Während in Lützerath die Räumung läuft, dreht sich im Theater Hagen die Premiere am Samstag um Umweltzerstörung. Denn Francesco Nappa, der ab der nächsten Spielzeit Chefchoreograf an dem Haus wird, hat das romantische Ballett „Giselle“ neu interpretiert und in unser Jahrhundert verlegt.
In der einfallsreichen Uraufführung „Und immer tanzt ... Giselle“ ist Giselle (Carolina Verra) kein Dorfmädchen mehr, sondern eine Klimaaktivistin. Aus Prinz Albrecht ist ein Architekt (Stefano Milione) geworden, der mit seinen Bauplänen die Landschaft zerstört. Trotzdem verlieben sich die beiden ineinander – und bescheren dem Publikum reizend verspielte Pas de deux.
Tolle Ausstattung
Die Landbevölkerung besteht aus Umweltschützern in diesem Tanzabend, doch sie müssen nicht weggetragen werden. Im Gegenteil, sie bekommen Bauarbeiter-Kleidung und helfen mit, das Grün abzutragen.
So spiegelt sich der Wandel auch in den Kostümen von Tanja Liebermann wider: Über die Bodys mit grünen Elementen ziehen die Tänzer dunkle Funktionskleidung an.
Schöne Theatereffekte
Und in Alfred Peters wunderbar schlichtem Bühnenbild entschweben im ersten Akt die Rasenstücke in den Himmel. Nur eine schräge Grünfläche bleibt übrig, von der wird sich später Giselle aus der Welt stürzen.
Düster geht es im zweiten Akt zu, wenn Albrecht an einer Strickleiter in die Unterwelt steigt. Am Bühnenhimmel hängen graue Säcke, das sind die abgetragenen Rasenstücke, und die Erde ist staubig trocken. Das führt zu schönen Effekten, wenn das Ensemble energiegeladen über die Bühne wirbelt.
Happy End für die Liebenden
Die Tänzer sind bei Nappa keine Geister-Bräute, sondern Wesen, die versuchen, die Umwelt zu reparieren. Auch gibt es in der Neuinterpretation ein Happy End für die Liebenden.
Nicht nur inhaltlich wurde der zeitgenössische Tanzabend aktualisiert. Im harmonischen Wechsel erklingt Musik von Adolphe Adam und Fabrizio Festa. Überzeugend umgesetzt vom Philharmonischen Orchester Hagen unter der Leitung des ersten Kapellmeisters Rodrigo Tomillo.
Dynamische Körpersprache
Für die überaus dynamische Körpersprache mit zum Teil akrobatischen Einlagen und humorvollen Einfällen feierte das Publikum das Hagener Ballett und das künstlerische Team mit ausgiebigem Applaus.
Termine: 22. /28. 1., 3. / 8. 2., 24. 3., 23. 4., 18. 5.; Karten: Tel. (02331) 207 32 18.
www.theater-hagen.de

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