Kinderporno-Urteil gegen Ex-Pfarrer aus Recklinghausen „Er steht vor den Trümmern seines Lebens“

Ex-Pfarrer gesteht Pornosucht: „Er steht vor den Trümmern seines Lebens“
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Unter großem Zuschauerinteresse ist ein ehemaliger Pfarrer einer Recklinghäuser Kirchengemeinde am Schöffengericht in Recklinghausen zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Geistliche hatte zuvor schonungslos den Besitz von Tausenden kinder- und jugendpornografischen Bildern und Videos zugegeben.

„Ich empfinde tiefe Scham und Reue“, räumte der Priester mit fester und klarer Stimme ein. „Ich bitte an dieser Stelle öffentlich um Verzeihung für die Fehler, die ich gemacht habe. Es ist mir ein aufrichtiges Anliegen, die volle Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen.“ Mit Blick auf den dargestellten Kindesmissbrauch auf den bei ihm entdeckten Kinderporno-Bildern und Videos sagte er: „Mir ist klar, dass ich Leid verursacht habe, ich möchte aber auch klarstellen, dass ich nie selbst übergriffig geworden bin.“

Zum damaligen Zeitpunkt, so der Angeklagte, habe er unter Depressionen gelitten und sei „exzessiv pornosüchtig“ gewesen. „Ich war gefangen in einer Abwärtsspirale. Ich habe die Übersicht und Kontrolle über mein Leben komplett verloren gehabt“, so der Geistliche.



Nachdem das Bundeskriminalamt von einer Kontrollstelle in den USA eine erste Kinderpornoverdachts-Meldung erhalten hatte, waren Ende 2022 das Recklinghäuser Pfarrhaus und die Wohnräume des Pfarrers durchsucht worden.

In einer völlig verwahrlosten „Messie-Wohnung“, so hieß es jetzt im Prozess, beschlagnahmten die Ermittler damals im Arbeitszimmer teils auf Kisten, teils auf dem Schreibtisch sowie im Wohnzimmer zahlreiche Festplatten und Computer.

Auf acht von 125 sichergestellten IT-Geräten (mit offenbar etwa 13 Millionen Bildern und Videos) konnten Experten rund 1,7 Millionen heruntergeladene Pornodateien sichern.

2126 Dateien davon waren später als kinderpornografisches, weitere 481 als jugendpornografisches Material eingestuft und dem Ex-Pfarrer nun in der Anklage vorgeworfen worden. „Für mich war der Konsum von Pornos Teil einer Strategie, mit Stress und Einsamkeit umzugehen“, gab der Priester zu.

Der ehemalige Pfarrer einer Gemeinde in Recklinghausen (Mitte) versteckt vor Prozessbeginn sein Gesicht hinter einem Aktendeckel. Kurz danach gibt der Geistliche den Besitz von mehr als 2500 kinder- und jugendpornografischen Dateien zu.
Der ehemalige Pfarrer einer Gemeinde in Recklinghausen (Mitte) versteckt vor Prozessbeginn sein Gesicht hinter einem Aktendeckel. Kurz danach gibt der Geistliche den Besitz von mehr als 2500 kinder- und jugendpornografischen Dateien zu. © Werner von Braunschweig

„Hinter jedem Bild steckt sexueller Missbrauch“

Unter den Zuhörern im vollbesetzten Gerichtssaal 127 befanden sich auch Mitglieder der betroffenen Gemeinde.

Während der rund 20-minütigen Verlesung der Anklage inklusive der detaillierten Beschreibung der Bilder und Videos von teils schwer sexuell missbrauchten oder in schockierend entwürdigende Reizwäsche-Posen gedrängten jungen Mädchen herrschte absolute Stille.

„Hinter jedem einzelnen Bild steckt ein realer sexueller Missbrauch“, hieß es in der Urteilsbegründung. Mit dem Strafmaß blieb das Gericht zwei Monate unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, legte dem Angeklagten aber zusätzlich „als Signal“ auch eine Geldzahlung in Höhe von 450 Euro an den Kinderschutzbund auf. Obendrein muss der Geistliche ein Erstgespräch in einer Sexualtherapie-Einrichtung absolvieren.

Dass er im Zuge seiner Pornosucht auch pädosexuelle Neigungen entwickelt haben könnte, hatte der Angeklagte konsequent in Abrede gestellt. Staatsanwaltschaft und Gericht hatten das in Teilen zwar als „Schönfärberei“ kritisiert.

Nichtsdestotrotz, so hieß es im Urteil, habe der Ex-Pfarrer sich vor allem durch sein transparentes und glaubhaftes Geständnis vor zahlreichen Gemeindemitgliedern eine Bewährungschance verdient.

„So viel Mut, sich so zu bekennen, haben nur ganz wenige Angeklagte“, hatte auch Staatsanwältin erklärt.

Gleichzeitig hatte die Anklägerin dem Geistlichen aber auch Ansätze von Scheinheiligkeit vorgeworfen, weil er im Tatzeitraum selbst öffentlich den Umgang der Kirche mit Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch kritisiert hatte: „Das empfand ich als heuchlerisch“.

Weil sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte das Urteil am Ende akzeptierten, ist der Schuldspruch jetzt rechtskräftig.

Im Nachgang droht dem aktuell noch bei Fortzahlung der Bezüge (3000 Euro netto monatlich) suspendierten Priester ein kirchenrechtliches Entlassungs-Verfahren inklusive beträchtlicher finanzieller Rückforderungen.

„Er wird seinen Beruf nicht mehr ausüben können, das ist das Ende“, war sich einer seiner Verteidiger bereits jetzt sicher. „Er steht vor den Trümmern seines Lebens.“

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