Friesingers Team mit neuen Konturen
Bei ihrer Siegerparty in der Szene-Disco Sound-Scape von Nagano ließ es Anni Friesinger nach Mitternacht so richtig krachen.
Zu schrillen Hip-Hop-Klängen ging die erfolgreichste Eisschnellläuferin in der Geschichte der Einzelstrecken-Weltmeisterschaften bei Cocktails und Bier erst richtig aus sich heraus und genoss das Ende der langen Saison.
Zuvor hatten sich beim Abschlussbankett im Hotel Kokusai 21 bereits einige Weichenstellungen für die kommende Saison angedeutet. Die niederländischen Stars Wouter Olde Heuvel, in Nagano WM-Dritter über 5000 Meter, und Jan Bos, Ex-Weltmeister im Sprint-Vierkampf, bekundeten ihren Willen, in das von Trainer Gianni Romme betreute Friesinger-Team zu wechseln. Zuvor hatte Risto Rosendahl, der langjährige Trainingsgefährte der Doppel-Weltmeisterin die Katze aus dem Sack gelassen und seinen Rücktritt verkündet. Von Tränen überströmt fiel ihm Rekord-Weltmeisterin Friesinger um den Hals und wollte die Trennung einfach nicht wahrhaben.
Doch auch deutsche Unterstützung könnte das Team im Frühjahr bekommen. «Ich habe dem Verband seit langem mitgeteilt, dass ich ins Friesinger-Team wechseln möchte. Anni ist die Beste, ich will von ihr profitieren», bekundete die Erfurter Sprinterin Judith Hesse. Bisher hat sich der Verband quergestellt und auf die Wechselfrist zwischen April und Juni verwiesen. Dann allerdings muss Hesse auch mit dem Ausschluss aus der Sporthilfe rechnen. «Ich hoffe, wir können uns friedlich einigen», sagte die kleine Thüringerin. Auch ihre Vereinsgefährtin Pamela Zoellner hat den Wunsch, zu Gianni Romme zu wechseln. «Das würde mich echt voran bringen - und das wäre doch auch im Interesse des Verbandes», ist sie überzeugt und wird demnächst den entsprechenden Antrag stellen.
Für Anni Friesinger ist die Sicherung ihres privat organisierten Umfeldes von eminenter Wichtigkeit. «Ich könnte mir sogar vorstellen, auch wieder Allround-Wettkämpfe zu bestreiten. Aber dazu bräuchte ich entsprechende Trainingspartner. Mit den beiden Holländern könnte das gelingen, und auch die Erfurter Mädels wären ein echter Gewinn für mein Team», bekundete Friesinger.
«Wir werden in der kommenden Saison auf keinen Fall mehr als in diesem Jahr trainieren. Wenn sie lange Strecken laufen will, müssen wir auf etwas anderes verzichten», meinte Gianni Romme, der am Ort seines olympischen Doppel-Erfolges 1998 nun mit Freisinger zehn Jahre später auch seinen größten Erfolg als junger Trainer feierte. «Bis zum Mai werde ich die neuen Konzepte im Kopf haben, aber an die Öffentlichkeit gehe ich damit erst kurz vor der neuen Saison», verriet Romme. «Ich bin stolz auf Anni, und dass sie das alles so gut hinbekommen hat. Aber nun gilt es, wieder neue Reize zu schaffen. Nichts wäre verkehrter, als zu sagen: Das machen wir wie immer», ist er für Experimente offen. Dass auch sie Erfolg versprechen, dafür bürgt der Name Friesinger.