenprall der AfD mit der besonderen Geschichte des Gebäudes. Das Ruhrfestspielhaus wurde 1965 errichtet, eine Inschrift nennt es eine „Burg freiheitlichen Seins.“

Olaf Kröck: „Die Ruhrfestspiele stehen selbst für Solidarität, Diversität, Freiheit, Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Das Ruhrfestspielhaus ist weithin sichtbares Symbol genau für diese demokratischen Werte.“

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