Hoch im Norden: Schwedische Kulturhaupstadt Umeå
Um die Stadt Umeå weit im Norden Schwedens auf der Landkarte zu entdecken, muss man schon gezielt hingucken.
Mit dem Auto dauert die Reise von der Hauptstadt Stockholm aus durch dichte Wälder sechseinhalb Stunden. Obwohl sie sich «größte Stadt Nord-Skandinaviens» nennt, zieht die Studentenhochburg nicht gerade viel internationales Augenmerk auf sich. Das soll 2014 anders werden, wenn sich Umeå gemeinsam mit Lettlands Hauptstadt Riga als Europäische Kulturhauptstadt präsentiert.
15 Prozent mehr Gäste als sonst wünschen sich die Organisatoren von «Umeå2014». 150 000 bis 200 000 Besucher sollen zu den 300 Veranstaltungen des Kulturhauptstadtjahres kommen. Das soll Umeås junge und studentische Seite zeigen, aber auch ein «Fenster zur Sami-Kultur» sein. «Die Samen sind die einzigen Urvölker Europas und spielen eine wichtige Rolle in Umeå und Nordschweden», sagt Sprecherin Marit Andersson. Die Stadt in der Natur ist Winterweideort der Rentiere und für die Samen ein zentraler Ort.
Dreh- und Angelpunkt des Kulturhauptstadtjahres im Norden ist der samische Kalender, der nicht vier, sondern acht Jahreszeiten umfasst: Pflege, Erwachen, Rückkehr, Wachstum, Besinnung, Ernte, Verlangen und Reise. «Der Sami-Kalender orientiert sich an der Wanderung der Rentiere», sagt Anne Wuolab. Sie gehört zum Volk der Samen und koordiniert den Sami-Teil des Eröffnungswochenendes. «Wir wollen etwas über das langsame Leben erzählen, das die Sami leben», in Einklang mit der Natur, sagt sie.
Acht Ausstellungen mit Werken von Sami-Künstlern sollen über das Jahr verteilt einen Einblick in Alltag und Lebensweise der Samen vermitteln. Zu Umeås jährlicher «Sami-Woche» im März wollen die Schweden größer auffahren als sonst. Am Eröffnungswochenende (31. Januar bis 2. Februar 2014) können Gäste auf dem Rathausplatz eine Sami-Hütte in einer Schneelandschaft besuchen. «Das wird eine Art Informationskampagne in Gang setzen», sagt Anne Wuolab.
Aber es gibt auch kritische Stimmen. Einige Samen sind skeptisch und wollen erst einmal abwarten, wie sehr das Jahr wirklich ein Schlaglicht auf ihre Kultur wirft. Von dem Budget von 410 Millionen schwedischen Kronen (etwa 46 Millionen Euro) sind 50 Millionen (etwa 5,6 Millionen Euro) für Sami-Events eingeplant.
Daneben planen die Schweden ein Programm, das den pulsierenden Strom von Einflüssen in der jungen Stadt widerspiegelt: Von rund 117 000 Einwohnern ist nahezu jeder Dritte Student. Ein Jugendfußballturnier, ein gigantisches Picknick und etliche Festivals von Jazz über Film und Tanz bis hin zu einem Zirkus- und einem Mitternachts-Tango-Festival sind in das Programmheft von Umeå2014 aufgenommen, das sich ständig weiterentwickeln soll.
Seine «Crossover-Kultur» mache Umeå so besonders, meinen die Organisatoren. So bekommen die Zuschauer in der Norrlandsopera bei weitem nicht nur Opern zu sehen. Dort steigen auch Rockkonzerte oder Performance-Kunst. In Umeå darf (fast) alles zusammengehen: Lichterfest und LAN-Nacht, Horror-Theater und Heavy Metal. Umeå ist Heimatstadt der Hardcore-Punkband «Refused» und der Rockgruppe «The (International) Noise Conspiracy».
Auf einen ihrer Söhne ist die Stadt im Norden Europas aber ganz besonders stolz: den 2004 gestorbenen Schriftsteller Stieg Larsson. Der Autor der berühmten «Millennium»-Saga wuchs in Umeå auf und wurde 2012 posthum zum Ehrenbürger ernannt. Neben dem Kulturhaus «Väven» wollen die Einwohner Umeås ihm zur Kulturhauptstadt jetzt ein Denkmal setzen. Larssons eigenwillige Protagonistin Lisbeth Salander, so glauben die Schweden, soll einem «typischen Mädchen aus Umeå» nachempfunden sein.
Umeå2014
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