Großkonzert im trauernden Duisburg

Duisburg hat die Loveparade-Katastrophe noch lange nicht überwunden. Gustav Mahlers «Sinfonie der Tausend», ein lange geplantes Großereignis im Kulturhauptstadtjahr, begann deshalb am Sonntagabend in der Kraftzentrale des Duisburger Landschaftsparks-Nord mit bedrücktem Schweigen.

Duisburg (dpa)

von Von Anke Demirsoy

, 13.09.2010, 17:01 Uhr / Lesedauer: 2 min

Dirigent Lorin Maazel bei der Generalprobe.

Dirigent Lorin Maazel bei der Generalprobe.

Mehr als 4000 Menschen erhoben sich von ihren Sitzen, als Ruhr.2010-Chef Fritz Pleitgen zum Gedenken an die Toten und Verletzten aufrief. Der großen Stille folgte eine hymnische, von 1200 Stimmen und 180 Musikern des Ruhrgebiets intonierte Anrufung des Schöpfer-Geistes.

Der Wille zur Großtat ist Mahlers Sinfonie deutlich anzumerken. Das monumentale Werk, das seinen Titel der großen Zahl der Aufführenden und einem findigen Konzertagenten verdankt, kam den Bemühungen der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 entgegen, die kulturellen Kräfte der Region zu bündeln. Aus sechs Ruhrgebiets-Orchestern und zahlreichen Chören der ganzen Region kamen die Musiker zusammen.

Auf den Tag genau 100 Jahre nach der Uraufführung von Gustav Mahlers 8. Sinfonie in München versuchten die Macher der Kulturhauptstadt, dieses bedeutende Ereignis zu rekonstruieren. Dafür wurde eine mit klangvollen Namen gespickte Solistenriege engagiert sowie der 80-jährige Maestro Lorin Maazel, einer der namhaftesten Dirigenten unserer Zeit.

Nicht die Opernchöre der Region, sondern Laien aus den mehr als 3000 Chören und Sängervereinigungen des Ruhrgebiets bildeten die große Mehrheit der Aufführenden. Ihrer Leistung ist es zu verdanken, dass Masse an diesem Abend nicht das Gegenteil von Klasse bedeutete. So sicher, ja bravourös der ekstatische Jubel des Pfingsthymnus und die stürmische Bitte um Erleuchtung der Sinne auch gemeistert wurden, so leuchteten die leisen und mystischen Facetten der Partitur fast noch eindrucksvoller.

Unter der Leitung des erfahrenen Maazel, der für die Aufführung ein bewusst langsames Grundtempo wählte, fanden alle Interpreten zu einer Homogenität, die angesichts der Vielzahl der beteiligten Orchester und Ensembles überraschen musste.

Maazels langsame Tempi machten es den Gesangssolisten dabei nicht leicht, sich gegen die geballte Wucht von Chor- und Orchester durchzusetzen. Aber obgleich mancher Abschnitt aus der Schluss-Szene von Goethes «Faust» vollends auf der Stelle zu treten drohte, entfaltete sich das Stück ohne wirklich nennenswerten Stolperstein.

Die Orchestermusiker, die ihre Kräfte zuvor klug eingeteilt hatten, zogen am Ende alle Klangfarben-Register, um die «Mater gloriosa» im Werk von Harfenklang umrauscht vorüber schweben zu lassen. Großer Applaus belohnte das musikalische Wagnis. Die Kulturhauptstadt kann einen künstlerischen Erfolg für sich verbuchen.

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