Geheimtreffen mit Rechtsextremen AfD plant offenbar Massenabschiebungen

Geheimtreffen mit Rechtsextremen: AfD plant offenbar Massenabschiebungen
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In einem Potsdamer Hotel sollen sich im November Vertreterinnen und Vertreter der AfD mit Rechtsextremen und potenziellen Geldgebern getroffen haben. Sie sollen eine Art „Masterplan“ für millionenfache Abschiebungen aus Deutschland präsentiert haben. Mit dabei: Die langjährige Leitfigur der Identitären Bewegung (IB), Martin Sellner. Das berichtet das gemeinnützige Recherchezentrum Correctiv. Dabei soll es auch um deutsche Staatsbürgerinnen und -bürger mit Migrationsgeschichte gegangen sein.

Laut Zeugenaussagen, die Correctiv vorliegen, soll Sellner gesagt haben, dass man „maßgeschneiderte Gesetze“ erlassen wolle, um einen „hohen Anpassungsdruck“ auf Menschen mit Migrationsgeschichte zu erzeugen. Zudem hieß es in einem Einladungsbrief für das Treffen, der Correctiv ebenfalls vorliegt: Die „Chancen, unser Land wieder auf einen normalen und gesunden Kurs zu bringen“, seien „so groß wie nie zuvor“. Für die Teilnahme werde eine „Mindestspende von 5000 Euro“ erhoben. Die Spende solle deutlich machen, dass „die Sammlung von Unterstützungsmitteln eine Kernaufgabe unserer Runde ist“, heißt es in dem Brief.

Menschen sollen nach Nordafrika abgeschoben werden

Die Menschen, die laut der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland abgeschoben werden sollen, sollten in einem Gebiet in Nordafrika unterkommen, das Platz für zwei Millionen Menschen biete. Sellner soll dieses Gebiet einen sogenannten Musterstaat genannt haben. Auch Menschen, die sich in Deutschland für Geflüchtete einsetzten oder eingesetzt haben, könnten dorthin abgeschoben werden, soll Sellner laut Zeugenaussagen erklärt haben.

Neben Sellner soll auch der frühere Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Roland Hartwig, teilgenommen haben. Er arbeitet für Fraktionschefin Alice Weidel und ist Dozent der vom AfD-Bundesvorstand aufgebauten Akademie Schwarz Rot Gold. Er soll laut Correctiv-Recherche zugesagt haben, die Pläne Sellners in seine Partei zu tragen. Dabei stehen die Forderungen der offiziellen „Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität“ der AfD entgegen. Darin heißt es: „Als Rechtsstaatspartei bekennt sich die AfD vorbehaltlos zum deutschen Staatsvolk als der Summe aller Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.“

Mit den Spenden der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Unterstützung der AfD sollten laut Aussagen während des Treffens unter anderem Aktivitäten in Social-Media-Kanälen aufgebaut werden, um dort besprochene Begriffe und Ideen zu bewerben. Hartwig soll dazu gesagt haben, der neue Bundesvorstand sei bereit, Geld in die Hand zu nehmen und Themen zu betreiben, die nicht nur unmittelbar der Partei zugutekommen.

Aber nicht nur Hartwig, sondern auch AfD-Bundestagsabgeordnete sollen laut Correctiv positiv auf Sellners Konzept reagiert haben. Beispielsweise soll der AfD-Fraktionsvorsitzende Sachsen-Anhalts, Ulrich Sigmund, gesagt haben, dass man in seinem Bundesland dafür sorgen müsse, dass es „für dieses Klientel möglichst unattraktiv zu leben“ werde. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy sagte, sie verfolge das skizzierte Ziel schon länger und habe bei ihrem Parteieintritt selbst schon ein „Remigrationskonzept mitgebracht“. Correctiv beruft sich dabei auf mehrere Quellen, die die Aussagen aus der Konferenz glaubhaft wiedergegeben haben sollen.

AfD bestreitet Kontakt zu Identitären

Auf Anfrage von Correctiv bestreitet die AfD Kontakte zu Identitären wie Sellner. Außerdem machten die Mitglieder, die vor Ort waren, keine Angaben, ob sie die Veranstaltung finanziell unterstützten. Dass Sellner aber Teilen der Partei ein Konzept zur Remigration vorgestellt haben soll, könnte brisant sein: Die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt eingestufte Identitäre Bewegung steht auf der aktuellen „Unvereinbarkeitsliste“ der AfD. Personen, die Mitglieder in Gruppen, Vereinen oder Organisationen aus dieser Liste sind, dürfen nicht in die AfD eintreten.

Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionsvorsitzender Siegmund soll laut Correctiv erklärt haben, dass er als „Privatperson“ und nicht als Abgeordneter anwesend gewesen sei. Er wolle Menschen „nicht gesetzeswidrig ausweisen“. Martin Sellner, die AfD-Politiker Hartwig und Huy sowie der AfD-Bundesvorstand reagierten nicht auf Anfragen von Correctiv.

Verfassungsschutz verfolgt Berichte zum Treffen

Der Verfassungsschutz Brandenburg verfolgt nach eigenen Angaben die Berichte über das Treffen in dem Haus in Potsdam. Die eigenen Erkenntnisse würden mit den veröffentlichen Recherchen abgeglichen, sagte der Sprecher des Innenministeriums Brandenburg, Martin Burmeister, der Deutschen Presse-Agentur.

Grundsätzlich nutzten Strukturen wie die AfD und die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) Brandenburg gastronomische Einrichtungen für ihre Aktivitäten, teilte der Sprecher des Innenministeriums mit. Der Verfassungsschutz Brandenburg schließe nicht aus, dass Personen aus der rechtsextremistischen Szene das in Rede stehende Objekt in der Vergangenheit genutzt hätten. Derzeit würden aber nicht die Kriterien erfüllt, um es als Szene-Objekt öffentlich auszuweisen. Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft den AfD-Landesverband als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein, die JA als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung.

RND

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