Hierzulande, zumal heute, ist der Künstler Sergej Paradjamov vergessen. Ausgewiesene Cineasten könnten noch „Die Farbe des Granatapfels“ von 1969 in Erinnerung haben. Zeitgenossen wie Fellini, Antonioni, Rossellini, selbst Sergio Leone schätzten und unterstützten ihn.
Sein unzeitgemäßes Werk, das in einzigartiger, eben nicht realistischer Bildsprache die ethnische Vielfalt des Kaukasus repräsentierte, war der sowjetischen Diktatur ein Dorn im Auge. Der im georgischen Tiflis geborene Künstler armenischer Herkunft wurde mit Berufsverbot und Arbeitslager drangsaliert und starb 66-jährig 1990.

In der Kraftzentrale des Landschaftsparks Duisburg-Nord inszenierte Kirill Serebrennikov für die Ruhrtriennale nun mit „Legende“ eine Hommage an den Künstler. Im restlos ausverkauften Haus bei der Premiere am Samstag verrieten sehr viele russische oder ukrainische Zungenschläge vor Beginn und in der Pause das Interesse und die Popularität des in über vier Stunden und zehn „Legenden“, besser Kapiteln, Besungenen.
Der russische Star-Regisseur darf, in Kooperation mit dem Hamburger Thalia-Theater, recht groß auffahren. 40-köpfig etwa der georgische Staatskammerchor. Beeindruckend das stimmlich, schauspielerisch, artistisch und musikalisch profunde Ensemble.
Dynamisches Bühnenbild
Hoch dynamisch das Bühnenbild (Regie, Text, Bühne, Kostüme in Personalunion: Sebrennikov), das immer wieder die Tableaus aus dem filmischen Werk Paradjanovs zitiert und nebenbei die Meisterschaft des Regisseurs in Sachen Musiktheater offenbart. Die fast schon Obsession Paradjanovs für Ornamente, Handwerk, Kunstfertigkeit wird überragend transportiert.
Getragen wird die Inszenierung, vielleicht ist Show ein besseres Wort, durch andauernde Musik. Daniil Ortov hat Pop-Songs geschrieben, basierend auf Walt Whitman-Gedichten, traditionelle ethnische Vokalmusik kommt dazu, wie auch Leonard Cohens „Hallelujah“. Am Ende: Ovationen im Stehen.
Weitere Aufführungen
Termine: 18. / 20. / 21. / 23. 8. 2024; Karten: Tel. (0221) 28 02 10. www.ruhrtriennale.de
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