
An seinem Apfelbaum kennt Papatastisch-Autor Thomas Raulf jeden Zweig. Es fällt sofort auf, wenn einer abbricht. Verdächtig: Wieder mal ein Fußball-Angriff? © Raulf
Amsel-Angriffe und fiese Fußbälle: Machtkampf in unserem Garten
Kolumne Papatastisch
Apfelbäume werden mit Fußbällen beschossen, im Gemüsebeet buddeln Vögel, wertvolles Unkraut wird ständig bedroht durch die Terrassenordnung. Wem gehört eigentlich der Garten?
Unseren Garten teilen sich Tiere und Menschen mit den unterschiedlichsten Interessen. Alle werden geduldet, auch wenn die einen unser Gemüsebeet auf den Kopf stellen und die anderen wertvolles Obstgehölz beschießen.
Kennen Sie Adlerauge? Es ist ein selbst erfundenes Trampolin-Ballspiel. Kind 1 hüpft, Kind 2 (je nach Mitspielerzahl auch 2, 3, 4 usw.) wirft einen Ball aufs Trampolin. Schafft es Spieler 1 einmal nicht, ihn wegzuschlagen, -kicken oder -köpfen, sodass der Ball das Trampolin berührt, muss er raus und ein anderer darf auf die Hüpf-Fläche und sich bewerfen lassen.
Vorsicht, scharf geschossene Fußbälle
Diese Bälle können mächtig hoch und weit fliegen. In letzter Zeit habe ich öfter mal abgebrochene Zweige an meinem schönen Apfelbaum entdeckt. Ich kenne an meinem Heiligtum jeden Trieb persönlich, da können die nichts verstecken. Mit dem Beweisstück in der Hand bitte ich die Kinder dann zur Anhörung. „Das war ich nicht. Dieses Mal echt nicht...“ Jaja, ist klar. Ich weiß gar nicht, wie viele Lederbälle ich schon versteckt habe, damit die Kinder nur die leichten Plastikbälle nehmen. Und Fußball soll erst recht nicht gespielt werden, wo etwas kaputtgehen kann, verstanden? Das Versprechen hält nur so lange, bis unser Superkicker seine Jungs zum Spielen da hat. Da kriegt auch schon mal das frisch besiedelte Insektenhotel einen Treffer ab. Aber man kann ja auch nicht ständig aufpassen. Und an sich ist es doch toll: Die Kinder spielen draußen, herrlich nicht-digital.

Manchmal wünschte ich, die Kinder würden im Garten nur mit diesen kleinen Plastikbällen herumspielen. Das hätte zwar wenig Sinn, würde aber auch nichts kaputtmachen. © Udo Hennes
Auch die Kids müssen mit Kompromissen leben: Einen Baum musste ich letztes Jahr turntechnisch außer Betrieb nehmen. Er dient eigentlich als einer von zwei Masten für eine Ninja-Line. Das ist ein stramm gespannter Gurt, an dem verschiedene Griffe zum Hangeln hängen. Ein tolles Sportgerät. Nur fanden Wespen diesen Baum zuletzt auch toll. In einem Vogelnistkasten hatten sie ein Nest gebaut. Also: Ninja-Verbot – zu gefährlich für die Kinder und für die Insekten, die wir natürlich dulden, wenn es eben geht. Schade: Von den richtig großen Bäumen haben wir nur einen. Das ist im Moment also leider Pech für die kleinen Ninjas: Papa hat den Baum gesperrt.
Amsel-Angriff auf das Gemüsebeet
Wir müssen teilen, Leute. Auch mit Vögeln. Wenn sie an den Äpfeln picken, die es trotz Fußballangriffen durch den Sommer geschafft haben: Was soll‘s? Aber jetzt im Frühjahr war ich sauer. Die Kinder hatten sich echt Mühe gegeben beim Einsäen in unserem Gemüse-Hochbeet. Und am nächsten Tag war alles umgegraben. Amsel-Angriff auf die lockere Erde. Da hilft nur ein Vogelnetz, sonst wird aus den Radieschen nichts.

Ich würde unser Gemüse auch mit verschiedenen Wildtieren teilen. Leider muss ich es aber mit einem Netz abdecken: Amseln durchwühlen sonst zu gerne das Hochbeet – und dann gedeiht nichts mehr. © Raulf
Andere Pflanzen muss ich vor Menschen retten. „Wird das noch was?“, fragt meine Frau auf der Terrasse. Sie beäugt gerade kritisch Blumenkübel, aus denen struppiges Grünzeug wuchert. „Es blüht spät“, erkläre ich, „und es ist eine tolle Insektenpflanze.“ Die arme Frau muss auch ein bisschen was erdulden. Ich mag eben die Wildnis. „Schaut mal Kinder, da unter der Hecke wächst eine Glockenblume hervor. Von ganz allein!“ Die Kinder sind begeistert, fast so sehr wie ich: „Mhm. Toll, Papa...“
Ich versuche, Lebensräume zu schaffen. Manchmal funktioniert es. Inzwischen wachsen bei uns statt Buchsbäumen auch Löwenzahn, Wiesensalbei und Wilde Karde. Wegwarte nicht zu vergessen, mit diesen besonders schönen, blauen Blüten. (Die kommen noch, warte ab!) Es ist einfach öko-wunderbar. Aber Moment mal: Wer hat denn die ganzen Blätter abgeknickt? Da liegt ja ein Ball in meinem Unkraut-Beet. Ich höre den Täter im Vorbeilaufen: „War ich nicht!“
Durchatmen. Wenigstens spielen die Kinder draußen. Das ist doch eigentlich papatastisch.
Jahrgang 1979, stammt aus dem Grenzgebiet Ruhr-Sauerland-Börde. Verheiratet und vierfacher Vater. Mag am Lokaljournalismus die Vielfalt der Themen und Begegnung mit Menschen. Liest immer noch gerne Zeitung auf Papier.
