Köhler und Merkel nicht zur Olympia-Eröffnung

Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie die gesamte Bundesregierung werden nicht an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking teilnehmen.

Peking/Brdo/Berlin (dpa)

28.03.2008, 17:36 Uhr / Lesedauer: 3 min

Nepalesische Polizei führt in Kathmandu einen protestierenden Exil-Tibeter ab.

Nepalesische Polizei führt in Kathmandu einen protestierenden Exil-Tibeter ab.

Dies habe allerdings nichts mit den Unruhen in Tibet zu tun, betonte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Freitag. Eine Teilnahme des Präsidenten sowie der Kanzlerin sei ohnehin nicht geplant gewesen. Die EU-Außenminister stellten auf ihrer Konferenz im slowenischen Brdo klar, dass es keine Absicht zum Boykott der Spiele aus Protest gegen das chinesische Vorgehen in Tibet gebe. Zwei Wochen nach den blutigen Unruhen in Lhasa hat China am Freitag erstmals eine Gruppe westlicher Diplomaten zu einem Kurzbesuch in die Region gelassen. Der Dalai Lama erneuerte unterdessen seine Gesprächsbereitschaft in einem offenen Brief an die chinesische Führung.

Das geistliche Oberhaupt der Tibeter sprach sich für die Abhaltung der Olympischen Spiele in Peking aus. Als bevölkerungsreichstes Land der Erde, mit langer Geschichte und reicher Zivilisation verdiene China die Spiele. Doch müsse sich die Regierung in Peking den Respekt der internationalen Gemeinschaft durch die Einhaltung von Prinzipien wie Freiheit und Rechtsstaatlichkeit im eigenen Land erst verdienen. Der Dalai Lama betonte, dass eine Lösung des Tibet-Problems nur im Dialog erzielt werden könne. Er bekräftigte, dass er nicht nach Unabhängigkeit für Tibet strebe. «Mein einziges Anliegen ist es, das Überleben der einzigartigen tibetischen Kultur, Sprache und Identität zu sichern.»

Die 27 EU-Außenminister waren sich einig im Appell an China, einen politischen Dialog mit den Tibetern und dem Dalai Lama zu beginnen. Eine gemeinsame Position zu einem Boykott der Eröffnungsfeier gab es zunächst aber nicht. Der britische Außenminister David Miliband stellte sich hinter die Absicht von Premierminister Gordon Brown, an der Eröffnungsfeier teilzunehmen: «Wenn man für Menschenrechte in China ist, dann ist das Letzte, was man will, eine Störung der Olympischen Spiele.»

«Ich glaube nicht, dass eine gemeinsame Position möglich ist», sagte der Vorsitzende des EU-Außenministerrates, der slowenische Außenminister Dimitrij Rupel. «Das ist etwas, was die Mitgliedstaaten entscheiden müssen. Wir haben jedenfalls nicht die Absicht zu einem Boykott.» Österreichs Außenministerin Ursula Plassnik sagte: «Wir werden uns jedenfalls nicht vor einen Propagandakarren spannen lassen. Und das gilt für die gesamte EU.»

«Jede Regierung muss das für sich entscheiden», sagte Vize- Regierungssprecher Steg in Berlin. Merkel habe deutlich gemacht, dass sie von Boykottdrohungen oder anderen Maßnahmen wie Sanktionen «nichts hält».

Diplomaten aus 17 Botschaften, darunter ein deutscher Vertreter, trafen am Freitagabend in der tibetischen Hauptstadt ein, sollten aber am Samstag schon wieder zurückfliegen. Das US-Außenministerium sprach von einem «Schritt in die richtige Richtung». Die Visite sei aber «kein Ersatz» für Besuche von Diplomaten und anderen Beobachtern in den tibetisch bewohnten Unruhegebieten außerhalb Lhasas. Bei einem Besuch von ausländischen Journalisten am Vortag im Jokhang-Tempel war es zu Protesten gekommen. Die beteiligten Mönche sollen nach amtlichen chinesischen Angaben nicht bestraft werden.

In einem offenen Brief an Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao hat eine Gruppe westlicher Wissenschaftler ein Ende der Gewalt sowie Meinungs- und Redefreiheit in Tibet gefordert. «In diesem Moment erscheint die Unterdrückung politisch abweichender Meinungen als Hauptziel der Behörden in den tibetischen Regionen in China», heißt es in der Erklärung von europäischen und US-amerikanischen Experten, darunter auch einigen deutschen Indologen und Tibet-Forscher.

Exil-Tibeter protestierten am Freitag in Nepals Hauptstadt Kathmandu weiter gegen das Vorgehen chinesischer Sicherheitskräfte in ihrer Heimat. Vor Einrichtungen der Vereinten Nationen forderten mehrere hundert Menschen eine internationale Untersuchung in Tibet. Die Polizei ging gegen die seit Tagen protestierenden Exil-Tibeter mit Schlagstöcken vor und nahm rund 60 Demonstranten fest. Nepals Regierung unterstützt die umstrittene Tibet-Politik Chinas.

Begleitet von verstärkten Sicherheitsmassnahmen wird das Olympische Feuer an diesem Samstag in Athen erwartet. Nach Regierungsangaben sollen Störungen beim Ablauf des Fackellaufs unbedingt verhindert werden. Am Sonntag wird das Feuer im Rahmen einer kurzen Zeremonie im Panathinaikon Stadion, dem Austragungsort der ersten Olympischen Spiele 1896, an die chinesische Delegation übergeben werden. Die Flamme soll am 31. März in Peking eintreffen.

Auch deutsche und europäische Unternehmer in China lehnen Boykottmaßnahmen bei den Olympischen Spielen aus Protest gegen die Vorgänge in Tibet ab. «Das hilft keinem und schadet allen», sagte am Freitag ein führender europäischer Industrievertreter in Peking.

Ein Polizist in Peking weist einen Fotografen in die Schranken. (Archivbild)

Ein Polizist in Peking weist einen Fotografen in die Schranken. (Archivbild)

Blick auf den Potala Palast in Lhasa, früher Sitz des Dalai Lama.

Blick auf den Potala Palast in Lhasa, früher Sitz des Dalai Lama.

Ein chinesischer Polizist beobachtet Besucher der Innenstadt von Lhasa. (Archivbild)

Ein chinesischer Polizist beobachtet Besucher der Innenstadt von Lhasa. (Archivbild)

Chinesische Soldaten bei einer Parade in Lhasa. (Archivbild)

Chinesische Soldaten bei einer Parade in Lhasa. (Archivbild)

Indische Polizisten versuchen einen Protestmarsch tibetischer Mönche zu stoppen.

Indische Polizisten versuchen einen Protestmarsch tibetischer Mönche zu stoppen.

Am Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes wird ein gegen China protestierender Mönch in Kathmandu (Nepal) von der Polizei abgeführt. (Archivbild)

Am Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes wird ein gegen China protestierender Mönch in Kathmandu (Nepal) von der Polizei abgeführt. (Archivbild)

Schlagworte: