Große News und kleine Spiele

Gamescom in Köln

Die Gamescom ist die größte Publikumsmesse für Computerspiele der Welt. Sie liefert wichtige Nachrichten für Spielefans. Welche Neuerscheinungen gibt es? Was kann das neue FIFA? Wie steht es um Spiele für die VR-Technologie? Aber das schönste an der Messe sind nicht die Schlagzeilen, sondern die Schätze im Abseits.

KÖLN

21.08.2016, 13:03 Uhr / Lesedauer: 4 min
Das Gamer-Klischee ist längst überholt. Das Publikum auf der Gamescom in Köln besteht nicht mehr nur aus männlichen Jugendlichen.

Das Gamer-Klischee ist längst überholt. Das Publikum auf der Gamescom in Köln besteht nicht mehr nur aus männlichen Jugendlichen.

Gamer sind eine Klischee-Figur: vorwiegend männliche Teenies mit Bock auf Lärm und Action. Auch 2016 war die Gamescom wieder eine Messe, die nicht nur Spiele feierte – sondern auch dieses Klischee.

Das Spiele-Publikum wird älter und weiblicher, doch das ist bei den Veranstaltern wohl noch nicht so recht angekommen. So schrien wieder Animateure auf Bühnen ihr Publikum an, so krönten wieder Stuntshows und Skateboards das Rahmenprogramm der Messe.

Ein verdienter Sieger

Aber Spiele können mehr. Sie können Brücken bauen. Und die Jury für den Gamescom Award baute eine besonders schöne: Sie verlieh dem Action Adventure The Legend of Zelda: Breath of the Wild den Hauptpreis.

Die Abenteuer des jugendlichen Helden Link verzauberten bereits Generationen. Das neue Spiel ist besonders ausladend, und weckt mit einer weit offenen Welt den abenteuerlustigen Pfadfinder in uns allen. Leider steckt das neue Zelda in einer Nische fest; es erscheint exklusiv für Nintendos Konsolen Wii U und NX. Die eine ist ein Flop, die andere noch nicht erschienen.

Kleine Neuheiten

Für eine handvoll Spielenachrichten war die Gamescom schon immer gut. So auch dieses Mal. Feste Erscheinungstermine werden immer gern genommen – Ubisoft bringt etwa das launige Wintersportspiel Steep saisongerecht am 2. Dezember in den Handel. Auch neue Details zu bekannten Spielen gehen immer – wer im Strategie-Epos Civilization VI die Deutschen als Zivilisation wählt, der spielt als Kaiser Barbarossa.

Natürlich sind auch neue Inhalte für alte Spiele immer beliebt. Besonders schön ist diesmal vielleicht der neue Spielmodus in der Mehrspielersause Star Wars: Battlefront. Im neuen Modus dürfen Krieg-der-Sterne-Fans endlich einen X-Wing besteigen und den Todesstern in die Luft jagen.

Große Neuheiten

Es geht auch eine Nummer größer. Auf der Messe wurden völlig neue Erweiterungen angekündigt. Das Rennspiel The Crew ruft etwa mit Calling All Units die Polizei. Das Mehrspielerrennen war bisher immer dann am besten, wenn es ein fröhliches Chaos veranstaltete. Da verheißen die immer wilderen Verfolgungsjagden auf riesigen Karten gute Unterhaltung.

Auch ganz neue Titel wurden angekündigt. Metal Gear Survive ist sicher die größte Überraschung. Niemand hatte die Fortsetzung so schnell kommen sehen. Der legendäre Urheber der Metal Gear-Serie ist kürzlich ausgestiegen. So ist Skepsis angebracht. Aber der Ansatz ist zumindest interessant: Das Schleich- und Schießspiel öffnet sich für mehrere Spieler, die zusammen arbeiten müssen.

Dortmunder Spielemesse

Besonders gefragt war in Köln ausgerechnet der BVB. Marco Reus ziert als Coverstar das neue Spiel in der erfolgreichen Fußballserie FIFA. Das Spiel gibt’s auch im Paket mit der aktuellen Xbox One-S-Konsole, erhältlich ab dem 22. September.

Wer statt FIFA lieber die konkurrierende Fußball-Serie PES spielt, der bekommt gleich den ganzen Verein ins Haus geliefert. PES 2017 eröffnet eine vierjährige Partnerschaft zwischen Spielfirma Konami und den Borussen. Pierre-Emerick Aubameyang und Shinji Kagawa erschienen gar am Gamescom-Stand von Spielefirma Konami.

Schlange stehen, oder eine Woche warten?

Den größten Andrang erleben aber nicht Fußballstars, sondern die großen Spiele der Saison. Das kommende Erster-Weltkriegsspiel Battlefield 1 etwa ließ Fans mit seinen wilden Pferd-, Bajonett-, und Panzerschlachten die letzten hundert Jahre vergessen. Neben langen Warteschlangen sicherte sich der Titel den begehrten Publikumspreis für das Most Wanted Spiel der Fans.

