Höchster deutscher Orden für Merkel Diese Gäste sind dabei

Höchster deutscher Orden für Merkel: Diese Gäste sind dabei
Lesezeit

Nach ihrem freiwilligen Abschied vom Amt, so erzählte es Angela Merkel im vorigen Jahr bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt als Altkanzlerin, habe sie gelesen, sie mache jetzt „nur noch Wohlfühltermine“: „Da sage ich: Ja“, bestätigte sie damals.

Am kommenden Montag kommt nun ein ganz besonderes Event dieser Kategorie hinzu – und zugleich eine außergewöhnliche Ehre: Angela Merkel wird für ihre Verdienste zum Gemeinwohl Deutschlands mit der höchsten Auszeichnung der Bundesrepublik geehrt. Sie erhält von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das „Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“, und zwar „in besonderer Ausfertigung“.

Vor ihr wurde lediglich zwei anderen Personen diese Ehre zuteil – beide gehörten zur gleichen Partei: 1954 bekam sie der erste Bundeskanzler, Konrad Adenauer, im Amt von 1949 bis 1963, und 1998 Helmut Kohl, der von 1982 bis 1998 Regierungschef war.

Ehrung für Merkel nicht unumstritten

Das Bundesverdienstkreuz erhält zwar jeder Kanzler nach seinem Ausscheiden aus dem Amt. Steinmeiers Entscheidung jedoch, Merkel die höchstmögliche Ausfertigung des Ordens zu verleihen, stellt sie quasi offiziell in eine Reihe mit ihren „großen“ Amtsvorgängern.

Das ist nicht unumstritten, da Merkel nicht nur während ihrer Amtszeit durch ihre Flüchtlingspolitik nach 2015 stark polarisiert hatte, sondern auch nach ihrem freiwilligen Ausscheiden aus dem Amt scharf für ihre Russland-Politik kritisiert wurde. Pikant: Steinmeier war selbst nach Beginn des Ukraine-Krieges dafür in die Kritik geraten, weil er als Merkels zweimaliger Außenminister einer der Architekten des deutschen Russland-Kurses war.

Der Bundespräsident hingegen dürfte sie für ihre Verdienste als Kanzlerin der Krisenbewältigung von Finanz- über Euro- und Flüchtlings- bis hin zur Corona-Krise würdigen und ihre Verdienste um die europäische Einigung herausheben. Auch ihre Biografie als Ostdeutsche, die aus der Diktatur kam und es zur zeitweise mächtigsten Frau der Welt brachte, dürfte eine Rolle gespielt haben.

Merkel lädt Weggefährten ein – nicht mit dabei: CDU-Chef Merz

Für Interesse sorgt nun auch die Gästeliste der Veranstaltung, die am Montag um 18 Uhr in Steinmeiers Amtssitz im Schloss Bellevue mit einer Laudatio des Bundespräsidenten beginnt und zu der auch Dankesworte Merkels sowie ein anschließendes feierliches Abendessen gehören, zu dem Steinmeier die Preisträgerin und ihre Gäste einladen wird.

Auffällig daran ist, dass Merkel neben dem amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der in ihrer zweiten großen Koalition ihr Vizekanzler war, vor allem Weggefährten aus CDU und SPD eingeladen hat – nicht aber aus FDP und CSU, mit der sie von 2009 bis 2013 regierte. Weder ehemalige Parteifreunde aus der CSU wie den damaligen Vorsitzenden Horst Seehofer noch amtierende Größen ihrer eigenen Partei, etwa CDU-Chef Friedrich Merz, hat Merkel eingeladen.

Merkels Gästeliste

Auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) bestätigte das Bundespräsidialamt einen Bericht des „Stern“, wonach die Preisträger gewöhnlich etwa 20 Ehrengäste plus Familienmitglieder einladen und Merkel in Absprache mit Steinmeier folgende Personen auf ihre Gästeliste gesetzt hat:

