Kinderverschickung in NRW Dunkles Kapitel wird aufgearbeitet - Gewalt und Demütigungen

Kinderlandverschickung in NRW: Dunkles Kapitel wird aufgearbeitet - schlimme Erfahrungen
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Ein Runder Tisch soll in Nordrhein-Westfalen das Leid von Millionen „Verschickungskindern“ aufarbeiten. Das teilte die SPD-Landtagsfraktion am Sonntag in Düsseldorf mit. Sie berief sich dabei auf eine Antwort des Landesministeriums für Gesundheit und Soziales. Demnach sei der Start des Runden Tisches, der zur Aufarbeitung der Kinderverschickungen in NRW beitragen soll, für Anfang des kommenden Jahres geplant.

Von der Nachkriegszeit bis in die 1990er-Jahre hinein waren viele Kinder für Kur-Aufenthalte in Kinderheime und -heilstätten geschickt worden.

Drangsalierungen und sexuelle Übergriffe

„Hunderttausende haben in Verschickungsheimen teils schlimme Erfahrungen gemacht. Sie waren Drangsalierungen, Demütigungen, psychischer und physischer Gewalt und teilweise auch sexuellen Übergriffen ausgesetzt“, sagte der SPD-Abgeordnete Josef Neumann. Das dunkle Kapitel sei nicht ausreichend aufgearbeitet worden. Das System der Kinderverschickung sei zudem nicht auf ein einzelnes Bundesland beschränkt gewesen. In einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe könnte eine bundesweite Aufarbeitung koordiniert werden. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sei am Zug, forderte der SPD-Politiker sie auf.

Das nordrhein-westfälische Gesundheits- und Sozialministerium hatte im Januar eine Studie zur Aufarbeitung des Leids von Millionen sogenannter Verschickungskinder mit Zahlen vorgelegt. Demnach wurden allein in NRW zwischen 1949 und 1990 Fahrten für über 2,1 Millionen Kurkinder in die oft berüchtigten Kur- oder Erholungsheime organisiert. Allein 1962 wurden fast 100.000 Kinder und Jugendliche aus NRW verschickt. Wie viele Kinder in diesem Zeitraum mehrfach in Kur kamen, konnten die Wissenschaftler nicht herausfinden.

dpa
urn:newsml:dpa.com:20090101:221030-99-321086/2

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