Von einem „rechtsfreien Raum“ sprach einer der Verantwortlichen des TuS Wiescherhöfen am Dienstagabend und war dabei leicht aufgewühlt. Nur wenige Augenblicke zuvor hatte das Sportgericht Unna-Hamm in den Räumlichkeiten des TuS Lohauserholz-Daberg nach einer hitzigen über zwei Stunden dauernden Verhandlung ein Urteil gefällt und einen beschuldigten Fußballer des SV Stockum freigesprochen.
Worum ging es? Am 5. Februar war die Fußball-Partie in der Kreisliga C1 Unna-Hamm zwischen dem SV Stockum II und dem TuS Wiescherhöfen III beim Stand von 0:1 in der 76. Spielminute abgebrochen worden, weil die TuS-Spieler geschlossen den Platz verlassen hatten. Ein Spieler der Gäste soll geschlagen worden sein, was jedoch der Schiedsrichter nach eigener Aussage nicht wahrgenommen habe.
Das Gericht wertete am vergangenen Dienstag die Partie mit 2:0 für den TuS Stockum II. Erklärung: Das dreiköpfige Sportgericht um Sportrichter Veysel Cerci, den Vorsitzenden Michael Zahorodnyj und den stellvertretenden Vorsitzenden Dietmar de Sacco konnte nicht zweifelsfrei feststellen, dass der Beschuldigte seinen Gegenspieler geschlagen hatte. Wiescherhöfen muss zudem ein Ordnungsgeld von 50 Euro zahlen, da nur der Schiedsrichter zum Abbruch einer Partie berechtigt sei.

Die mündliche Verhandlung war angesetzt, da es dem Gericht an „neutralen Zeugen“ fehlte. Ein Wiescherhöfener Spieler hatte angegeben, nach einer Backpfeife bewusstlos geworden zu sein. Der beschuldigte Stockumer Spieler hatte hingegen erklärt, dass die Verletzung des Spielers aus einem Kopfballduell resultiere, das im Fußball alltäglich sei. Es stand Aussage gegen Aussage.
Schiedsrichter hat keinen Schlag gesehen
Doch auch am Dienstag wichen beide Seiten nicht von ihrer Position ab. Der beschuldigte Spieler verwies auch in der Verhandlung auf eine Szene, die im Fußball ständig vorkomme: „Wir sind gemeinsam zum Kopfball hochgegangen. Dann kam es zu einem unglücklichen Zusammenstoß“. Er beteuerte, „definitiv niemanden geschlagen“ zu haben.
Als nächstes war der Schiedsrichter an der Reihe. Der erklärte, er habe zwar einen Schrei gehört und zudem gesehen, dass Spieler auf ihn zugekommen seien. Aber von einem gezielten Schlag habe er nichts mitbekommen.
„Da ist niemand zum Kopfball gegangen“
Kurz darauf sprach das mutmaßliche Opfer und bestritt die Version des Stockumer Spielers. Er sei sich sicher, dass die Verletzung um eine keinesfalls alltägliche Zweikampfsituation gehandelt habe: „Ich war im Sechzehner und bekam einen Schlag von hinten. Da ist niemand zum Kopfball gegangen.“
Der Schiedsrichter sei in der Situation nicht zur Hilfe gekommen, da er nur wenige Augenblicke zuvor einen Elfmeter für Stockum gepfiffen hatte und noch mit dieser Szene beschäftigt gewesen sei. Vertreter von Wiescherhöfen bestätigten diesen Ablauf und waren sich zum Teil sicher, dass es sich bei dem anwesenden Spieler des SV Stockum um den vermeintlichen Täter handelt.
Berufung ist möglich
Eine emotionale Diskussion folgte. Beide Seiten warfen sich gegenseitig vor, nicht bei der Wahrheit zu bleiben. Der Vorsitzende Michael Zahorodnyi wandte sich in Richtung der Stockumer Seite: „Es kann ja nicht sein, dass jemand auf dem Boden liegt und keiner hat etwas gesehen.“
Mohammed Amer, der Vorsitzende des SV Stockum, antwortete: „Sollte ein Spieler von uns jemanden geschlagen haben, dann würde ich es sagen. Aber ich erwarte auch vom Gegner, dass sie sagen, wie es war.“ Aus Sicht des Gerichts stand also weiter Aussage gegen Aussage. Die Aussagen auch innerhalb der Lager wichen erkennbar in der zeitlichen Abfolge und Detailbeschreibung der Geschehnisse so stark voneinander ab, sodass das Sportgericht den Hergang nicht zweifelsfrei rekonstruieren konnte. Und das, obwohl die Wiescherhöfener klar von einem Schlag sprachen und diesen auch gesehen haben wollten. Wiescherhöfen bleibt die Möglichkeit einer Berufung.
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