Klinsmann mischt Bayerns Meisterteam auf

Jürgen Klinsmann hält den FC Bayern mit seinen Personal-Rochaden weiter in Atem - der ersehnte Befreiungsschlag glückte aber auch gegen Olympique Lyon nicht.

München (dpa)

von Von Klaus Bergmann, dpa

, 01.10.2008, 14:48 Uhr / Lesedauer: 2 min

Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann (l) dankt Franck Ribery.

Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann (l) dankt Franck Ribery.

Das Kopfballtor von Zé Roberto beim 1:1 (0:1) gegen Frankreichs Serienmeister bewahrte den Trainer-Neuling einstweilen vor noch größeren Turbulenzen und hielt die in der Fußball-Bundesliga kriselnden Münchner wenigstens in der Champions League auf Achtelfinal-Kurs. «Wenn wir die Tabelle anschauen, war dieses Unentschieden fast ein Sieg», sagte Manager Uli Hoeneß angesichts des 0:0 zwischen Florenz und Steaua Bukarest.

Mit vier Punkten führen die Bayern die Tabelle der Gruppe F vor Lyon und Florenz (beide 2) sowie Bukarest (1) an. «Wir sind stark gestartet in die Champions League», kommentierte Klinsmann, der schwärmte, wie «hervorragend» seine Mannschaft auf das Eigentor von Martin Demichelis (25.) reagiert hatte. «Das war ein Schritt nach vorne», urteilte Nationalspieler Philipp Lahm. Kampf und Moral stimmten, auch Wirbelwind Franck Ribéry ist wieder im Kommen, nur das Ergebnis war ärgerlich. «Es haben immer ein paar Zentimeter gefehlt», stöhnte der vom Schussglück verlassene Torjäger Luca Toni.

«Es war beeindruckend, was die Mannschaft geleistet hat. Wir hatten genug Möglichkeiten, um das Spiel mit zwei, drei Toren Unterschied zu gewinnen», meinte Klinsmann und richtete den Blick gleich nach dem Schlusspfiff auf den Krisenherd Bundesliga: «Jetzt haben wir am Samstag ein bisschen was zu korrigieren.» Torschütze Zé Roberto bezeichnete die Partie gegen den VfL Bochum am Mittwoch sogar als «wichtigste», seit die Arbeit unter Klinsmann angefangen habe.

Immer rasanter werden Klinsmanns eigene Kurs-Korrekturen. Auch gegen Lyon verblüffte der Coach mit einer neuen Aufstellungsvariante, die neben der Demontage von Kapitän Mark van Bommel die überraschende Versetzung von Abwehrchef Demichelis auf die vom Argentinier ungeliebte Sechser-Position vorsah. «Für uns war die Maßnahme wichtig, um Stabilität ins defensive Mittelfeld zu bringen. Da hatten wir zuletzt Probleme», erläuterte Klinsmann die Verschiebung von Demichelis; der 18-jährige Breno feierte dafür im Deckungszentrum sein Champions-League-Debüt. Das zur Vorsaison praktisch unveränderte und als Double-Gewinner gefeierte Team sieht Klinsmann im Prozess der Neufindung - «und der funktioniert in erster Linie über Leistung».

Während Franz Beckenbauer es beim TV-Sender «Premiere» als «vielleicht gar nicht so geschickt» beurteilte, dass Klinsmann den auf die Bank verdonnerten van Bommel überhaupt zum Kapitän ernannte, gab Hoeneß dem Trainer Rückendeckung. Die Diskussion um den Kapitän sei «lächerlich», polterte der Manager: «Offenbar hat der Mark nach Jürgens Meinung zuletzt schlecht gespielt.» Van Bommel erduldete sein erneutes Bank-Los schweigend, während Klinsmann rühmte, dass der Niederländer die Entscheidung «mit viel Charakter» hingenommen habe.

Hoeneß verteidigte Klinsmanns sprunghafte Vorgehensweise ohne Rücksicht auf Hierarchien und Namen. «Man muss dem Trainer das Recht geben, die Mannschaft aufzustellen, von der er meint, dass sie die beste ist», sagte der Manager. Auch ein Lukas Podolski sitze «mit Recht» auf der Ersatzbank. Vor dieser setzte Zé Roberto ein Zeichen, als er nach seinem zweiten Treffer im 75. Champions-League-Spiel in Klinsmanns Arme stürmte, worauf sich eine kollektive Jubeltraube um den Coach bildete. «Das war schon ein Zeichen», sagte Torvorbereiter Miroslav Klose. Zé Roberto ging es bei der Aktion «nicht speziell um den Trainer», sondern ums gesamte Gefüge. «Es war nicht geplant, es war spontan. Es drückt nur aus, dass es eine Gemeinschaft ist.»

Wie angespannt das Binnenklima ist, dokumentierte eine andere Szene. Fast handgreiflich gerieten in der zweiten Spielhälfte Lucio und Demichelis auf dem Rasen aneinander, Bastian Schweinsteiger musste die Streithähne trennen. «Das ist absolut okay. Beide sind voller Emotionen, voller Willenskraft», beschwichtigte Klinsmann. Auch Beckenbauer bewertete den Clinch der Südamerikaner positiv: «Da sieht man, dass die Mannschaft lebt.»

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