Gefilmte Schießerei: Gangsta-Rapper kommt vor Gericht

Spektakuläres Zeugen-Video

Nach der spektakulären, gefilmten Schießerei in Oer-Erkenschwick beginnt am kommenden Mittwoch in Bochum der Strafprozess – es geht um Pistolenschüsse, blutige Wunden und gekränkten Stolz. Das Video eines 20-Jährigen aus der Wohnung gegenüber ging kurz darauf viral.

OER-ERKENSCHWICK/BOCHUM

, 15.12.2017, 12:11 Uhr / Lesedauer: 2 min
Polizisten stehen am 13. Juni in Oer-Erkenschwick  an einer Straßensperre am Tatort.

Polizisten stehen am 13. Juni in Oer-Erkenschwick an einer Straßensperre am Tatort. © picture alliance / Ina Fassbende

Hauptangeklagter im Prozess ist nun ein Rap-Musiker (27) aus Essen mit dem Künstlernamen „Hamad45“. In seinem Fall lautet die Anklage auf versuchten Totschlag, gefährliche Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitz. Außerdem müssen auf der Anklagebank drei Brüder (34/35/41) aus Oer-Erkenschwick Platz nehmen. Ihnen wirft die Anklage von Staatsanwalt Danyal Maibaum gefährliche Körperverletzung vor.

Was für ein unfassbarer Gewalt-Exzess sich am 13. Juni 2017 vor sechs Garagentoren an der Ludwigstraße abgespielt hat, hat sich über ein Internet-Video wie ein Lauffeuer verbreitet. Zigfach wurde das spektakuläre „Zeugen-Video“ verlinkt und produzierte bundesweit Schlagzeilen. „Boah. Jetzt schießen die auch noch. In Erkenschwick - watt‘ geht hier ab?“ Mit diesen Worten kommentiert eine mutmaßliche Augenzeugin die Gewaltszenen.

Grund für den Streit: Beleidigungen bei Facebook

Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft war der angeklagte Gangsta-Rapper „Hamad45“ aus Essen am fraglichen Tag gemeinsam mit mindestens fünf Begleitern in Oer-Erkenschwick aufgetaucht. Anlass dafür waren laut Anklage vorherige Beleidigungen bei Facebook, woraufhin einer der Brüder aus Oer-Erkenschwick, der Werkstattbesitzer (35), den Rapper aufgefordert haben soll, vorbeizukommen.

Nach dem die Männergruppen aufeinander getroffen waren, dauerte es nur wenige Sekunden bis sich eine Art Massenschlägerei entwickelt hatte. Fäuste, Macheten und Schlagstöcke kamen zum Einsatz. Irgendwann soll „Hamad45“ schließlich seine Pistole gezogen und laut Anklage dreimal auf die Oer-Erkenschwicker Gruppe gefeuert haben. Der Werkstattbesitzer erlitt dadurch einen Durchschuss durch den linken Oberschenkel, so die Anklageschrift. Weil der 35-Jährige jedoch zuvor und auch anschließend selbst Gewaltattacken verübt haben soll, stuft die Staatsanwaltschaft ihn sowohl als Täter als auch als Opfer ein. Die zwei Brüder des 35-Jährigen sollen ebenfalls massiv die Fäuste sprechen lassen haben. Außerdem sollen die Brüder den in einem VW-Polo flüchtenden „Hamad45“ verfolgt und mit Tritten und einem Schlagstock die Heckscheibe eingeschlagen haben. Laut Anklage sind erlittene Verletzungen bei den Insassen durch umherfliegende Glassplitter mehr als wahrscheinlich.

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Schießerei in Oer-Erkenschwick

Bei einer Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen sind am Donnerstagabend in Oer-Erkenschwick mehrere Männer verletzt worden. Zwei von ihnen erlitten Schussverletzungen und mussten ins Krankenhaus. Die Polizei nahm bei der anschließenden Fahndung rund ein Dutzend Menschen fest. Einige Männer seien allerdings noch auf der Flucht, hieß es zunächst.
14.06.2017
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Während der angeklagte Rapper „Hamad45“ seit seiner Festnahme zehn Tage nach dem Vorfall ununterbrochen in U-Haft sitzt, sind die Oer-Erkenschwicker Brüder auf freiem Fuß. Der Verteidiger des jüngsten Bruders, Burkhard Benecken, kündigte bereits im Vorfeld die umfassende Bereitschaft seines Mandanten an, die Hintergründe des Streits aufzuklären. Für den Prozess vor dem Bochumer Schwurgericht (Beginn 9 Uhr, Saal A 0.15) sind vorerst 13 Verhandlungstage bis zum 26. Februar 2018 anberaumt. Im Falle einer Verurteilung stehen mehrjährige Haftstrafen im Raum.

Die Kollegen von „Der Westen“ haben im Juli, drei Wochen nach der Schießerei mit dem damals 20-Jährigen, der das Video filmte, gesprochen. Er hatte es einem Freund geschickt, schnell landete es im Netz. Der junge Mann hatte sich daraufhin eine Auszeit genommen und war über mehrere Wochen in eine andere Stadt gezogen.