„Haifischbecken“ Amateurfußball: So funktioniert das Konzept der Spielerberatung

© Jens Lukas

„Haifischbecken“ Amateurfußball: So funktioniert das Konzept der Spielerberatung

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Immer mehr Amateur-Fußballer setzen auf professionelle und individuelle Betreuung, um ihre Karriere anzukurbeln. Spielerberater Lars Rohwer gewährt einen Einblick, wie das Modell funktioniert.

Westfalen

, 10.05.2021, 08:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Eigentlich hatte Lars Rohwer nicht geplant, eine Karriere als Spielerberater anzustreben. „Ich wurde tatsächlich vor einigen Jahren mal von einem Agenten aus einer größeren Agentur gefragt, ob ich mir das vorstellen könne“, erinnert sich Rohwer heute. Die Antwort: Das konnte er damals nicht. Denn auch in seinem Kopf waren beim Wort „Spielerberater“ gängige Vorurteile wie Geldgier und Halsabschneiderei verankert.

„Ich habe das Netzwerk - ich mache etwas Eigenes“

Doch dann kam alles anders. Rohwer, der über langjährige Erfahrung als Jugend-Trainer bei RW Ahlen, TSC Eintracht Dortmund, Hammer SpVg, FC Iserlohn und dem Holzwickeder SC verfügt, wurde irgendwann zunehmend von jungen Spielern, die er einst als Trainer betreute, um Rat bei Fragen rund um ihre sportliche Zukunft konsultiert. Und im Jahr 2018 wuchs schließlich der Gedanke: „Ich habe die Fähigkeiten, ich habe das Netzwerk, ich kann den Spielern helfen - ich mache etwas Eigenes.“

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Also gründete Rohwer 2019 schließlich seine eigene Beratungs-Agentur, die sich auf die Betreuung junger Fußballer spezialisiert, die sich auf dem Sprung vom Jugend- in den Seniorenbereich befinden. Rund 20 Spieler hat „GoalTalents“ heute im Portfolio. Etwa die Hälfte davon kickt in der U17- und U19-Bundesliga oder der U19-Westfalenliga, die andere Hälfte spielt im Seniorenbereich Westfalen- oder Oberliga.

Auch mal den Finger in die Wunde legen

Der Service, den „GoalTalents“ seinen jungen Klienten bietet, geht dabei weit über das Finden eines geeigneten Klubs hinaus. „Wir kümmern uns um den Fußballer als solchen, bieten quasi einen Full Service. Wir wollen jedem Spieler die richtigen Dinge für seine Entwicklung mit an die Hand geben. Wir wollen fördern, aber auch fordern. Ich bin ein Typ, der auch gerne mal den Finger in die Wunde legt, um einen Spieler nach vorne zu bringen“, erklärt Rohwer.

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Dazu zählen etwa auch individuelle Einzeltrainings. Diese erfreuten sich gerade in der Corona-Zeit großer Beliebtheit, erklärt Rohwer. „Die Spieler möchten aktuell Trainingsinhalte haben, die über die eintönigen Laufeinheiten hinausgehen, die ihnen ihre Klubs derzeit an die Hand geben.“ Also stellt Rohwer Individualtrainings zusammen und sucht wenn nötig nach freien Sportflächen, um die Einheiten umzusetzen.

Hilfe bei der Suche nach den richtigen Ärzten

Ein weiterer Service von „GoalTalents“: Verletzt sich ein Spieler, unterstützt die Agentur ihn bei der medizinischen Versorgung, hilft bei der Suche nach den richtigen Ärzten und kümmert sich auch um Termine. Doch damit nicht genug. „Wir wollen eine besondere Rolle als Ansprechpartner einnehmen - irgendwo zwischen dem Freundeskreis, der Familie und dem Fußballverein“, sagt Rohwer. Es gehe darum, ein offenes Ohr zu bieten, die Belange des Spielers zu hören und auf diese einzugehen.

