Hamm: Bundesweit höchste Corona-Zahl - Auch andere Stadt verschärft Auflagen
Coronavirus
In Hamm steigt der Neuinfektionswert auf den höchsten Wert bundesweit. Nun greifen dort Maßnahmen einer Corona-Bremse. Der OB ist verärgert. Auch in anderen Orten hat man tiefe Sorgenfalten.

Eine Großhochzeit hat in Hamm einen starken Anstieg der Corona-Neuinfektionen verursacht. Teilgenommen hatten mehrere hundert Menschen - deutlich mehr, als die in NRW erlaubten 150. © picture alliance/dpa
Nach Hamm hat auch Remscheid angesichts stark steigender Neuinfektionswerte die Corona-Auflagen massiv verschärft. In der bergischen Stadt gilt an weiterführenden Schulen wieder die Maskenpflicht im Unterricht, und private Kontakte werden stark eingeschränkt. Bundesweiter Spitzenreiter mit den höchsten Corona-Neuinfektionszahlen ist weiterhin das westfälische Hamm - und der Wert stieg weiter. Als Auslöser gilt eine Großhochzeit vor drei Wochen. Das Brautpaar muss nun mit Bußgeldern rechnen.
Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU) zeigte sich verärgert: Der Schaden für die Stadt sei durch eine einzige Hochzeitsfeier vor gut drei Wochen entstanden. „Wir werden hier mit allen rechtlichen Möglichkeiten, die wir haben, auch in Regress gehen“, betonte er in einer Video-Botschaft. Schon am Vortag hatte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mit Blick auf private Feiern eine „Null-Toleranz“-Strategie angekündigt und Strafen angedroht, sollten sich die Veranstalter nicht an die Corona-Regeln halten.
In Hamm mit den bundesweit höchsten Corona-Neuinfektionszahlen klettert der Wert weiter. Am Mittwoch wurden 94,9 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen verzeichnet, wie ein Sprecher der Stadt sagte. Am Dienstag hatte die 182.000-Einwohner-Stadt bei dieser zentralen sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz noch 87,1 genannt. Laut Robert Koch-Institut lag Hamm am Mittwoch deutschlandweit mit einem gestiegenen Wert von 80,4 an der Spitze. Die Differenz kommt durch unterschiedliche Meldewege und -zeiten zustande.
Auflagen in Hamm gelten zwei Wochen
In Hamm dürfen sich seit Mittwoch zum Schutz gegen die Pandemie im öffentlichen Raum nur noch fünf Personen oder Personen aus zwei Haushalten gemeinsam aufhalten. Schüler und Lehrer in weiterführenden Schulen müssen auch im Unterricht einen Mund-Nasen-Schutz tragen, sofern ein Mindestabstand von 1,50 Metern nicht gesichert ist. Die am Dienstag beschlossenen Auflagen gelten zunächst für zwei Wochen.
Der Stadtsprecher sagte: „Wir gehen davon aus, dass die Menschen die Maßnahmen mittragen.“ Man stecke in einer „Extremsituation“. Weitere Schritte wolle man aber zunächst nicht ergreifen - sofern es nicht einen „erneuten großen Peak“ gebe. Die Stadt hoffe, bis Mitte nächster Woche über den Berg zu sein.
Über 300 Hochzeit-Besucher aus Hamm
Als Auslöser der dortigen Corona-Welle gilt eine Großhochzeit und damit verbundene weitere Feste, die Anfang September in Hamm und Dortmund und eine Woche später in Werl stattgefunden hatten. Dort waren mindestens 309 Teilnehmer aus Hamm gewesen, die alle in Quarantäne müssen und getestet werden. „Wir sind dabei herauszufinden, wer die Verantwortlichen sind und prüfen, wie wir sie zur Rechenschaft ziehen können“, erläuterte der Sprecher. Das gelte vor allem für das Brautpaar und den Betreiber der Lokalität in Hamm.
Bußgelder oder Schadenersatz seien denkbar. Der OB stellte klar: „Es kann nicht sein, dass eine kleine Gruppe im Grunde anschließend das Leben einer ganzen Stadt erheblich beeinträchtigt.“
Beschränkungen in Remscheid
Auch in Remscheid wurde der 50er-Schwellenwert überschritten. Die Sieben-Tage-Inzidenz des RKI kletterte deutlich - auf einen aktuellen Wert von 51,4 - nach 36,9 am Dienstag. In der bergischen Stadt gelten vor allem „reiserückkehrende Familienverbünde“ als Verursacher des Corona-Aus. Der Krisenstab verfügte ein Maßnahmenpaket ähnlich den Corona-Auflagen in Hamm. Im öffentlichen Raum dürfen sich maximal fünf Personen oder Angehörige von zwei häuslichen Gemeinschaften treffen. Die Kontaktbeschränkungen gelten auch für Restaurants, Geschäfte, Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Im Sport dürfen ab sofort maximal 150 Zuschauer zugelassen werden.
Private Feiern wie runde Geburtstage, Hochzeiten oder Jubiläen müssten ab einer Teilnehmerzahl von 25 Personen vorab den Behörden gemeldet werden. Ab 50 Gästen bis zu einer Obergrenze von 150 Personen muss die Stadt Feiern genehmigen. Die neuen Maßnahmen gelten zunächst für 14 Tage.
Zudem wurde den Bürgern geraten, in der Öffentlichkeit im gesamten Stadtgebiet Alltagsmasken zu tragen. Eine mehrsprachige Aufklärungskampagne und eine Plakataktion starteten. Man will Kontrollen verschärfen und Verstöße konsequent mit Bußgeldern ahnden.
Auch Gelsenkirchen weiter über Grenzwert
Der Kreis Steinfurt meldete unterdessen, dass mindestens 26 Beschäftigte eines mittelgroßen Betriebs der Fleischverarbeitung positiv auf das Coronavirus getestet worden seien. Eine Sprecherin des Kreises sagte auf Anfrage: „Das Ausmaß ist uns noch nicht bekannt, unsere Ermittler arbeiten mit Hochdruck.“ Es gehe darum, Infektionsketten rasch zu unterbrechen. Der Schwerpunkt des Geschehens liege im Emsdetten. Der Krisenstab stelle derzeit alle Informationen zusammen und werde über den aktuellen Zwischenstand berichten.
Wird in einer Stadt oder in einem Kreis die 50er-Grenze überschritten, sieht die Corona-Schutzverordnung in NRW „zwingend zusätzliche Schutzmaßnahmen“ vor. Schon ab einer Vorwarnstufe von 35 müssen erste Maßnahmen beraten werden. Über dieser Schwelle lag laut RKI Gelsenkirchen am Mittwoch mit 39,1 - und als größte Stadt in NRW näherte sich Köln dieser Marke mit 33,3 Fällen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen.
dpa