Corona-Inzidenz in NRW nimmt Kurs auf 100 - Kitas und Schulen offen

Schulpolitik

Die Corona-Zahlen steigen rapide: Die Landesregierung in NRW stemmt sich aber gegen Forderungen nach Schließung oder drastischen Einschränkungen in Kitas und Schulen.

18.03.2021, 12:36 Uhr / Lesedauer: 3 min
Die Schulen bleiben geöffnet: Ministerin Gebauer kritisierte den Vorstoß der Stadt Dortmund, die Schulen zu schließen.

Die Schulen bleiben geöffnet: Ministerin Gebauer kritisierte den Vorstoß der Stadt Dortmund, die Schulen zu schließen. © picture alliance/dpa/telam

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hält trotz steigender Corona-Infektionszahlen und harscher Kritik an offenen Kitas und Schulen fest. Schulministerin Yvonne Gebauer und Familienminister Joachim Stamp (beide FDP) wehrten am Donnerstag in Düsseldorf Schließungswünsche einzelner Städte und Kreise ab. Unterdessen forderten die SPD-Opposition und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft mehr Entscheidungsspielräume für Schulen und Kommunen sowie bessere Schutzmaßnahmen gegen Ansteckungsrisiken.

Die Kitas in NRW sollen bis Ostern grundsätzlich in festen Gruppen und mit pauschal um zehn Wochenstunden gekürztem Angebot offen halten. Einen Notbetrieb, wie von der Stadt Duisburg gefordert, werde er nicht zulassen, bekräftigte Stamp im Familienausschuss des Landtags. „Einem Betretungsverbot mit Notbetreuung und Privilegierung einzelner Berufsgruppen werde ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen.“

Eingeschränkter Pandemiebetrieb möglich

Möglich sei in Duisburg aber ein eingeschränkter Pandemiebetrieb, bei dem die Kitas grundsätzlich geöffnet blieben, jedoch an die Eltern appelliert werde, ihre Kinder möglichst zuhause zu betreuen. Dieses Modell, das landesweit bis Ende Februar galt, habe das Land jetzt auch wieder in Wuppertal erlaubt. Die Ruhrgebietsstadt Duisburg will dagegen in die Notbetreuung zurückgehen.

Dann dürften nur noch Kinder, die besondere Bedürfnisse haben und Kinder von Eltern mit systemrelevanten Berufen betreut werden. Stamp warnte davor, Kindertageseinrichtungen „als Pandemietreiber zu inszenieren“ und damit Ängste zu schüren. Es sei aber auch nicht so, dass Kitas völlig infektionsfrei seien: Während im Februar 1,8 Prozent der rund 10 000 Kitas in NRW zeitweise teils oder ganz geschlossen gewesen seien, sei dieser Anteil von Anfang bis Mitte März auf 2,5 Prozent gestiegen.

Keine flächendeckenden Corona-Tests bei Kita-Kindern

„Aber es ist keine Situation, die aus dem Ruder gelaufen ist“, betonte Stamp. Grünen-Fraktionschefin Josefine Paul warnte hingegen vor einem „Drehscheiben-Effekt“, wenn infizierte Kita-Kinder das Virus in die Familien trügen. Flächendeckende Corona-Tests bei Kita-Kindern befürwortet Stamp derzeit nicht. Wissenschaftler hätten ausdrücklich nicht dazu geraten, sagte er.

Die SPD-Fraktion fordert hingegen, dass Kinder und Personal in den Kitas täglich getestet werden können. Unterdessen ist die Zahl der Corona-Neuinfektionen binnen einer Woche pro 100 000 Einwohner im landesweiten Schnitt am Donnerstag erneut deutlich gestiegen. Nach Angaben des Landeszentrums Gesundheit NRW (LZG) lag sie bei 92,1.

Weniger infizierte Schüler als im November

Am Mittwoch hatte die wichtige Kennziffer noch bei 85,1 gelegen. Schulen seien „nach wie vor keine Hotspots“, betonte Gebauer. Das Infektionsgeschehen dort sei „nicht überproportional“. Keine einzige Schule habe geschlossen. Aktuell gebe es 1281 Schüler mit bestätigten Corona-Infektionen. Mitte November seien es mehr als 5000 positiv getestete Schüler gewesen.

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Von rund 2,5 Millionen Schülern in NRW besuchten aktuell 45,5 Prozent einen Präsenzunterricht. Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Wechselunterricht in halbierter Klassenstärke zeigten ihre Wirkung, sagte Gebauer. Seit Montag sind alle Jahrgänge zumindest tageweise wieder in die Klassenräume zurückgekehrt. Eltern-, Lehrer- und Schülerverbände kritisieren das Festhalten an der Schulrückkehr als zu riskant - auch mit Blick auf die besonders ansteckende Virusmutation B.1.1.7.

„Schulschließungen dürfen nur die letzte Wahl sein“

In Ausnahmefällen seien Schulschließungen bei anhaltend hohen Wocheninzidenzen über 100 im Benehmen mit den Landesbehörden aber möglich, erklärte Gebauer. In einem Erlass des Landes heißt es: „Schulschließungen können eingebettet in ein Gesamtkonzept einen Beitrag zum Infektionsschutz vor Ort darstellen.“ Sie dürften aber „nur das letzte und nicht das erste und alleinige Mittel der Wahl sein.“

Zuvor waren Dortmund und Duisburg mit ihrem Wunsch, ihre Schulen umgehend zu schließen, am Veto der Landesregierung gescheitert. Auch Wuppertal hat inzwischen entsprechende Absichten bekundet. Dortmund kündigte einen neuen Vorstoß an, um die Schulen „spätestens“ Montag schließen zu dürfen. Auch der Kreis Düren erwägt wegen vieler Neuinfektionen einen neuen Antrag bei der Landesregierung auf Distanzunterricht an weiterführenden Schulen.

SPD-Chef: „So darf man mit den Kommunen nicht umgehen“

SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty kritisierte den Umgang der Landesregierung mit den Kommunen. „Düren liegt seit Tagen über einer Inzidenz von 100 und seit Tagen verweigert das Land der Stadt, die Schulen zu schließen“, sagte er im Interview bei WDR2. Gleichzeitig wies er im Interview bei WDR2 Mutmaßungen zurück, es handele sich bei den Vorstößen auf Schulschließungen um Wahlkampf von SPD-Bürgermeistern.

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Es gebe auch eine ganze Reihe CDU-geführter Kommunen, die diesen Schritt forderten. „So darf man mit den Kommunen in dieser Krise nicht umgehen“, sagte Kutschaty. Wo die Inzidenzen hoch seien, müsse den Kommunen erlaubt werden, den Unterricht bis zu den Osterferien auszusetzen.

dpa

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