Die Spielebranche bekommt in der Corona-Krise Auftrieb. Das Angebot ist für jede Spieleranzahl und jeden Geschmack riesig. Die Kamener Spielenarren haben viele Tipps.

von Claudia Lohmann

Kamen

, 28.03.2020, 05:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Die Corona-Krise führt nicht nur dazu, dass Streaming-Dienste wie Netflix, Amazon Prime oder Disney Plus steigende Zugriffszahlen haben oder der Verkauf von Spielekonsolen boomt – auch die Spielebranche profitiert. Dass es mittlerweile jedoch Spiele für jeden Geschmack und jede Spieleranzahl gibt, hat freilich nichts mit dem Coronavirus zu tun.

„Der Spielemarkt hat sich toll entwickelt. Die Verlage wachsen weltweit und auch in Deutschland“, weiß Dominik Mechnig, Vorsitzender der Kamener Spielenarren. Den Verein besteht bereits seit 11 Jahren. Und während man in der Anfangszeit vor allem Familienspiele wie Monopoly oder Siedler von Catan spielte, gibt es jetzt nichts mehr, das es nicht gibt. Jeder Geschmack werde abgebildet. „Egal, was man gerne spielt. Es gibt ein Spiel dafür“, sagt Mechnig.

Die Kamener Spielenarren veranstalten jeden Monat einen öffentlichen Spielenachmittag, bei dem jeder Interessierte willkommen ist. Für die Corona-Krise haben sie viele Ideen.

Der Verein Spielenarren Kamen veranstalten jeden Monat einen öffentlichen Spielenachmittag, bei dem jeder Interessierte willkommen ist. Für die Corona-Krise haben sie viele Ideen. © Stefan Milk (Archiv)

Der Spiele-Experte weiß genau, welche Spiele im Trend sind und sich perfekt für die soziale Isolation oder gar Quarantäne eignen – nicht zuletzt, weil auch der Verein selbst Wege gefunden hat, während des Virus weiterzuspielen. Da werden Würfelspiele im Videochat gespielt oder Rätsel in einer WhatsApp-Gruppe gelöst. Aber dazu später.

Denn im Idealfall hat man mehrere Familienmitglieder oder zumindest einen Partner, mit dem man spielen kann. Mechnig kennt darüber hinaus aber auch Spiele, die alleine spielbar sind.

Für Familien oder Gruppen: Escape Room-Spiele sind im Trend

Wer mit mehreren Personen in einem Haushalt lebt, hat freilich mehr Möglichkeiten, sich mit Spielen zu beschäftigen. Man kann die Gruppengröße bei einem gemeinsamen Spieleabend ausnutzen, aber auch alleine oder zu zweit spielen.

Bei mehreren Personen sind derzeit Detektiv-Spiele, bei denen man gemeinsam Rätsel löst und ein Geheimnis lüftet. „Die sind toll für Familien, weil man gemeinsam spielt“, sagt Mechnig. Es gebe unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und Anbieter. Als Beispiele nennt Mechnig die „Exit Spiele“ und das „Adventure Game“ (Kosmos) oder „Deckscape“ und die „Sherlock Reihe“ (Abacus Spiele).

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Mit seinen Vereinskollegen spiele Mechnig auch gerne „Harry Potter – Schlacht um Hogwarts“, bei dem man die Rollen der Helden einnimmt und das Schloß Runde für Runde gegen die Gegner aus den einzelnen Büchern verteidigen muss.

Das Spiel ist wie auch die Detektiv-Spiele recht neu, was aber nicht bedeutet, dass die Klassiker abgeschrieben sind. Auch Spiele wie „Die Siedler von Catan“ machen noch Freude und entwickeln sich weiter. Im vergangenen Jahr ist etwa die Erweiterung „Aufstieg der Inca“ erschienen. „Das ist bei uns auf den Spieletagen sehr beliebt“, sagt Mechnig.

Für zwei Personen: Im Duell oder Duett alles andere ausblenden

„Früher musste man richtig nach Spielen für zwei Personen suchen. Mittlerweile gibt es sogar Verlage, die sich darauf spezialisiert haben“, sagt Mechnig. Einer davon ist Frosted Games.

Das Besondere an den Spielen dieses Verlages ist, dass die Spiele sich um wahre Ereignisse aus der Geschichte drehen. Mechnig empfiehlt zum Beispiel das Spiel „Watergate“, bei dem ein Spieler zu Präsident Nixon wird und der andere zu einem Journalisten, der alles ans Licht bringen möchte. Ein weiteres Spiel ist „13 Tage – Die Kubakrise 1962“.

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Auch in Spielen wie „Mr. Jack“, bei dem ein Spieler Mr. Jack ist und ihn unauffällig aus der Stadt bugsieren muss ohne, dass der Gegner etwas merkt oder „Catan – Das Duell“ spielen zwei Personen gegeneinander.

