Kommunen verdienen mehr mit Blitzern

Auch private Firmen beteiligt

Für die Kommunen und Kreise sind sie lukrative Einnahmequellen: Stationäre und mobile Blitzer bringen ihnen teils Millionen ein, Tendenz steigend. Dabei bedienen sie sich auch eines Tricks: Die Geräte werden nicht mehr gekauft. Stattdessen werden sie von privaten Firmen betrieben - und die verdienen ordentlich mit.

von Benedikt Reichel, Jan Falk

NRW

, 26.09.2014, 06:30 Uhr / Lesedauer: 2 min
Geschwindigkeitskontrolle ist vielerorts zu einem lukrativen Geschäftsfeld für Kommunen geworden.

Geschwindigkeitskontrolle ist vielerorts zu einem lukrativen Geschäftsfeld für Kommunen geworden.

Neue Regelung in NRW

Seit das Innenministerium vor gut einem Jahr die Regeln für „Starenkästen” in den Städten und Gemeinden gelockert hat, steige die Zahl der Blitzeranlagen, berichtet Michael Mertens, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW.

Zuvor durften die städtischen Ordnungsämter ihre Radarfallen nur an Unfallschwerpunkten oder vor Schulen und Kindergärten aufstellen. Inzwischen ist der Blitzer an allen „Gefahrenstellen” erlaubt - also überall dort, wo potenziell zu schnell gefahren wird. 

Neue Regelung in NRW

Seit das Innenministerium vor gut einem Jahr die Regeln für „Starenkästen” in den Städten und Gemeinden gelockert hat, steige die Zahl der Blitzeranlagen, berichtet Michael Mertens, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW.

Zuvor durften die städtischen Ordnungsämter ihre Radarfallen nur an Unfallschwerpunkten oder vor Schulen und Kindergärten aufstellen. Inzwischen ist der Blitzer an allen „Gefahrenstellen” erlaubt - also überall dort, wo potenziell zu schnell gefahren wird. 

Das Problem: Bezahlt werde Jenoptik „pro verwendbarem Foto mit einer Pauschale“, sagt Jochem Manz, Sprecher des Kreises Recklinghausen. Drei „Starenkästen” im Kreis werden seit April 2013 von Jenoptik gestellt – in Castrop-Rauxel, Haltern und Waltrop. Wie hoch die Foto-Pauschale ist, dürfe er nicht sagen, so Manz. Doch seit Beginn der Kooperation seien 360.000 Euro an Jenoptik überwiesen worden. Im Schnitt also etwa 7000 Euro pro Monat und Blitzer. Zum Vergleich: Die Anschaffung einer eigenen Kamera würde laut Manz mit bis zu 50.000 Euro zu Buche schlagen. Diesen Betrag hätte der Kreis Recklinghausen nach einem halben Jahr wieder drin. Der private Anbieter übernehme aber auch noch die Wartung der Geräte sowie die Auswertung der Daten – und entlaste damit die auch personell oft eng besetzten Kommunen, so das Argument.

„Dieses Modell wird Schule machen”, sagt Michael Mertens, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW. Die Gewerkschaft spricht von einem schleichenden Privatisierungsprozess und befürchtet, dass dadurch die Akzeptanz der Verkehrskontrollen weiter sinkt. „Städte und Gemeinden sanieren mit den Einnahmen aus immer mehr Blitzanlagen ihre Haushalte“, ist man dann auch bei der Bürgerinitiative „Gemeinsam gegen Blitzerabzocke“ überzeugt. „Drumherum hat sich eine Subkultur von gewinnorientierten, privaten Blitzer-Firmen gebildet, die kräftig mitverdienen.“ Wie weit fortgeschritten diese Praxis schon ist, lässt sich nur schwer sagen - die Beteiligten wollen meist nicht darüber reden. Viele Städte, etwa Dortmund, Essen und Münster, bestreiten, auch von privat blitzen zu lassen oder dies zu planen.

Doch insgesamt 600 stationäre Blitzer will man bei Jenoptik in den vergangenen Jahren in NRW installiert haben – wie viele davon an die Kommunen verkauft wurden, wie viele selbst weiter betreut werden, möchte man nicht preisgeben.  Doch geht es dabei eigentlich noch um die Sicherheit oder nur noch ums Geld? In Rheine, wo seit April drei Blitzer durch Jenoptik betrieben werden, verweist man auf die deutlich gesunkene Quote an Geschwindigkeitsüberschreitungen im Bereich der installierten Blitzer. Es gehe absolut um die Verkehrssicherheit, versichert Michael Kramer, Fachbereichsleiter Recht und Ordnung der Stadt. Der Kreis Recklinghausen betont, man habe ja nur bestehende „Starenkästen” durch Jenoptik ersetzen lassen.

Die Auswahl der Standorte bleibe in der Hand der Städte, versichert auch Jenoptik. Andererseits wirbt man dort mit „umfangreiche Dienstleistungen, die alle Prozesse der Verkehrsüberwachung vollständig abdecken“, etwa die „Planung von geeigneten Messplätzen“. "Pro Verkehrstechnik" verspricht zudem, die Kommunen bei einem "unauffälligen Messaufbau an der Messstelle" zu unterstützen. In Dortmund lagen die Einnahmen der Geschwindigkeitskontrollen im Jahr 2012 übrigens fast 40 Prozent über den Ausgaben - auch ohne private Betreiber. Eine dreiviertel Million Euro blieben demnach für die Stadtkasse übrig. Auch in den nächsten Jahren plant die Stadt mit 37 Prozent Blitzer-Gewinn für ihren Haushalt.