Lars Rohwer (25) gründete 2019 seine Beratungs-Agentur „GoalTalents“, die sich auf junge Amateur-Fußballer spezialisiert hat.

Lars Rohwer (25) gründete 2019 seine Beratungs-Agentur „GoalTalents“, die sich auf junge Amateur-Fußballer spezialisiert hat. © DENNIS ECHTERMANN

„Ich erinnere mich an einen Fall, in dem ein U17-Bundesligaspieler sehr unzufrieden war, weil er bei einem wichtigen Spiel nicht berücksichtigt wurde. Ein nächtliches Telefonat mit ihm hat ihn am Ende davor bewahrt, am nächsten Tag dem Trainer seinen in dem Fall unbegründeten Unmut kundzutun. Das hätte ihn sonst vermutlich viel gekostet“, so Rohwer.

„Im Jugendbereich gehen wir an keinerlei finanzielle Sachen“

Doch was treibt Rohwer und seinen Geschäftspartner - die Agentur besteht derzeit aus zwei Mitarbeitern - an? Die Aussicht auf zeitnahen Profit ist es jedenfalls nicht. „Im Jugendbereich verdienen die Spieler selbst auf Bundesliga-Niveau höchstens ein bisschen bis nichts. Deshalb gehen wir dort an keinerlei finanzielle Sachen heran“, beteuert Rohwer.

Etwas anders sieht es im Seniorenbereich aus. „Dort gibt es gewisse Vereinbarungen mit den Spielern, durch die wir an ihrem Grundgehalt partizipieren“, erläutert Rohwer - ohne genaue Zahlen zu nennen. Eine Online-Recherche auf einschlägigen Websites lässt zumindest erahnen, um welche Größenordnungen es hier in etwa geht.

8 bis 12 Prozent des Grundgehalts gehen an die Berater

Junge Spieler, die aus dem Jugend- in den Seniorenbereich wechseln, erhalten demnach auf Westfalen- oder Oberliga-Niveau meistens einen niedrigen dreistelligen Betrag im Monat an Grundgehalt - was für die Spieler in vielen Fällen dazu reicht, um die Fahrtkosten zum Training und Ähnliches zu decken. Spielerberater erhalten wiederum, je nach Vereinbarung mit dem Spieler, in der Regel zwischen 8 und 12 Prozent dieses Grundgehalts.

Darüber hinaus können die Spieler üblicherweise zusätzliche Prämien verdienen - die pro Spieltag auch nochmal dreistellig ausfallen können. An solchen Prämien partizipieren Rohwer und seine Agentur nach eigener Aussage nicht. Und ebenso wenig gebe es ein Handgeld für Spieler oder Berater, wenn ein Deal mit einem neuen Klub zustande komme. „In der Oberliga wird dir kein Verein so etwas zahlen - zumal es rechtlich schwierig ist“, gibt Rohwer zu bedenken.

Bei GoalTalents wird nichts aus Profit gemacht - noch nicht

„Derzeit können wir als Agentur mit unseren Einnahmen höchstens unsere Handyrechnung bezahlen und die Fahrtkosten ausgleichen. Es wird also nichts aus Profit gemacht“, sagt Rohwer. Dort könne es vielleicht irgendwann mal hingehen. „Doch zurzeit investiere ich vor allem viel Zeit. Das können nicht viele. Ich kann es zum Glück - und es macht mir Spaß.“

Und vielleicht tritt ja wirklich irgendwann der Idealfall ein und ein „GoalTalents“-Spieler schafft den Sprung in den lukrativen Profi-Bereich. Doch bis dahin ist der Weg noch steinig. Und zwar nicht nur für den Fußballer selbst, wie Rohwer weiß: „Es gab auch schon den Fall, dass wir einen vielversprechenden Spieler an eine andere Agentur verloren haben, die ihm mehr geboten hat. Auch der Amateurfußball ist eben ein Haifischbecken.“