Mit rund einer Viertelstunde Verspätung startete die Eröffnungspremiere „I Want Absolute Beauty“ der Ruhrtriennale am Freitag in der Bochumer Jahrhunderthalle. Aus dem Off fordert keine anonyme Stimme auf, auf Bild- / Tonaufnahmen zu verzichten und das Handy auszustellen, sondern Ivo Van Hove stellt sich als neuer Intendant für die nächsten drei Jahre vor und wünscht eine „unvergessliche Vorstellung“ in deutscher und englischer Sprache.
Netter Gag zum Einstieg, ansonsten hat es sich der Intendant recht leicht gemacht. Er setzt auf die zum Ensemble des Bochumer Schauspielhauses gehörende Sandra Hüller (ihr Chef, Intendant Johan Simons, war auch unter den Premierenbesuchern). Der Mimin ist es wohl auch zu verdanken, dass alle Aufführungen ausverkauft sind.

Ivo Van Hove lässt sie knapp 90 Minuten Lieder der britischen Singer-Songwriterin P J Harvey singen – und das kann diese tolle Schauspielerin natürlich auch. Perfekt gibt sie den Rockstar, lässt sich von den neun Tänzern schon mal in die Luft schmeißen, und auch bei den einfachen Choreografien kann sie mithalten.
Eine Geschichte im eigentlichen Sinn gibt es nicht. Zwar beginnt der Abend in Dorset, der Heimat von P J Harvey, doch ein Biopic ist es nicht. Sandra Hüller schleppt eine Tänzerin auf die mit Erde belegte Spielfläche. Dort gräbt sie einen Samen, während Hüller vom Wachsen singt. Zusehen ist das für die Zuschauer der hinteren Reihen nur über die Live-Projektion.
Videos meist ohne Mehrwert
Die Videos haben meist keinen Mehrwert, bebildern platt die Liedinhalte. Diese Tänzerin lässt sich als roter Faden lesen. So führt ihr Lebensweg nach London, wo sie sich als Sexarbeiterin verdingt.
Das Choreografen-Trio (La)Horde hat sich dafür eine Gruppen-Befummelung ausgedacht. Und wenn es um Soldaten geht, wird marschiert, salutiert und gerobbt.
Isabelle Huppert im Video
Nächste Station ist New York, dort ist es zunächst heiterer. Doch nach dem Verlieben folgt die Trennung. Dann geht´s zurück in die Heimat, wo die Oma vermisst wird. Die taucht per Video auf: Isabelle Huppert singt vom kränklichen Kind, das ihre Enkelin einst war, vom „erbitterten Königreich der Liebe“ und verabschiedet sich mit einem Küsschen.
Das Fazit des Konzertabends mit einer vierköpfigen Band im Bühnenhintergrund ist recht schlicht: Man muss das Leben nehmen, wie es kommt. Na denn.
Weitere Vorstellungen
Termine: 18./ 22. / 23. / 24. / 25. / 29. 8.2024; alle Aufführungen sind ausverkauft, aber es gibt eine Warteliste unter www.ruhrtriennale.de
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