Aber wer lange anstand, der erlebte kein allzu exklusives Spiel. Kurz vor Messebeginn kündigte EA eine offene Beta, also eine Testphase für alle an – am 31. August! Keine zwei Wochen nach der Messe können also auch die Daheimgebliebenen ausprobieren, was hier in kleinen Häppchen ausgehändigt wurde.

Alle wollen die Brille

Zäh zeigt sich auch der Hype um Virtual Reality. Manche Menschen mögen skeptisch sein, ob man sich die klobigen Brillen wirklich aufsetzen soll. Aber die Spieler bleiben neugierig. Lange Schlangen bildeten sich um alle Brillen. Sonys Playstation VR, verkauft als Zubehörteil für die Playstation 4, hat die besten Chancen auf den Massenmarkt. Die komfortable Brille gewann den Gamescom Award als beste Hardware; und sie ist schon im Oktober für 400 Euro erhältlich.

Eigentlich schon erhältlich ist die 700 Euro teure Oculus Rift-Brille. Aber sie wird eher schleppend ausgeliefert, und sie benötigt einen starken Gaming-PC, den sich auch viele Spielefans nicht leisten können. Bald dürfen Fans auch diese Brille ohne Messe ausprobieren. Ab dem 20. September landet die Brille nämlich in Media-Markt- und Saturn-Filialen.

Endlich gute VR-Spiele

Langsam zeichnet sich auch ab, wozu die Brillen überhaupt gut sein sollen. Die vielen Raumschiff-Enterprise-Fans unter uns freuen sich etwa auf Star Trek: Bridge Crew. In dem Titel sitzt jeder Spieler als Offizier an seinem Steuerpult und führt Befehle aus: Phaser abfeuern! Alle Energie auf die Schilde! Das Science-Fiction-Abenteuer ist ein nerdiger Riesenspaß. Am 29- November erscheint der Titel für alle Plattformen. Aber auch Bridge Crew eignet sich eher für kurze Spielrunden. Das ist bisher bei den meisten VR-Titeln so.

Wie abendfüllende VR aussehen könnte, zeigten erste Titel auf der Messe. In Robinson: The Journey landen Spieler als gestrandete Astronauten in einen Dschungel voller Dinos. Das Playstation-VR-Spiel sieht toll aus. Es bietet nur leichte Herausforderungen, aber tolle Ausblicke auf dichte Dschungel, pittoreske Panoramen und prähistorische Pflanzenfresser.

Hardcorespieler mit Oculus Rift freuen sich eher auf den schwarzweißen Alptraum Wilson's Heart. Das Horror-Adventure setzt den neuen Bewegungscontroller Oculus Touch gekonnt ein, um die Welt wirklich wahr werden zu lassen. Spieler rütteln an Türklinken, drehen an Telefonwählscheiben und vergessen dabei ganz schnell, dass sie eigentlich nur in der Luft herumfuchteln.

Die Kleinen sind die besten

Große Titel stehen also vor der Tür, und sind längst bekannt. Gab es also eigentlich keinen guten Grund für die Gamescom? Den gibt es sehr wohl. Denn auf der großen Fläche verstecken sich viele kleine Überraschungen. Große Spielefirmen schleifen ihre Fortsetzungen gnadenlos glatt, um möglichst vielen zu gefallen. Da bleibt viel Platz für Spielemacher mit Visionen.

Die höchste Überraschungsdichte hatte wieder ein Stand gepachtet: die Indie Arena Booth. Auf 620 Quadratmetern tummelten sich über 80 Spiele. Fast jeder Titel wurde belagert. Hier fanden Spielekünstler und Talente ein Publikum, die sonst oft übersehen werden.

Kleine Buchstaben, riesige Polizisten

Befreit von Börsenkursen und riesigen Budgets präsentierten Spielemacher unerhörte Ideen. Das digitale Brettspiel Niche handelt etwa von Genetik und Evolution. Die niedliche Optik trügt, denn die Genetik wird knallhart simuliert. Sogar für Bio-Nachhilfe könnte der Titel taugen.

Mit Typoman Revised nimmt eine brillante Idee ihren zweiten Anlauf: In dem Jump'n'Run werden Buchstaben gewitzt umsortiert und erweitert, um Hindernisse zu überwinden. Giant Cop schließlich zeigt, wie mit VR völlig neue Spielformen möglich werden. Hier stehen Spieler als Riesenpolizist in der Stadt herum und fischen fiese Säufer oder Schläger aus dem Gewusel heraus. Sind solche absurden Titel die große Neuheit der Gamescom? Sicher nicht. Aber sie sind der Beweis, dass man auf dieser Messe wirklich Neues entdecken kann.