Huckarder und Dorstfelder zeigen Nazis eindrucksvoll die Rote Karte
Die Huckarder haben die Nazis reichlich satt, aber wenn es darum geht, das deutlich zu zeigen, kommen sie notfalls sogar zum Frühstück auf ihrem Marktplatz zusammen. Und auch die Dorstfelder demonstrierten einmal mehr, wem der Ort gehört. Die Botschaft vom Wilhelmplatz war unüberhörbar: "Nazis raus aus unserem Ort"
Denn rund um den Huckarder Ortskern hat die Polizei bereits erste Sperrungen vorgenommen. An der Roßbachstraße steht ein Räumpanzer, an der Rahmer Straße ein Wasserwerfer. Überall ist Polizei in schwerer Uniform unterwegs. Die gemütliche Stimmung auf dem Marktplatz wirkt beinahe etwas unwirklich.
"Es ist ein Skandal, dass sie ausgerechnet durch Huckarde und Dorstfeld ziehen"
Dort hat Ulla Hawighorst vom Huckarder Bündnis gegen Rechts gerade noch einmal deutlich gemacht, dass der Ort keine Nazis will. Hawighorst freut sich, dass rund 150 Huckarder dem Aufruf gefolgt sind. Sie dankt den Anwesenden. Aber die Stimmung ist nicht ungetrübt. "Es ist ein Skandal, dass die Nazis ausgerechnet durch Dorstfeld und Huckarde marschieren, durch die Orte, die so viel gegen die Rechten getan haben", ruft sie der Menge zu und erntet dicken Applaus.
Auch Bezirksbürgermeister Harald Hudy ist mit der Wahl des Weges nicht einverstanden.
"Entschuldigung der Polizei hilft auch nichts mehr"
"Die Polizei hat die Route für die Demonstration zu lange geheim gehalten. Dafür hat sich der Polizeipräsident zwar inzwischen entschuldigt. Aber das hilft nun auch nicht mehr", ruft er den Anwesenden zu. Besonders ärgerlich: Polizisten aus anderen Bundesländern, in Huckarde eingesetzt, wissen zunächst nichts vom Huckarder Frühstück gegen Rechts. Sie weisen einige Bürger zurück, die nur auf dem Markt dabei sein wollen.
Trotzdem füllen sich langsam die Bänke. Zwischen Brötchen und Tomaten reicht Ulla Hawighorst Kaffee herum. Viele Besucher haben etwas zum Frühstücksbüfett beigesteuert. Auch Harald Hudy, der 50 Brötchen spendiert hat.
"Die Leute wollen die Nazis hier in Huckarde nicht"
Neben Musik der Country-Boys gibt es immer wieder Informationen für die Frühstücks-Gäste. Susanne Meyer, SPD-Ratsfrau, erinnert an die lange Tradition der Stadt beim Kampf gegen die Rechten. Der ehemalige SPD-Bezirksfraktionssprecher Walter Emmerich hat viele dieser Auseinandersetzungen selbst miterlebt. "Es schmerzt, dass die Rechten durch unseren Ort marschieren", sagt er. "Aber anders als in der Weimarer Republik stoßen sie hier und heute auf starken Widerstand. Die Menschen wollen die Nazis nicht und stehen dafür gerade", freut sich Emmerich.
Geschäfte leer, Handel trotzdem solidarisch
Das gilt auch für die Geschäftsleute. Sie schauen wegen der Demo in die Röhre. Kunden verlaufen sich nur sporadisch in den Geschäften. Der Ort ist leer wie an einem Sonntag. Trotzdem zeigt der Handel Flagge. Alle Mitgliedsgeschäfte des Gewerbevereins haben Schilder in die Schaufenster gehängt auf denen zu lesen ist, dass Huckarde nichts mit Rechtsradikalen am Hut hat", berichtet Gewerbevereins-Vorsitzender Christian Oecking.
Einsatz imponiert Gästen
Der geballte solidarische Einsatz imponiert dann auch anwesenden Gästen. Neben Vertretern der Beuirksvertretung Mengede mit Bezirksbürgermeister Willi Tölch an der Spitze sind auch 20 Besucher des SPD-Unterbezirks Münster nach Huckarde gekommen, Der stellvertretende Vorsitzende Ulrich Thoden lobt die Organisatoren. "Toll, was ihr hier gegen die Nazis auf die Beine stellt."
Dass auch die Dorstfelder immer wieder gegen die Rechten aufstehen, ist gegen 13 Uhr schon bis ins Kortental zu hören. Auf dem Wilhelmplatz läuft ein Musikfestival gegen Rechts. Ein paar Meter weiter, am S-Bahnhof, sammeln sich rund 900 Nazis.
Warten in der prallen Sonne
Auch die 2500 Besucher der Gegendemo sind längst von der Rheinischen Straße bis nach Dorstfeld gelaufen. In der prallen Sonne warten Demonstranten darauf, den Nazis die Rote Karte zu zeigen. Als der braune Trupp vorbeigezogen ist, geht es für sie weiter auf den Wilhelmplatz, wo Bezirksbürgermeistewr Friedrich Fuß die Demonstranten begrüßt. Auch Oberbürgermeister Ullrich Sierau ist gekommen um den Demonstranten für ihren Einsatz zu danken.
Spiegelwürfel und ein Friedensbild aus Kreide
Noch einmal werden die silbernen Spiegelwürfel aufgestellt, als am Horizont die Nazis gen Huckarde weiterlaufen. Bezirksbürgermeister Friedrich Fuß ist mit diesem künstlerischen Protest hochzufrieden. Mit 4000 Euro hat die Bezirksvertretung Innenstadt West sich an dieser Aktion beteiligt. Gern hätte Fuß sie vor noch mehr Gästen gesehen. Auch er beklagt, dass viele Oberdorstfelder auf dem Weg zum Wilhelmplatz von der Polizei gestoppt worden sind.
So mussten die beiden Grafiker und freischaffende Künstler Oliver Mark und Nikolai Gust ihre Straßenkreide-Aktion auch ohne die eigentlich erwarteten Jugendlichen starten. Sie malten ein großes Bild auf den Wilhelmplatz, Von oben betrachtet, kann man das Wort Frieden aus dem Bild herauslesen. Ein weiteres Stück Vielfalt, gegen dumpf, braune Parolen.
Polizei eskortiert Familie zur Taufe in St. Barbara-Kirche
Die Nazis konnten dann letztlich auch nicht verhindern, dass am Samstag in Dorstfeld nach dem Vorbeimarsch wieder Normalität einkehrte. Eine Familie aus der Nordstadt konnte ihr Kind in der St.Barbara-Kirche taufen lassen. "In ihrer Not, den Termin platzen lassen zu müssen, hatte die Familie Polizeipräsident Gregor Lange angeschrieben", berichtet Ingo Schink vom Kommunikationszug der Dortmunder Polizei. "Kein Kind soll wegen Nazis in unserer Stadt seine Taufe verpassen", lautete Langes Ansage. Nachdem der braune Zug aus dem Ort war, konnte die überglückliche Familie, eskortiert von der Polizei zur Kirche gehen und ihr Kind taufen lassen.