Kirchen laufen die Mitglieder weiter davon

Steuerrecht ein Grund

Die Zahl der Kirchenaustritte ist bundesweit erneut gestiegen – auch in Nordrhein-Westfalen. In einigen Städten der Region haben in den ersten sechs Monaten des Jahres schon fast so viele Menschen die Kirche verlassen wie im Gesamtzeitraum 2013.

NRW

, 12.08.2014, 18:11 Uhr / Lesedauer: 2 min
Immer mehr Menschen verlassen die Kirche.

Immer mehr Menschen verlassen die Kirche.

Als Hauptauslöser der aktuellen Kirchenflucht gilt eine Änderung im Steuerrecht. Ab 2015 wird die Kirchensteuer auf Kapitalerträge automatisch von den Banken an den Fiskus weitergeleitet, statt wie bisher bei der Steuererklärung. Das hat viele, vor allem ältere Menschen, offenbar verunsichert.

Einer aktuellen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) deutet allerdings auch auf andere Gründe für den Austritt hin. In der Studie, für die zwischen Oktober und Dezember 2012 insgesamt gut 3000 Kirchenmitglieder und Konfessionslose befragt wurden, ging es auch um die Gründe für einen Kirchenaustritt. Am häufigsten wurde angegeben, dass die Kirche unglaubwürdig sei und den Menschen gleichgültig. Auch verschiedene andere Studien kamen zu dem Ergebnis, dass die Kirchensteuer oft nicht der Grund für den Austritt sei – wenn auch manchmal der Auslöser.

Dabei muss niemand mehr zahlen als vorher. Allein das Einzugsverfahren habe sich geändert, beteuern Vertreter der Evangelischen Kirche. Neu ist einzig, dass die Banken verschlüsselte Informationen über die Religionszugehörigkeit ihrer Kunden erhalten und diese weiterleiten. Fällig ist die Kirchensteuer ohnehin nur bei Kapitalgewinnen über einer jährlichen Freistellungsgrenze von 801 Euro für Alleinlebende und 1602 Euro für Paare.

Schon seit Jahren klagen die Kirchen in Deutschland über Mitgliederschwund. Im vergangenen Jahr etwa galt der Skandal um den ehemaligen Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst als einer der Gründe für explodierende Austrittszahlen. Laut der offiziellen Statistik traten im Jahr 2013 knapp 179.000 Menschen in Deutschland aus der katholischen Kirche aus – ein Anstieg von fast 50 Prozent im Vergleich zu 2012.Auch im Bistum Münster begann die Austrittswelle schon vor einigen Jahren. Waren es dort im Jahr 2011 knapp 5900 Austritte, stieg die Zahl bis 2013 auf über 10.100. Im Amtsgericht Münster habe es daher auch keinen sprunghaften Anstieg in den ersten Monaten dieses Jahres gegeben, hieß es gestern. Stattdessen sei die Zahl der katholischen und evangelischen Kirchenaustritte schon vorher gestiegen – von 1200 in 2012 auf 1800 in 2013.

Auch beim Amtsgericht Ahaus begann der Anstieg schon im vergangenen Jahr. Zwar gab es laut einem Gerichtssprecher in den ersten sieben Monaten dieses Jahres dort bereits 178 Austritte nach 120 im Vorjahreszeitraum. Allerdings waren 2013 bis Jahresende noch 150 Austritte gefolgt. Gründe nannten die Amtsgerichte im Münsterland im Gegensatz zum Ruhrgebiet nicht.