Der Berg ruft. Und Sven Drinkmann kommt. Aber erst einmal muss er die nächste Gruppe einlassen. „Das wird wieder ein Spaß“, sagt der Spielleiter und macht sich auf den Weg zum Tor. „Glück auf“, begrüßt er die jungen Leute und rückt seinen Helm zurecht. Der 39-Jährige betreut im Trainingsbergwerk an der Wanner Straße in Recklinghausen die beiden Escape-Rooms. Ein weiterer wird in wenigen Wochen öffnen.
Mehr als 10.000 Rätsel-Freunde pro Jahr
Schon der Weg dorthin ist aufregend: 200 Meter über den steinigen Boden durch die Stollen bis hin zu einem ehemaligen Materiallager, vorbei an Maschinen und dem Förderkorb. Die Lüftung rauscht. Es riecht nach Grube – feucht und etwas moderig. Feiner Staub tanzt im Licht der Helmlampe. Das gefällt den Menschen. Hochlarmark ist mit mehr als 10.000 Rätsel-Fans im Jahr der erfolgreichste Standort des Recklinghäuser Unternehmens „4Escape“, besser bekannt unter dem Namen „Verschlusssache“.

Mittlerweile hat Firmengründer Daniel Steinbach (39) in den vergangenen sieben Jahren mit viel Fantasie 25 „Flucht-Räume“ in acht Städten eingerichtet, sei es in leer stehenden Geschäften und ungenutzten Büros oder in ganz normalen Wohnungen, aus denen sich die einfallsreichen Spielerinnen und Spieler befreien müssen, indem sie kniffelige Aufgaben lösen. Und weil das Interesse an dieser Art von Nervenkitzel größer und größer wird, suchte sich der Mann aus Castrop-Rauxel Verstärkung und einen Geschäftspartner: Dennis Hölker.

Der Hertener besitzt eine ganz besondere Beziehung zum Trainingsbergwerk. Denn der 47-Jährige hat unter Tage eine Schlosser-Lehre gemacht und auch dort gelernt. „Der Geruch ist noch der gleiche, die Erinnerungen sind sofort da“, berichtet Hölker. Der startete vor zweieinhalb Jahren als Spielleiter bei „4Escape“. „Rätsel haben mich schon immer fasziniert“, sagt er. Und plötzlich war er Teil des Ganzen, plante, baute und tauchte tief in die Abenteuerwelten ein. Während der Coronazeit nahm das Unternehmen weiter Fahrt auf. „Was sollten wir auch anderes tun, als zu bauen, bauen, bauen?“ Für Hölker gibt es nichts Schöneres, als ein ehemaliges Ladenlokal in eine gruselige Grabkammer zu verwandeln...
Spielleiter wird plötzlich zum Schauspieler
Heute hat der Medizintechniker sein Hobby zum Beruf gemacht. Und er liebt es, auch als Darsteller mitzuwirken. „Das ist jetzt der Trend“, verrät der Geschäftsführer. So übernimmt er zum Beispiel im kleinen Escape-Theater in Herne gerne die Rolle des Hausmeisters Eddy Klemme. Doch zurück nach Recklinghausen. Im dritten Rätsel-Raum wird der Spielleiter ebenfalls Teil der spannenden Geschichte, aber nicht als Berggeist, sondern als... Halt. Stopp. Das wird noch nicht verraten. Nur so viel: Der Weg dorthin führt durch einen niedrigen Stollen. Und: „Wir warten auf die Metallgitter“, erzählt Hölker. Was immer das bedeutet. Er lächelt geheimnisvoll. „Das wird gut, richtig gut.“

Der Meinung ist auch Sven Drinkmann. Nachdem er während eines Karibik-Urlaubs im Escape-Room seines Hotels gelandet war, hat ihn das Rätsel-Fieber nicht mehr losgelassen. 2021 wurde er zunächst Spielleiter in seiner Heimatstadt Wuppertal, einer von mittlerweile rund 80. Heute ist der gelernte Bäcker Standortleiter in Hochlarmark und gehört zu den sechs Festangestellten der Firma, darunter zwei Auszubildende. „Hier ist eine Menge los“, erklärt er stolz. Vor allem am Wochenende. Samstag und Sonntag starten die Abenteuer „Gruben(un)glück“ und „Grubengold“ bereits um 11 Uhr. Im 90-Minuten-Takt geht es dann bis 20 Uhr weiter.
Wertvolle Tipps gibt es übers Grubentelefon
Der 39-Jährige sitzt entspannt in seinem kleinen Leitstand vor einem Monitor neben dem Escape-Room und beobachtet die Gruppe, die er kurz zuvor in Empfang genommen hat. Ziel ist es, innerhalb einer Stunde mit viel Kreativität, Köpfchen und noch mehr Teamgeist 18 Rätsel zu lösen. Maximal sechs Personen müssen versteckte Gegenstände und Hinweise finden. Am Ende steht der geheime Code, mit dem die Spieler die (nur scheinbar) verschlossene Tür ihres Gefängnisses wieder öffnen können.
Über ein Grubentelefon hält Drinkmann Kontakt zu den Hobby-Detektiven. „Die sind pfiffig“, sagt er mit Blick auf den Bildschirm, „die brauchen nicht so viele Tipps.“ Im Gegensatz zu den vier Über-70-Jährigen, an die er sich gut erinnert. „Da bin ich rein und habe kurzerhand mitgespielt“, meint Drinkmann. Er grinst: „Und wir haben es rechtzeitig geschafft.“

Escape-Rooms im Trainingsbergwerk, Wanner Straße 30, Recklinghausen, zwischen 72 Euro (zwei Spieler) und 144 Euro (sechs Spieler). Info: www.verschlusssache-escape.de
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