Hunderttausende Kinder aus NRW in Kuren gequält – Land fördert Projekte zur Aufklärung

Verschickungskinder

Hunderttausende Kinder aus NRW wurden Jahrzehnte lang zur Kur geschickt – und dort teils furchtbar gequält. Das Schicksal der Verschickungskinder soll nun weiter aufgeklärt werden.

NRW

04.06.2021, 15:04 Uhr / Lesedauer: 1 min
Iris kann mit fremden Menschen noch immer nicht über ihre Erlebnisse ihrer Kinderkur im Kloster Wessobrunn sprechen - auch wenn sie schon 45 Jahre zurückliegen. Sie ist nur eines von vielen Tausend Opfern der Kinder-Kuren.

Iris kann mit fremden Menschen noch immer nicht über ihre Erlebnisse ihrer Kinderkur im Kloster Wessobrunn sprechen - auch wenn sie schon 45 Jahre zurückliegen. Sie ist nur eines von vielen Tausend Opfern der Kinder-Kuren. © Karla

Nordrhein-Westfalen treibt die Aufarbeitung des Schicksals von Millionen sogenannter Verschickungskinder seit den 1950er Jahren voran. Von der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre hinein wurden nach Schätzungen der Initiative Verschickungskinder bundesweit acht bis zwölf Millionen Kindern und Jugendliche in wochenlange Kuren geschickt. Viele dieser Mädchen und Jungen im Alter von zwei bis 14 Jahren erwarteten statt Erholung in den Heimen Schlafentzug, Schläge, Isolierung, Essensentzug und Demütigung.

Gesundheitsministerium fördert Aufklärung - Kurzstudie für NRW

Eine im Oktober 2020 eingerichtete Arbeitsgruppe stehe im ständigen Dialog mit der NRW-Regionalgruppe der Initiative Verschickungskinder, teilte das NRW-Gesundheitsministerium auf Anfrage mit. Das Ministerium werde ein „umfangreiches Projekt“ des Vereins zur Beratung von traumatisierten ehemaligen Verschickungskindern und zur Bürgerforschung fördern. Außerdem werde eine Kurzstudie für NRW in Auftrag gegeben. Dabei gehe es vor allem um Daten zur Zahl der verschickten Kinder und Jugendlichen sowie zu den Heimen.

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Das Ministerium setze sich im Länderkreis auch dafür ein, „dass die notwendige umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung durch den Bund zeitnah beginnt“, hieß es. „Die wissenschaftliche Aufarbeitung des Themenkomplexes und die Sammlung von gesicherten Erkenntnissen zum Umfang der Verschickungen stehen noch ganz am Anfang.“

Der Erste Jugendbericht der Bundesregierung von 1965 führe auf, dass es Ende 1963 fast 840 Kur-, Heil-, Genesungs- und Erholungsheime für Minderjährige mit fast 57.000 Plätzen in der Bundesrepublik gab.

Die Initiative Verschickungskinder hat sich zum Ziel gesetzt, die individuellen Verletzungen der Menschen und die gesellschaftlichen Ursachen von Kinderrechtsverletzungen in Kinderheilstätten und Kindererholungsheimen aufzuklären und aufzuarbeiten: www.verschickungsheime.de

dpa/kar

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