Elf Monate nach einer lebensgefährlichen Bluttat in Herten ist ein 34-jähriger Vater am Bochumer Schwurgericht zu zehn Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Der Mann aus Gelsenkirchen hatte im Januar auf der Straße „Über den Knöchel“ vor den Augen seines damals fünfjährigen Sohnes immer wieder mit einem Messer auf seine Ex-Frau eingestochen. Die Mutter (32) ist infolge der Stich- und Schnittverletzungen ihr Leben lang gezeichnet.
„Meine Hände bluteten stark“
„Ich bitte um Gnade.“ Mit diesem Satz hatte der aus Ägypten stammende Vater die Richter am Mittwochmittag (20.12.) in die Urteilsberatung entlassen. Dass er am Morgen des 16. Januar auf seine geschiedene Frau mehrfach mit einem Messer eingestochen hat, stellte der 34-Jährige zwar nicht in Abrede, er behauptete sogar: „Ich bereue sehr, was ich getan habe.“
Bis zuletzt hielt der Angeklagte jedoch daran fest, nicht er habe die spätere Tatwaffe dabeigehabt („Ich hatte kein Messer, wollte nur einen schönen Tag mit meinem Sohn haben“), sondern seine Ex-Frau.
Und die habe ihn angeblich sogar zuerst damit verletzt. An die von ihm verübte Messerattacke auf seine Frau will der 34-Jährige angeblich keine Erinnerung mehr haben. „Meine Hände bluteten stark und dann bin ich weggerannt“, hieß es.
Unglaubhaft, abwegig und lebensfremd
Mit Blick auf die Herkunft des Messers, entlarvte das Bochumer Schwurgericht die Version des Angeklagten indirekt als Lüge. Dass die Frau das Messer mitgeführt habe, sei absolut unglaubhaft, abwegig und lebensfremd.
Der Angeklagte habe seinen Sohn entführen wollen, weil er eine Vorahnung gehabt habe, dass ein Familiengericht tags darauf abermals gegen ihn und seinen Umgangswunsch entscheide, hieß es.
Nachdem er seiner Ex-Frau das Kind entrissen hatte, er jedoch von einem Augenzeugen aufgehalten worden war, habe der 34-Jährige den Tötungsentschluss gefasst.
„Teils aus Verzweiflung, teils aus Hass, teils aus Rache“, hieß es in der Urteilsbegründung. Aber auch teils beruhend auf der wahnhaften Vorstellung, dass „ausschließlich er – der Vater - für die Erziehung des Kindes zuständig sein sollte“.
Elf Stich- und Schnittverletzungen
Die erlittenen Verletzungen der Hertenerin waren akut lebensgefährlich. Die Frau hatte elf Stich- und Schnittverletzungen an Schulter, Brust, Hals und Oberschenkel davongetragen.
Zum Schluss des Angriffs hatte sich der 34-Jährige laut Urteil „breitbeinig“ über die am Boden liegende Ex-Frau gestellt, ihren Kopf angehoben und ihr mit dem Messer einen zehn Zentimeter langen Schnitt quer über die Kehle versetzt.
„Akt der Selbstjustiz“
„Er wollte dadurch sichergehen, dass sie endlich stirbt und ihm keine Probleme mehr macht“, hatte sich die Staatsanwältin festgelegt.
Der Messerangriff sei insgesamt „ein Akt der Selbstjustiz“ eines von Menschenverachtung geprägten Täters gewesen. Der Kehlschnitt - „wie beim Schächten eines Nutztieres“ - eine ganz gezielt zugefügte, besonders demütigende Verletzung.
Dass die Hertenerin den Angriff überhaupt überlebt hat, lag am schnellen Eingreifen eines Augenzeugen sowie einer Streifenwagenbesatzung.
Die Polizisten hatten eine stark blutende Oberschenkel-Verletzung mit einem Tourniquet (einem speziellen Abbindesystem) abgebunden und so verhindert, dass die Frau auf offener Straße vor den Augen ihres Sohnes verblutet. Eine Not-Operation im Krankenhaus rettete der Frau das Leben.
Dem 34-Jährigen war es zunächst gelungen, sich ins Ausland abzusetzen. Bereits am 17. Januar konnte der Mann jedoch in Tschechien festgenommen werden, fünf Monate später war er an die deutschen Behörden überstellt worden.
Einen Mordversuch sah das Schwurgericht nicht als verwirklicht an, bewertete den Messerangriff als „Spontantat“. Das Urteil lautet auf versuchten Totschlag, schwere und gefährliche Körperverletzung.
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