  • Ehemann Joachim Sauer und dessen Sohn Daniel,
  • Angela Merkels Geschwister Irene und Marcus Kasner,
  • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der seine Teilnahme erst an diesem Freitag öffentlich bestätigt hat,
  • EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), die als Merkels Vertraute galt und in ihren Regierungen verschiedene Ministerposten innehatte,
  • ihre früheren Kanzleramtschefs Thomas de Maizière, Ronald Pofalla, Peter Altmaier und Helge Braun (alle CDU),
  • Annette Schavan, ebenfalls langjährige Vertraute und Ministerin unter Merkel, zuletzt deutsche Botschafterin im Vatikan (bis 2018),
  • den heutigen deutschen Botschafter in Israel, Steffen Seibert, der von 2010-2021 elf Jahre lang Merkels Regierungssprecher war,
  • ihre engen Vertrauten und Mitarbeiterinnen im Bundeskanzleramt Beate Baumann und Eva Christiansen
  • den früheren DDR-Bürgerrechtler und Berliner Pfarrer Rainer Eppelmann, der sie als Oppositionspolitiker in der Wendezeit von einer Karriere als Berufspolitikerin überzeugt hat,
  • den Schauspieler und Intellektuelle Ulrich Matthes, mit dem Merkel seit ihrer Kanzlerschaft befreundet ist,
  • Jürgen Klinsmann, der in Merkels erstem vollen Amtsjahr (2006) und während der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland Bundestrainer war und heute als Nationaltrainer in Südkorea arbeitet,
  • den Historiker Neil MacGregor,
  • die Chemieprofessoren Robert Schlögl, Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung, und Helmut Schwarz, dessen Amtsvorgänger bei der Stiftung sowie
  • Kunsthistoriker Horst Bredekamp.

Ebenfalls eingeladen, aber nicht dabei sind Merkels früherer Vizekanzler, Ex-SPD-Chef Franz Müntefering, der wegen Krankheit abgesagt hat, und der langjährige Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU), der terminlich verhindert ist.

Merkel war von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin. Ihre historische Rolle ist umstritten. So hatte der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) jüngst für Aufsehen gesorgt, weil er Merkel nicht in die Aufzählung der großen Kanzler wie Adenauer, Brandt und Kohl einfügen wollte. „Das ist vielleicht noch zu früh, um das abschließend zu beurteilen“, sagte er dem „Handelsblatt“.

Wie zu erwarten kam die schnellste und schärfste Kritik von der AfD, die dem Unmut gegen Merkels Eurorettungskurs ihre Gründung und dem Protest gegen ihre Flüchtlingspolitik den Einzug in den Bundestag verdankt. „Egal ob das kolossale Versagen in der Flüchtlingskrise, der Ausstieg aus der Kernenergie oder die sogenannte Eurorettung: Merkel hat Deutschland ruiniert und als Scherbenhaufen hinterlassen“, protestiert ihr Bundesvize und Rechtsaußen, Stephan Brandner, gegen die Ehrung. Dass „gerade der höchst umstrittene Steinmeier“ Merkel diesen Orden verleihe, spreche „gegen solche Auszeichnungen grundsätzlich“.

Kritik an Merkels Russland-Politik

Angesichts des russischen Einmarschs in der Ukraine ist ihre Russlandpolitik zuletzt in die Kritik geraten. In ihrem ersten großen Interview, das Merkel nach dem eingangs erwähnten Live-Talk dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) gegeben gab, hatte sie sich dagegen verwahrt: „Ich habe nicht an Wandel durch Handel geglaubt, aber an Verbindung durch Handel, und zwar mit der zweitgrößten Atommacht der Welt“, sagte Merkel unter anderem. Aus damaliger Sicht sei ihr Kurs richtig gewesen.

Der Verdienstorden wird nach Angaben des Präsidialamtes in acht verschiedenen Stufen verliehen. In allen Abstufungen wurde er seit der Einführung durch Bundespräsident Theodor Heuss 1951 mehr als 260.000-mal verliehen – und zwar „an in- und ausländische Bürgerinnen und Bürger für politische, wirtschaftlich-soziale und geistige Leistungen“ sowie darüber hinaus für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik, etwa im sozialen und karitativen Bereich.

„Er ist die einzige allgemeine Verdienstauszeichnung in Deutschland und damit die höchste Anerkennung, die die Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht“, heißt es vom Bundespräsidialamt. „Eine finanzielle Zuwendung ist mit der Verleihung des Verdienstordens nicht verbunden.“

RND

Merkel spricht über Ukraine-Politik: „Ich hatte nicht mehr die Kraft, mich durchzusetzen“

Wirbel um angebliche SMS von Springer-Chef Döpfner: „Ossis sind entweder Kommunisten oder Faschisten

Was über die Krönung von Charles III. bekannt ist: Krone, Musik, Pomp