Gorbatschow beigesetzt: Trauerbeflaggung auch in NRW

Begräbnis

Der Tod von Michail Gorbatschow hat weit über Russland hinaus viele Menschen bewegt. Auch das Land NRW hat an öffentlichen Gebäuden die Flaggen auf Halbmast gesetzt.

Düsseldorf

04.09.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Zum Tod des ehemaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow sind am Samstag (3.9.) Flaggen an öffentlichen Gebäuden in Nordrhein-Westfalen auf Halbmast gesetzt worden. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte eine entsprechende Anordnung für Dienstgebäude des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände erlassen sowie für Einrichtungen, die der Aufsicht des Landes unterliegen. Auch am Innenministerium in Düsseldorf wehte die Flagge auf Halbmast, wie eine Sprecherin am Samstagvormittag schilderte.

Am Morgen begann in der russischen Hauptstadt Moskau die Trauerfeier für den Friedensnobelpreisträger. Gorbatschow war am Dienstag im Alter von 91 Jahren nach langer schwerer Krankheit gestorben.

Tausende Menschen bei Trauerfeier

Mehrere Tausend Menschen haben am Samstag in Moskau vom letzten sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow Abschied genommen. Vor dem Haus der Gewerkschaften, wo der am Dienstag gestorbene Friedensnobelpreisträger aufgebahrt war, warteten Menschen stundenlang. Am offenen Sarg legten viele dann Blumen nieder.

Vor dem Haus bildete sich über Stunden eine lange Schlange, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. In dem Gebäude lag der Leichnam des ehemaligen Staats- und Parteichefs in einem großen Raum mit Säulen im offenen Sarg - so war das schon bei früheren Sowjetführern nach deren Tod üblich. Gorbatschows Tochter Irina nahm, schwarz gekleidet und mit dunkler Maske vor dem Mund, Beileidsbekundungen entgegen.

Kein Staatsbegräbnis für Gorbatschow

Im Unterschied zu früheren Kremlchefs - wie Nachfolger Boris Jelzin (1931-2007) - bekam Gorbatschow kein Staatsbegräbnis. Der Sarg wurde von Ehrenwachen flankiert, aber die große politische Prominenz war nicht dabei. Putins Fehlen am Samstag begründete der Kreml mit Terminproblemen. Er war allerdings schon am Donnerstag am Sarg. Aus Russland kamen etwa Ex-Präsident Dmitri Medwedew, der liberale Oppositionspolitiker Grigori Jawlinski sowie der Journalist Dmitri Muratow, ebenfalls Träger des Friedensnobelpreises.

Ohne den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wären wohl auch zahlreiche hochrangige Politiker nach Moskau gekommen, um Gorbatschow die letzte Ehre zu erweisen. Für viele Politiker westlicher Länder war eine Teilnahme nun auch nicht möglich, weil sie von russischer Seite als Reaktion auf die Sanktionen des Westens mit Einreiseverboten belegt wurden. Zudem ist der russische Luftraum für Flugzeuge aus „unfreundlichen EU-Staaten“ derzeit gesperrt.

Deshalb nahmen vor allem ausländische Botschafter und Diplomaten von Gorbatschow Abschied. Deutschland ließ sich vom Geschäftsträger der Botschaft in Moskau vertreten.

Beisetzung im kleineren Kreis

Die Beisetzung fand dann am Nachmittag in einem kleineren Kreis statt. Gorbatschow findet auf dem auf dem Moskauer Prominentenfriedhof am Neujungfrauenkloster in der Nähe des Stadtzentrums seine letzte Ruhe - neben seiner Frau Raissa. Unter den Klängen der Nationalhymne wurde sein Sarg ins Grab gelassen.

Nach Angaben des Bürgerrechtsportals OWD-Info kamen vor dem Haus der Gewerkschaft mindestens vier Menschen vorübergehend in Polizeigewahrsam. Die Hintergründe dafür waren am Nachmittag unklar.

Letzter Staatschef der Sowjetunion

Gorbatschow war in den Jahren 1985 bis 1991 der letzte Staatschef der Sowjetunion. Er galt als Wegbereiter für das Ende des Kalten Krieges und genoss vor allem in Deutschland enormes Ansehen. Unter seiner Führung schloss die Sowjetunion in den 1980er Jahren mit den USA wegweisende Verträge zur atomaren Abrüstung und Rüstungskontrolle. In seiner Heimat leitete der Politiker als Generalsekretär der Kommunistischen Partei mit seiner Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) einen beispiellosen Reformprozess ein.

Der politische Prozess führte letztlich zu einem Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums. Viele Politiker und Bürger Russlands sehen in Gorbatschow deshalb einen „Totengräber der Sowjetunion“. Bis zum Nachmittag erschienen zu der Trauerfeier auch keine Staats- und Regierungschefs der ehemaligen Sowjetrepubliken. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan würdigte in einem Telefonat mit Putin Gorbatschows „bedeutende Rolle“ in Russland und der Welt.

In Deutschland wurde in einigen Bundesländern Trauerbeflaggung angeordnet. Vor dem Kanzleramt hingen Bundesflagge und Europafahne auf halbmast. Der Bundestag will am Mittwoch im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an Gorbatschow erinnern.

dpa/Seh