Für Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel kam der russische Angriff auf die Ukraine nicht überraschend. „Das Abkommen von Minsk war ausgehöhlt. Im Sommer 2021, nachdem sich die Präsidenten Biden und Putin getroffen hatten, wollte ich mit Emmanuel Macron im EU-Rat noch mal ein eigenständiges europäisches Gesprächsformat mit Putin herstellen“, sagte sie nun dem Magazin „Spiegel“.
„Aber ich hatte nicht mehr die Kraft, mich durchzusetzen, weil ja alle wussten: Die ist im Herbst weg.“ Wenn sie im September noch einmal zur Wahl angetreten wäre, hätte sie weitergebohrt, beteuert sie. Wenige Monate vor dem Ende ihrer Amtszeit war Merkel noch zu Putin nach Moskau gereist – zu einem Abschiedsbesuch.
Doch die Ex-Kanzlerin gibt gegenüber dem Magazin zu: „Das Gefühl war ganz klar: ‚Machtpolitisch bist du durch.‘ Für Putin zählt nur Power.“ Er habe zu diesem letzten Besuch auch Außenminister Sergei Wiktorowitsch Lawrow mitgebracht. „Sonst haben wir uns häufiger unter vier Augen getroffen“, so Merkel.
Merkel verteidigt Vertrauen gegenüber Russland
Sie bereue es aber weiterhin nicht, nicht noch einmal als Kanzlerkandidatin angetreten zu sein. „Da musste mal jemand Neues ran“, so ihre Meinung. „Innenpolitisch war es überreif.“ Und auch außenpolitisch sei sie zum Ende ihrer Amtszeit bei vielen Anliegen keinen Millimeter weitergekommen. „Nicht nur, was die Ukraine angeht. Transnistrien und Moldau, Georgien und Abchasien, Syrien und Libyen. Es war Zeit für einen neuen Ansatz“, ist die Altkanzlerin sich sicher.
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