Mechnig und seine Familie spielen allerdings auch gern Spiele, bei denen man gemeinsam gegen das Spiel antritt. Ein Beispiel ist „Codenames-Duett“, eine Duett-Version des beliebten Partyspiels „Codenames“. Gemeinsam sucht man nach den richtigen Codenamen der Agenten. „Es ist kooperativ und witzig, die Regeln sind einfach und eine Partie dauert nur 15 bis 20 Minuten“, schwärmt Mechnig.

Für eine Person: Abgewandelte Versionen oder ganz neue Spiele

Auch der Markt für eine Person habe sich in der Spielebranche stark entwickelt, sagt Mechnig. „Früher war das gar nicht so vorgesehen, jetzt gibt es drei Arten von Spielen für eine Person“, erklärt er. So gebe es Spiele, die speziell für eine Person konzipiert werden. Das ist zum Beispiel „Der Unterhändler“ (Frosted Games), bei dem man mit Geiselnehmern verhandeln muss und verschiedene Szenarien durchspielt. Es geht also um Leben und Tod.

Die Spielenachmittage der Kamener Spielenarren sind stets gut besucht. Das liegt sicherlich auch daran, dass ständig neue Spiele auf den Markt kommen und für jeden Geschmack etwas dabei ist.

Die Spielenachmittage der Kamener Spielenarren sind stets gut besucht. Das liegt sicherlich auch daran, dass ständig neue Spiele auf den Markt kommen und für jeden Geschmack etwas dabei ist. © Stefan Milk (Archiv)

Als zweite Art nennt Mechnig Logikspiele wie Rush Hour oder IQ-Puzzler, bei denen strategisches Denken gefragt sind und als dritten Bereich besondere Versionen von altbekannten Spielen. Entweder liegen Sonderregeln für eine Person bei oder der Verlag veröffentlicht im Nachhinein welche. Dabei werden laut Mechnig andere Mitspieler simuliert und man könne Spiele, die man mag auch spielen, wenn kein Mitspieler zur Stelle ist. In der aktuellen Krise eine gar nicht so abwegige Situation. „Der Trend nimmt seit den letzten zwei drei Jahren zu“, sagt Mechnig. Ein Beispiel sei „Agricola“, bei dem ein eigener Bauernhof hochgezogen wird.

Über Skype oder online: Virtuell gegeneinander antreten

Da Mechnig eine Familie hat, muss er nicht auf die Solo-Variante zurückgreifen. Allerdings spielt auch Mechnig nicht nur mit der Familie, sondern auch weiter mit seinen Spielenarren. Dank digitaler Medien gibt es dafür verschiedene Möglichkeiten.

Auf den Webseiten www.brettspielwelt.de oder www.yucata.de können Spielebegeisterte online mit anderen spielen. Die Seiten sind kostenlos nutzbar. Eine andere Möglichkeit ist laut Mechnig die kostenpflichtige Software „Tabletop“ Simulator, die einen Tisch simuliert, wie der Name schon verrät. Für diesen Simulator müssen dann noch Spiele angeschafft werden.

Doch auch für WhatsApp oder Videochats haben die Spielenarren kreative Wege gefunden. Über WhatsApp spielen sie „Black Stories“, ein Spiel bei dem ein Rätsel aufgegeben wird und die Mitspieler durch Fragen auf die Lösung kommen müssen. Da laufe so nebenbei am Tag, sagt Mechnig.

Für den Videochat eigneten sich Quizspiele, wie zum Beispiel das „Kneipenquiz“, bei dem alle mitraten können. Aber auch Würfelspiele lassen sich umsetzen. Einer baut das Spielfeld auf und bewegt die Figuren, die anderen würfeln zu Hause. Da jeder Würfel hat (zur Not gibt es auch eine App auf dem Handy) ist auch das einfach umzusetzen. Besonders Spaß machen laut Mechnig „Las Vegas“ und „Ganz schön Clever“.

Spielenarren veranstalten monatlich einen öffentlichen Spielenachmittag

Und obwohl all das schöne Varianten sind, freut Mechnig sich doch schon darauf, wieder persönlich mit seiner Spielegruppe brandneue Spiele auszutesten und Spielemessen zu besuchen. Willkommen ist in dem 45-köpfigen Verein, der übrigens einen Spielevorrat von 80 bis 100 Spielen hat, jeder. Die Gruppe veranstaltet immer am letzten Samstag im Monat einen öffentlichen Spielenachmittag im evangelischen Gemeindehaus – derzeit aber natürlich nicht.

Sobald der nächste Nachmittag ansteht, erfahren Interessierte das auf der Internetseite www.spielenarren.de. Und verwunderlich wäre es freilich nicht, wenn dann besonders viele vorbeikommen – weil sie in der Isolation gemerkt haben, dass es auch für sie das passende Spiel gibt.