
© picture alliance / dpa
Erbrechts-Experte Dr. Strutz: „Bei Rudi Assauers Testament ist fast alles falsch gelaufen“
Rechtsstreit um Erbe des Schalke-Stars
Gut möglich, dass das Testament der Schalke-Legende Rudi Assauer ungültig ist. „Dass es überhaupt verfasst wurde, ist nicht nachzuvollziehen“, sagt der Experte für Erbrecht, Dr. Eberhard Strutz.
Die Berichterstattung unserer Redaktion über die spektakuläre Wendung im Rechtsstreit um das Erbe des einstigen Fußball-Stars Rudi Assauer aus Herten hat das Interesse von Dr. Eberhard Strutz geweckt. Der Recklinghäuser Rechtsanwalt ist seit 53 Jahren im juristischen Geschäft (davon 37 Jahre als Notar) tätig und ein Experte in Sachen Erb- und Familienrecht. Sein Urteil ist vernichtend: „Bei diesem Testament ist juristisch so ziemlich alles falsch gelaufen.“

Rechtsanwalt und Erbrechts-Experte Dr. Eberhard Strutz vor dem heimischen Bücherregal. © Jörg Gutzeit
Rudi Assauer, der in Herten aufwuchs und hier auch seinen Lebensabend verbrachte, war an Alzheimer erkrankt und konnte seine Angelegenheiten nicht mehr selbstständig regeln. Jahrelang hatte seine älteste Tochter Bettina Michel ihren demenzkranken Vater gepflegt. Im Dezember 2011 hatte sie ihn aus seiner Gelsenkirchener Villa in ihr Reihenhaus in Herten-Langenbochum geholt. Wenig später, am 17.1.2012, wurde ein notariell beglaubigtes Testament verfasst, das Michel zur Alleinerbin des Assauer-Vermögens erklärte.
Ihre Halbschwester Katy wollte das nicht hinnehmen und forderte nach Assauers Tod im Februar 2019 Auskunft über das väterliche Vermögen. Im Rechtsstreit legte Bettina Michel eine Aufstellung vor, laut derer von dem auf bis zu 2,3 Millionen Euro bezifferten Vermögen nur noch 15.000 Euro Bargeld, Firmenanteile im Wert von 25.000 Euro und ein zehn Jahre alter Opel übrig waren.
„Notar hätte fachärztliches Gutachten einholen müssen“
Wie es angesichts der fortgeschrittenen Demenz des früheren Managers von Schalke 04 zur Abfassung besagten Testaments kommen konnte, ist Dr. Strutz schleierhaft. „Es reicht nicht aus, wenn der Notar sich mit dem Klienten unterhält und dann behauptet, dieser sei klar genug gewesen.“ Im Erbrecht sei es vielmehr Standard, dass „ohne Gutachten nichts läuft“. Es bedürfe zwingend einer fachärztlichen Einschätzung. „Ein Notar verfügt doch gar nicht über die notwendigen medizinischen und psychiatrischen Fähigkeiten, um die Geschäftsfähigkeit eines demenziell Erkrankten zu bewerten.“
Kaffeestunde und ein paar Fangfragen reichen nicht
Rechtsanwalt Strutz betont: „Die Notwendigkeit eines fachärztlichen Gutachtens bei Anhaltspunkten für eine Geschäftsunfähigkeit des Erblassers entspricht der ständigen Rechtsprechung.“ Das habe auch der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt. „Mit einer Kaffeestunde beim Notar und ein paar Fangfragen ist es definitiv nicht getan.“
Insofern wundert es ihn nicht, dass jetzt der Gutachter im Prozess um Rudi Assauers Erbe die Einschätzung des Notars, der das Testament beurkundet hatte, nicht teilt. Dr. Thomas Finkbeiner, renommierter Chefarzt der Psychiatrie am Klinikum Westfalen in Dortmund, ist zu dem Schluss gekommen, dass der schwer an Alzheimer erkrankte Mann seinerzeit nicht mehr geschäftsfähig war. Folgt das Gericht seiner Bewertung, so ist Rudi Assauers Testament ungültig und es tritt die gesetzliche Erbfolge ein.

Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dirk Giesen (52, links) und der Marler Rechtsanwalt Burkhard Benecken (46) vertreten gemeinsam mit Anwalt Hans Reinhardt (61) die Beklagten im Falle Assauer. © Privat
Für die Alleinerbin Bettina Michel wäre das ein schwerer Schlag. Der Erbrechtssenat des Oberlandesgerichts Hamm hat in einer in 2022 veröffentlichten Entscheidung ausdrücklich betont, dass der Notar mangels fachlicher Kenntnisse kein geeigneter Zeuge für eine angebliche Testierfähigkeit ist. Eben jener Erbrechtssenat dürfte im Zweifel für ein Berufungsverfahren zuständig sein.
Michels Anwälte Burkhard Benecken und Dirk Giesen wollen das Gutachten gleichwohl auf keinen Fall akzeptieren. „Wir werden es mit aller Macht angreifen, gegebenenfalls bis in die höchste Instanz!“
Mein Journalistinnen-Herz schlägt für Herten und die Menschen vor Ort. Hier bin ich aufgewachsen, hier lebe und arbeite ich - letzteres als Lokalredakteurin und stellv. Redaktionsleiterin der Hertener Allgemeinen. Ich liebe meine Familie, Italien, Kunst, Sprache, Pferde, reise viel und koche mit Leidenschaft. Leserinnen und Leser finden bei mir immer ein offenes Ohr: für Anregungen, Fragen, Probleme und Sorgen ebenso, wie für kuriose, schöne oder spektakuläre Geschichten. Rufen Sie mich an oder schreiben Sie mir. Ich bin für Sie da - jederzeit.