„Größter Erfolg der ‚Querdenker‘-Szene“: Heftige Kritik an #allesdichtmachen in den sozialen Medien

Coronavirus

Rund 50 bekannte Film- und Fernsehschauspieler haben eine gemeinsame Protestaktion gegen die Corona-Politik der Bundesregierung gestartet. In den sozialen Medien überwiegt die Kritik.

23.04.2021, 08:42 Uhr / Lesedauer: 2 min
Jan Josef Liefers steuerte ein Video zur Aktion "Alles dicht machen" bei.

Jan Josef Liefers steuerte ein Video zur Aktion „Alles dicht machen“ bei. © picture alliance / Guido Kirchner/dpa

Etwa 50 prominente Film- und Fernsehschauspieler sorgen mit einer groß angelegten Internetaktion unter dem Motto #allesdichtmachen für Aufsehen. Künstler wie Ulrich Tukur, Volker Bruch, Meret Becker, Richie Müller, Heike Makatsch, Jan Josef Liefers und viele weitere verbreiteten am Donnerstag bei Instagram und Youtube gleichzeitig ironisch-satirische Clips mit persönlichen Statements zur Corona-Politik der Bundesregierung.

Wie die Aktion koordiniert wurde, war zunächst nicht bekannt. Im Impressum der Website zur Aktion ist die Münchner Produktionsfirma Wunder Am Werk GmbH als verantwortliches Unternehmen angegeben. Die Hashtags #allesdichtmachen, #niewiederaufmachen und #lockdownfürimmer wurden am Abend binnen kurzer Zeit zu den am meisten verwendeten bei Twitter in Deutschland.

In den sozialen Medien stieß die Aktion teilweise auf begeisterte Zustimmung, aber vor allem bei Prominenten auch auf sehr heftige Ablehnung. „Die Schauspieler von #allesdichtmachen können sich ihre Ironie gerne mal tief ins Beatmungsgerät schieben“, twitterte Moderator Tobias Schlegl, der auch Notfallsanitäter ist.

Schauspieler Marcus Mittermeier kommentierte: „Niemand hat mich gefragt, ob ich bei #allesdichtmachen mitmachen will. Gott sei Dank!“ Der Pianist Igor Levit twitterte: Die stumpfste Waffe gegen die Pandemie sei „schlechter, bornierter Schrumpfsarkasmus, der letztendlich bloß fader Zynismus ist, der niemandem hilft. Nur spaltet.“

„Größter Erfolg der ‚Querdenker‘-Szene“

Medienjournalist Stefan Niggemeier vom Onlinemagazin „uebermedien.de“ schrieb von „ekliger Ironie“ und einem „Dammbruch“, der zugleich der „größte Erfolg der ‚Querdenker‘-Szene bisher“ sei. Der Grünen-EU-Abgeordnete Erik Marquardt kritisierte, er finde die Aktion schlecht und „sehe sie als Ausdruck einer zunehmenden Resignation von eigentlich Vernünftigen“.

Weitere prominente Schauspieler mischten sich via Instagram in die Diskussion ein. Elyas M’Barek schrieb: „Mit Zynismus ist doch keinem geholfen.“ Jeder wolle zur Normalität zurückkehren, und das werde auch passieren. Hans-Jochen Wagner nannte die Aktion peinlich.

Er verstehe sie nicht, schrieb der Schauspieler. An Liefers gerichtet fragte er: „Das kann doch nicht dein Ernst sein.“ Christian Ulmen fühlte sich sogar an den rechten Verschwörungserzähler Ken Jebsen erinnert: Dieser „hätte es nicht schöner sagen können“. Nora Tschirner warf den Machern der Clips Handeln aus Langeweile und Zynismus vor.

Satiriker Jan Böhmermann hielt der Aktion bei Twitter entgegen, das einzige Video, das man sich ansehen solle, „wenn man Probleme mit Corona-Eindämmungsmaßnahmen hat“, sei die ARD-Doku aus der Berliner Charité mit den Titel „Station 43 – Sterben“. Dazu stellte er den Hashtag #allenichtganzdicht und einen weinenden Smiley.

Beifall gab es dagegen vom früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, der die Aktion auf Twitter „großartig“ nannte. Der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit sprach von einem „Meisterwerk“, das „uns sehr nachdenklich machen“ sollte.

Die AfD-Bundestagsabgeordnete Joana Cotar twitterte: „Das ist intelligenter Protest.“ Sie feiere Jan Josef Liefers. Der verwehrte sich noch in der Nacht via Twitter gegen die Vereinnahmung von ungewollter Seite: „Eine da hinein orakelte, aufkeimende Nähe zu Querdenkern u.ä. weise ich glasklar zurück“, war in einem von vier Tweets des 56-Jährigen zu lesen. „Es gibt im aktuellen Spektrum des Bundestages auch keine Partei, der ich ferner stehe, als der AfD. Weil wir gerade dabei sind, das gilt auch für Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, Corona-Ignoranten und Aluhüte. Punkt.“

„Ich finde es wichtig, unsere nicht mehr wieder zu erkennende Welt auf irgendeine Art zu spiegeln oder zu kommentieren“, schrieb Heike Makatsch (49) bei Instagram. „Wenn ich damit rechten Demagogen in die Hände gespielt habe, so bereue ich das zutiefst“, schloss Makatsch ihre Stellungnahme.

RND

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