Kombitest gegen Corona, RSV und Grippe Wie sinnvoll ist er?

Von Irene Habich
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Die Erkältungswelle hat Deutschland weiterhin fest im Griff. Allein anhand der Symptome lässt sich in der Regel nicht sagen, welcher Erreger dahinter steckt, wenn Husten, Schnupfen und Fieber auftreten. Ein Hamburger Unternehmer vermarktet nun einen Test für den Heimgebrauch, mit dem man sich auf vier unterschiedliche Viren gleichzeitig testen kann.

Liegt eine Infektion mit Influenza A oder B vor? Eine Coronavirus-Infektion? Oder doch eine Infektion mit dem respiratorischen Synzytialvirus? Genau das soll der Test erkennen können. Aber wie zuverlässig sind die Ergebnisse – und wie sinnvoll ist der Kombitest, um gerade Infektionen bei Kindern richtig einordnen zu können?

Gleiches Testverfahren wie beim Corona-Test

Combo4test nennt der Anbieter das Testkit, das 4,95 Euro kostet und für den Vertrieb in der EU zertifiziert ist. Es funktioniert nach dem gleichen Prinzip, wie herkömmliche Corona-Schnelltests. Nachgewiesen werden Antigene, also typische Proteine der jeweiligen Erreger. Dazu muss ein Tupfer in beide Nasenlöcher eingeführt werden, anschließend gibt man ihn in ein Probenröhrchen mit Flüssigkeit. Die Flüssigkeit wird schließlich auf zwei Teststreifen aufgetragen. Einer davon reagiert bei Infuenza A und B, der andere, wenn Antigene von Sars-CoV-2 oder RS-Viren enthalten sind. Nach 15 Minuten kann das Ergebnis abgelesen werden. Anhand der Anzahl und Position der Balken, die auf dem Testkit erscheinen, lässt sich ableiten, welcher Erreger vorliegen könnte.

Dass mit dem Testkit auf mehrere Erreger gleichzeitig getestet wird, bedeutet nicht automatisch, dass er ungenauer wäre als andere Schnelltests. Generell sind Antigentest für den Heimgebrauch aber weniger genau als ein PCR-Test im Labor. Die Reaktion auf Influenza oder RS-Viren wurde laut Hersteller an Proben von 452 symptomatischen und asymptomatischen Personen getestet, die Reaktion auf das Coronavirus anhand von 560 Proben. In der Packungsbeilage sind die sogenannten Konfidenzraten angegeben: Aus ihnen lässt sich ableiten, wie zuverlässig ein Test im Vergleich zu einem PCR-Test eine positive oder negative Probe erkennt.

Test ist „völlig entbehrlich“

Eine Influenza-A Nachweis gelingt mit dem Antigen-Nachweis demnach genauso gut wie mit einem PCR-Test, beim Coronavirus erkennt der Test nur 89 Prozent der Proben, bei denen ein PCR-Test anschlagen würde, richtig als positiv. Bei den anderen Erregern liegen die Werte dazwischen. Negative Proben erkennt der Test nach Herstellerangaben jeweils in mindestens 99 Prozent der Fälle, in denen auch ein PCR-Test negativ ausschlagen würde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Genauigkeit immer auch vom Tag abhängt, an dem der Test durchgeführt wird. Ist die Virenlast zu Beginn einer Infektion noch gering, kann diese noch nicht nachgewiesen werden. Und: Die Werte wurden unter Laborbedingungen ermitteln. Beim Heimgebrauch kann es leicht zu Fehlern bei der Anwendung kommen, die das Ergebnis verfälschen.

Auch in der Packungsbeilage steht daher, ein negatives Testergebnis schließe eine Infektion nicht aus. Der Test sei auch „kein Ersatz für eine ärztliche Konsultation“. Daher stellt sich die Frage, welchen Nutzen der Test im Alltag bietet. Der Hersteller wirbt damit, dass dieser Gewissheit geben soll: „Der vierfache Nachweis gibt die erforderliche Sicherheit, ob es sich bei etwaigen Symptomen um eine harmlose Erkältung oder einen schweren Infekt handelt“, heißt es auf seiner Internetseite. Er verweist auch darauf, dass für Kinder mit geringem Immunschutz das RS-Virus eine „ernstzunehmende Gefahr“ darstelle.

Tanja Brunnert, Pressesprecherin beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), hält den Test hingegen für „völlig entbehrlich“. „Wir behandeln keine Laborwerte, sondern Krankheiten“, so Brunnert. Ob ein Kind dem Arzt oder der Ärztin vorgestellt wird, müssten Eltern anhand der Symptomatik entscheiden. „Hierfür ist es völlig unwichtig, welcher dieser Erreger die Symptomatik bedingt“, sagte Brunnert. „Dazu kommt, dass zum Beispiel RSV bei älteren Kindern ja nur Beschwerden der oberen Luftwege macht und diese Kinder in aller Regel nicht ernsthaft krank sind.“

Positiver Test sagt noch nichts über Krankheitsverlauf aus

Tatsächlich verlaufen auch die allermeisten Infektionen mit Omikron oder Influenza eher mild. Ob ein schwerer Verlauf droht, lässt sich anhand der Tests nicht bestimmen und hängt von anderen Faktoren ab, wie dem allgemeinen Gesundheitszustand und dem Alter der Erkrankten. Oder davon, ob es zum Beispiel zu bakteriellen Sekundärinfektionen kommt, die mit dem Virentest ohnehin nicht erkannt werden.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (Iquig) und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) geben Empfehlungen dafür, ab wann Eltern mit einem kranken Kind zum Arzt gehen sollten. Ein positiver Test auf einen bestimmten Erreger ist noch kein Grund dazu, wenn es dem Kind ansonsten gut geht. Ist ein Kind hingegen so krank, dass es zum Arzt oder zur Ärztin muss, können diese, wenn nötig, den richtigen Test veranlassen.

Auch mit dem Schutz vor Ansteckung werben die Vertreibenden des Tests: „Schützen Sie sich und Ihr Umfeld mit Combo4 vor vermeidbaren Ansteckungen. Regelmäßige Tests mit Combo4 beugen unerwünschten Erkrankungen vor“, heißt es auf der Seite. Sicher verhindern lassen sich Ansteckungen durch die Tests allerdings nicht, schon weil Infektionen im frühen Stadium nicht immer erkannt werden können. Regelmäßige Combo4test würden zudem schnell teuer. Anders als ein Test, den Arzt oder Ärztin angeordnet haben, wird dieser nicht von den Krankenkassen bezahlt.

RND

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