28-Jähriger wegen Mord an Hannah S. vor Gericht – Mutter hat „keine Worte mehr“
Landgericht Hamm
Im Fall der im Park neben dem Oberlandesgericht Hamm getöteten Hannah S. (25) sind die Plädoyers gehalten worden. Auch nach dem Urteil am Mittwoch dürfte vieles ungeklärt bleiben.
In der Nacht auf den 19. September 2021 wurde die 25-jährige Hannah S. auf dem Heimweg in Hamm erstochen. Ein Spaziergänger fand die halb entkleidete Leiche am frühen Morgen im Park neben dem Oberlandesgericht. Das Gesicht der jungen Frau lag unter Wasser.
Schon wenig später konnte die Polizei damals einen Verdächtigen festnehmen. Der 28-Jährige ist bereits wegen Sexualdelikten vorbestraft. Und es gibt eine solche Fülle von Indizien, die gegen ihn sprechen, dass inzwischen alle Prozessbeteiligten am Dortmunder Schwurgericht von seiner Schuld überzeugt sind.
„Dass mein Mandant die Tat begangen hat, steht außer Frage.“
Als letzter räumte am Montag auch Verteidiger Dennis Kocker ein: „Dass mein Mandant die Tat begangen hat, steht außer Frage.“ Immerhin war in der Wohnung des 28-Jährigen ein Messer mit dem Blut der Toten gefunden worden. An zahlreichen Stellen ihres Körpers wurde die DNA des Angeklagten gesichert.
Auf seinem Handy konnten zwei gelöschte Fotos des Leichnams wiederhergestellt werden. Und nicht zuletzt hatte der Angeklagte seinem Vater aus der Untersuchungshaft einen Brief geschrieben, nach dem er von seiner „Sexsucht“ überwältigt worden sei und die Bluttat begangen habe. „Der Brief war das i-Tüpfelchen“, sagte Staatsanwalt Felix Giesenregen in seinem Plädoyer.
Für den Anklagevertreter war die Bluttat ein heimtückischer Mord, der zur Befriedigung des Geschlechtstriebs verübt wurde. Eine lebenslange Haftstrafe scheide nur deshalb aus, weil der Angeklagte zur Tatzeit nur vermindert schuldfähig war.
Tatverdächtiger war offenbar psychisch krank
Die erfahrene Sachverständige Nalah Saimeh hatte bei dem 28-Jährigen eine Borderline-Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, die dringend behandelt werden müsse, wenn es keine weiteren Straftaten geben solle. „Bei dem Mann sind Sexualität und Wut eng aneinander gekoppelt“, so Saimeh. Eine toxische Kombination.
Die Hinterbliebenen glauben dagegen nicht an eine psychische Erkrankung und forderten deshalb doch eine lebenslange Haftstrafe.
Verteidiger Kocker sieht dagegen nur einen Totschlag gegeben, weil ja niemand genau wisse, was sich wirklich zugetragen habe. Keiner könne daher sicher ausschließen, dass es einen Streit gab und Hannah den 28-Jährige vielleicht sogar beleidigte und kränkte.
Bei diesen Worten hielt es die Mutter der Getöteten nicht mehr auf ihrem Stuhl. Wutentbrannt lief sie aus dem Saal. Und der Angeklagte, der ihr und den anderen Angehörigen und Freunden später doch noch hätte Gewissheit geben können, sagte in seinem letzten Wort nur: „Ich habe keine Worte mehr.“
Das Urteil soll am Mittwoch gesprochen werden.